Datev-Gründer: Verliebt in Technik und verrückt auf Japan

21.8.2010, 15:00 Uhr
Datev-Gründer: Verliebt in Technik und verrückt auf Japan

© Michael Matejka

Beim iPhone hatte er noch länger gezögert, nicht aber bei der nächsten Überraschung aus dem Hause Apple. "Das iPad ist mein schönstes Spielzeug", sagt Heinz Sebiger und lässt seine Finger über die virtuelle Tastatur tanzen. Er ist 87 Jahre alt und technikverliebt. So richtig verwundert das nicht. Schließlich hatte Sebiger 1966 das EDV-Haus Datev in Nürnberg gegründet und war 30 Jahre lang bis zur Pensionierung sein Chef.

Was der rührige Sebiger am Tablet-Computer anstellen kann, wirft ein Bild auf seine Interessen: Mehrere Tageszeitungen und Zeitschriften hat er elektronisch abonniert, deren Schriftbild er seiner Sehkraft entsprechend vergrößern kann. Seit 25 Jahren hat der Steuerberater schon Augenprobleme und muss seine Werkzeuge entsprechend anpassen.

Auch kann er sein iPad auf Japanisch umschalten, "mobil, bequem und gut lesbar", freut er sich. Jawohl, er kann Japanisch, aber was heißt das schon bei solch einer Fremdsprache, die nach alter Literatur mit 40000 und heute immer noch mit 1800 Bildzeichen gelehrt wird.

"Ich habe im Beruf den Ehrgeiz entwickelt, in Japan sprachlich zurechtzukommen", sagt Sebiger. Seitdem er im Ruhestand ist, betreibt er das Japanischlernen als eine anspruchsvolle Form des Gehirnjoggings, "um die grauen Zellen in Schwung zu halten", wie er sagt. In einem seiner Arbeitszimmer im geräumigen Haus in Laufamholz füllen Lexika und Videos mit Japanisch-Kursen ganze Regale.

Eine Art Gehirnjogging

Dass Japan seine große Leidenschaft ist, wird in Sebigers Wohnzimmer auf andere Weise augenfällig. An der Wand hängen Ehrungen für sein Engagement um die deutsch-japanische Beziehung sowie zahllose Gechenke aus dem asiatischen Land.

Die größte Auszeichnung muss er für die Besucher erst herholen; 2008 wurde ihm im Namen des japanischen Kaisers Akihito der "Orden der aufgehenden Sonne" verliehen - eine Auszeichnung mit Seltenheitswert für Ausländer. 1994 hatte Sebiger die Deutsch-Japanische Gesellschaft für Nordbayern gegründet mit dem Hauptziel, die Wirtschaftsbeziehungen und -kontakte beider Regionen zu fördern. Einmal im Jahr fliegt Sebiger auch heute noch gern zu japanischen Freunden.

Viele Unternehmen entlang der Fürther Straße hat Sebiger untergehen sehen. Grundig, Triumph-Adler, AEG, Quelle. Bei TA hält er inne und sinniert: Wer hätte damals gedacht, dass die Datev einmal größer werden würde als Triumph-Adler auf halber Strecke zum Niedergang? 1966, dem Gründungsjahr der Genossenschaft, war der Schreibmaschinenhersteller an der Fürther Straße ein Moloch gegenüber dem Zwerg Datev. 1994 schloss der glücklose Industriebetrieb nach langen Krisenjahren endgültig seine Tore.

Während etliche produzierende Unternehmen aufgaben, expandierte der Dienstleister Datev (Datenverarbeitungszentrale der steuerberatenden Berufe) kontinuierlich und zählt heute mit rund 5800 Mitarbeitern zu Nürnbergs großen Arbeitgebern. Dieses Wachstum konnte 1966 in der Tat niemand erahnen, als sich 65 Steuerbevollmächtigte in Nürnberg zusammenschlossen, um mit Hilfe der EDV ihre Buchführung effizienter zu organisieren.

Eine Etage über Michael Roth

Das erste eigene Büro mietete die junge Firma an der Fürther Straße gegenüber dem Rio-Kino. "Michael Roth belegte mit seinem Teppichlager den ersten Stock, und wir den zweiten", erinnert sich Sebiger. Er war es auch, der Sturm lief gegen den Beschluss in den 60ern, den Datev-Hauptsitz nach Bonn zu verlagern. Der Beschluss wurde gekippt. Glück für Nürnberg. Am Hauptmarkt betrieb Sebiger zugleich den Ausbau seiner eigenen Steuerkanzlei.

Drei Jahre lang schickte die schnell wachsende Schar der Datev-Genossen die Daten auf Lochstreifen an ein fremdes Rechenzentrum, bevor ein eigenes angeschafft wurde - mit einem enorm raumgreifenden Großrechner.

Zur Computerbranche hat der bekennende Apple-Fan einiges zu sagen, vor allem zur Vorherrschaft von Microsoft. IBM habe einst die Chance verpasst, frühzeitig PCs zu entwickeln. Der Spätzünder habe als Nächstes den Fehler begangen, als Basis Bill Gates Betriebssystem DOS in Lizenz zu nehmen anstatt ein eigenes zu entwickeln. Sebiger: "Damit konnte sich der Microsoft-Gründer Gates ein Imperium aufbauen mit unbegrenzten Lizenzeinnahmen."

Neben seiner Technikbegeisterung und der Liebe zur japanischen Kultur liest der gebürtige Nürnberger viel, um Romane macht er allerdings einen Bogen: "Ich habe mein Leben lang Fachliteratur gelesen." Vornehmlich sind es aktuell historische Themen wie der Vergleich "Lenin - Stalin - Hitler". Sebiger: "Hochinteressantes Buch. Der Autor Robert Gellately relativiert Hitlers Verbrechen dabei keineswegs."

Eine Schwäche für Kameras

Zu der Reihe von Hobbys, die sein Pensionistendasein ausfüllen, gehört die Landschaftsfotografie. Und schon greift er zur neuen Kamera, räsoniert über ihre Stärken und Schwächen. Es wird sich nicht ändern: Der Faszination Technik bleibt Heinz Sebiger verfallen.

 

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