Ausbau des Mutterschutzes birgt etliche Tücken

19.10.2010, 11:37 Uhr
Ausbau des Mutterschutzes birgt etliche Tücken

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Woher das Geld kommt, ist nicht nur für die Freiberufler noch ungewiss. Der verantwortliche Frauenausschuss der Straßburger Volksvertretung hat sich um solche Nebensächlichkeiten nicht gekümmert. Man will nur, dass alle Mütter und Väter Europas endlich Zeit für den Nachwuchs haben.

Doch derart paradiesische Zustände sind Deutschland ein Dorn im Auge. 14 Wochen dürfen Mütter hierzulande den Mutterschutz genießen. Anschließend sind weitere Maßnahmen wie die Elternzeit möglich.

„Deutschland braucht deshalb als Babyschutz-Europameister eine Ausnahmeregelung“, fordert der CDU-Sozialexperte Thomas Mann. Ursprünglich war die Kommission, die vor zwei Jahren zunächst 18 Wochen Baby-Pause vorgeschlagen hatte, dazu auch bereit. Doch dann legten die Parlamentarierinnen noch zwei Wochen drauf und strichen alle nationalen Sonderwege. Mit möglicherweise fatalen Folgen.

„Ich bin besorgt darüber, dass die gut gemeinte Verlängerung schnell zu einem Einstellungshindernis werden könnte“, sagt der Europa-Politiker Mann. Denn die Umsetzung des Beschlusses würde  zahlreiche Leistungsträger massiv fordern. So müssten die Krankenkassen pro Jahr rund 218 Mio. € beim Mutterschaftsgeld drauflegen, der Bund weitere 30 Mio. €, die Unternehmen noch einmal 405 Mio. €. Die Ausdehnung der Schutzfristen auf Selbstständige kostet Deutschland etwa 490 Mio. €, wobei noch unklar ist, wer diese Summe eigentlich tragen soll.

Der Vaterschaftsurlaub kostet noch einmal 470 Mio. €. Dann kommen noch etliche Millionen für die Beamtinnen und Selbstständigen hinzu, so dass unterm Strich Mehrkosten von 1,7 Mrd. € stünden. Das Bundesfamilienministerium hatte diese Aufstellung vom Fraunhofer Institut ausrechnen lassen. Dabei sind weitere Einzelheiten noch unklar: Wie werden Mehrlingsgeburten und Adoptionen von Kindern unter einem Jahr behandelt? Wie sollen künftig die Nachteile durch Mutterschutzurlaub bei der Rente ausgeglichen werden?

„Große Belastungen“

Kein Wunder, dass die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände die Novellierung der Richtlinie in der vorliegenden Form „strikt ablehnt“. Sogar die EU-Kommission selbst gibt zu, dass der Vorstoß der Politikerinnen auf eine Schutzfrist von 20 Wochen „für die Mehrheit der Mitgliedsstaaten große Belastungen mit sich bringt“. Auf eine Dauer von 20 Jahren gesehen müssten demnach Großbritannien mit 57 Mrd. € und Frankreich mit 40 Mrd. € an zusätzlichen Leistungen rechnen. Nicht nur die deutschen Konservativen im Europa-Parlament sehen darin in der wirtschaftlichen Krise keine Möglichkeit.

Dennoch ist unsicher, ob das Paket morgen wirklich scheitert. Hinter den Kulissen hieß es gestern noch, es mache sich „gar nicht gut, beim Mutterschutz eine harte Linie zu fahren“. So rechnen Beobachter damit, dass die verlängerte Baby-Pause morgen doch eine Mehrheit findet. Dies gilt als erträglich.

Kritiker gehen allerdings davon aus, dass es bis zur zweiten und dann endgültigen  Lesung noch zu einschneidenden Nachbesserungen kommen könnte.