Consors: Revolutionär der Bankenbranche

31.8.2010, 13:10 Uhr
Consors: Revolutionär der Bankenbranche

© Stefan Hippel

Um die herkömmlichen Filialbanken das Fürchten zu lehren, war Karl Matthäus Schmidt 1994 angetreten. Gerade einmal 25 Jahre alt, das Betriebswirtschaftsdiplom noch nicht ganz in der Tasche, den Vater, Inhaber der Hofer Schmidt Bank im Rücken, gründete Schmidt Junior mit Consors eine Bank, die die Preise in der Finanzbranche revolutionierte. Per Anruf oder Fax, bald auch über das Internet bot Consors den Handel mit Wertpapieren deutlich günstiger an als die klassischen Banken.

Heute, 16 Jahre später, gehört das Geldhaus zum französischen Finanzkonzern BNP Paribas, firmiert als Cortal Consors und steuert von der Nürnberger Bahnhofstraße aus mit 637 Vollzeitstellen das Geschäft in Deutschland. Nach der zwischenzeitlichen Erweiterung des Angebots um mobile Beraterteams sowie Filialen führt der jetzige deutsche Niederlassungsleiter Kai Friedrich die Direktbank wieder zurück zum Kerngeschäft — dem Handel mit Wertpapieren, ergänzt um Anlageberatung via Internet oder Telefon.

Rückblende: Zunächst nur als Niederlassung der Hofer Schmidt Bank am Markt, traf Consors in den 90ern den Nerv der Zeit. „Consors hat als Pfeilspitze des modernen Bankings den Bankenmarkt umgekrempelt“, erinnert sich der Nürnberger Branchenexperte Wolfgang Gerke, an dessen Lehrstuhl für Bank- und Börsenwesen Karl Matthäus Schmidt das Consors-Konzept entwickelt hat. Von den etablierten Geldhäusern seien die Franken „mit Argusaugen“ betrachtet worden, so der emeritierte Professor — schließlich hätten sie den Platzhirschen Geschäft weggenommen und sie gezwungen, billiger zu werden. „Das war auch für Verbraucher wichtig“, betont Gerke.

Und die Konsumenten nutzten das Angebot. In nur fünf Jahren lockte Consors, ab 1998 eigenständige GmbH, 100000 Kunden an. Allein in den ersten sechs Monaten 1999 stellte Karl Matthäus Schmidt über 150 neue Mitarbeiter ein. Wenig später ging Consors an die Börse. Die Euphorie am Neuen Markt war riesig, Consors profitierte davon, wuchs und wuchs. Zu Consors besten Zeiten saßen auf dem Heimatmarkt rund 1300 Mitarbeiter vor den Computern und wickelten die Kundenaufträge ab, überwiegend am fränkischen Firmensitz.

Notverkauf an BNP

Für das jähe Ende der Erfolgsgeschichte sorgte der Kursabsturz an den Börsen. Im ersten Halbjahr 2001 brach die Zahl der Transaktionen um über 30 Prozent ein, ein Jahr später nochmals um 40 Prozent: Eine Katastrophe für ein Unternehmen, das vom Aktienhandel lebt. Consors rutschte tief in die roten Zahlen.

Das allein hätte die Direktbank nach Gerkes Einschätzung verkraftet. Doch zeitgleich geriet die Muttergesellschaft Schmidt Bank in eine existenzbedrohende Schieflage. Für den 65-prozentigen Aktienanteil an der Tochter wurde ein Käufer gesucht: Das Startsignal einer neuen Ära. Sowohl für Gründer Karl Matthäus Schmidt, der heute mit der Berliner Quirin-Bank ein neues Projekt verfolgt, als auch für die Consors AG, die ihre Produktpalette zunächst erweitere.

Nach der Verschmelzung mit der BNP-Tochter Cortal 2002 stand zunächst eine weitere Entlassungswelle an. Im März 2004 arbeiteten dann nur noch 550 Beschäftigte für die Bank. Die Firmenkrise war zu diesem Zeitpunkt ausgestanden, 2003 schrieb Cortal Consors wieder schwarze Zahlen.

Zuletzt hat die Bank ein Ergebnis von 35,2 Mio. € erzielt. Das waren noch einmal 31 Prozent weniger als im schwachen Jahr 2008: eine Folge der Finanz- und Wirtschaftskrise. Im laufenden Jahr rechnet Friedrich aber wieder mit einem Gewinnplus. Größte Einnahmequelle soll dabei der Wertpapierhandel bleiben. Als erste Bankverbindung seiner Kunden sieht sich das Geldhaus nicht, vielmehr als „Spezialist für Geldanlage“. Dabei will die Direktbank Anleger ansprechen, die ihre Wertpapiergeschäfte im Internet erledigen und im Idealfall über ein monatliches Haushaltsnettoeinkommen von 2500 € bis 3000 € verfügen.

In Nürnberg habe Cortal Consors auch als nicht mehr eigenständige Tochter einer französischen Muttergesellschaft eine wichtige Funktion — nicht zuletzt als einer der größten Arbeitgeber im Bankensektor, betont Gerke, Präsident des bayerischen Finanz Zentrums. Und an der nationalen Vorreiterrolle sei nicht zu rütteln: nach Consors drängten weitere Direktbanken auf den Markt.