Die Eisenbahn: Satte Dividende vom dampfenden Metall-Monster

24.6.2010, 00:00 Uhr
Die Eisenbahn: Satte Dividende vom dampfenden Metall-Monster

© DB-Museum

Nürnberg feiert das Bahnjubiläum. 175 stolze Jahre. Dabei geht ein wenig unter, dass es sich bei der Gründung der ersten Eisenbahn in Deutschland vor allem um einen unternehmerischen Akt handelte. Nach drei Monaten Betrieb wurde erste Bilanz gezogen — nach inzwischen 402 Dampffahrten mit 40005 Personen und 1263 Pferdefahrten mit 34507 Personen. Erstere brachten 4588 Taler und 38 Kreuzer Überschuss, Letztere 4270 Taler und 32 Kreuzer. Damit war die Konkurrenzfähigkeit des dampfgetriebenen Eisenmonsters bewiesen, und darauf war es angekommen. Die Aktionäre erhielten eine erste Dividende von 13,5 Prozent. 1837 waren es sogar 17,25 Prozent. Georg Zacharias Platner hatte alles angezettelt.

Die Familie stammte ursprünglich aus Chemnitz. Georg Zacharias war Jahrgang 1781 und führte in Nürnberg ein erfolgreiches Handelshaus. Eine Rentabilitätsstudie hatte gezeigt, dass die „Fürther Chaussee“ eine der am meisten benutzten Straßen Bayerns war. Am 14. Mai 1833 gab Platner die Einladung heraus, sich an der Gründung einer Eisenbahngesellschaft zu beteiligen. Unterstützt wurde das von den Bürgermeistern von Nürnberg und Fürth. Gesucht waren Anleger, die eine gute Dividende kassieren wollten.

Bedeutsam wie der Buchdruck

In der Einladung hieß es weitblickend: „Die Erfindung der Eisenbahn mit Dampfkraft ist für den materiellen Verkehr der Staaten und für die Verbindung der Völker von einer ebenso unberechenbaren Wichtigkeit, als die Erfindung der Buchdruckerkunst für ihren geistigen Verkehr... . Wie durch die Buchdruckerpresse die Produktion des menschlichen Geistes in Tausenden von Exemplaren für die ganze zivilisierte Welt geliefert werden, wie sie als ein Hebel von unermesslicher Kraft zur Beförderung des geistigen Verkehrs, zur Verbreitung der Kenntnisse und zur Emporhebung der Wissenschaften und Künste wirkt, ebenso wird durch die Eisenbahnen mit Dampfkraft der persönliche und materielle Verkehr der Menschen und der Austausch der Produkte der Natur und des Gewerbefleißes erleichtert und beflügelt... . Die Entfernungen werden durch dieses dem Fluge der Vögel nachstrebende Verbindungs- und Transportmittel immer kleiner, Staaten und Nationen rücken dadurch näher; die Verbindungen werden zahlreicher und enger, und der Mensch bemächtigt sich immer mehr der Herrschaft über Raum und Zeit.“

Die Werbung wirkte. „Zur Herstellung und Benützung einer Eisenbahn zwischen Nürnberg und Fürth, auf welcher Personen und Waren mittels Dampf-, Pferde- oder sonstiger Kräfte transportiert werden, bildet sich eine Gesellschaft, welche sogleich nach erhaltener Allerhöchster Bestätigung in Wirksamkeit tritt und mit Königlicher Bewilligung den Namen Ludwigs-Eisenbahn-Gesellschaft führt. Die Gesellschaft besteht aus den rechtlichen Besitzern von 1400 unaufkündbaren Aktien, jede zu 100 Talern.“ So stand es schließlich in den Statuten, datiert vom 18. November 1833.

Platner der Hauptaktionär

Unter den Aktionären waren der Kaufmann Johannes Scharrer, Bürgermeister Binder, Landrichter Wellmer, der Buchhändler Carl Mainberger, der Handelsvorsteher J. Merkel und der Fürther Kaufmann Meyer. Hauptaktionär war Platner. 20 Jahre lang wirkte er im Nürnberger Handelsvorstand. Er starb 1862 in Nürnberg. Die Einzelteile der Lokomotive kamen dann in 19 Kisten, teils per Schiff und teils auf Fuhrwerken, von England nach Nürnberg, wo sie in der Werkstatt des Johann Wilhelm Spaeth wieder zusammengesetzt wurden. Am 7. Dezember 1835 war die Einweihung des Linienverkehrs nach Fürth.

Anfangs wechselten sich Dampf- und mit Pferden gezogene Fahrten auf den Schienen ab. Im Fuhrpark stand eine Maschine in Konkurrenz mit zehn Pferden. Den ersten Höhepunkt erreichte der Verkehr zwischen den Nachbarstädten, als am 20. Dezember 1835 genau 1066 Personen von Nürnberg nach Fürth und 869 retour fuhren. Am Abend jenes Tages waren 275 Taler und 4 Kreuzer an Einnahmen in die Kasse gerollt. Allerdings mussten auch 845 Pfund Kohle und 580 Pfund Holz für die Energieversorgung bezahlt werden. Pannen schmälerten die Anfangs-Rendite. Zwei Wagen konnten fast sechs Wochen lang nicht eingesetzt werden — wegen einer mangelhaften Konstruktion der gusseisernen Räder.

Als Meisterstück bewährt

Am 7. Dezember 1835 wurde die Ludwigs-Eisenbahn feierlich eröffnet. Um 8 Uhr versammelten sich rund

Am 7. Dezember 1835 wurde die Ludwigs-Eisenbahn feierlich eröffnet. Um 8 Uhr versammelten sich rund © DB-Museum

Nach einem ganzen Jahr Betrieb stellte der Direktor Scharrer in seinem Jahresbericht fest: „Unser Stephenson’scher Dampfwagen hat sich als ein Meisterstück bewährt, denn er stand das ganze Jahr hindurch, mit Ausnahme eines einzigen Tages, ununterbrochen im Dienst, hat in dieser Zeit bei 2364 Touren einen Weg von mehr als 2000 deutschen Meilen zurückgelegt und nicht mehr als 173 Taler 18 Kreuzer an Reparaturen gekostet.“ Nicht eine einzige Schiene hatte ausgewechselt werden müssen. Und auf den Stein- und Holzunterlagen war nicht ein einziger der 33000 Nägel lose geworden.

Die Lokomotive ersetzte die Pferde. 1836 ergab ein Vergleich, dass „die Elementarkraft unserer Dampfmaschine einer animalischen Kraft von 24 Pferden gleichzusetzen ist“.1837 benutzten 238602 Passagiere die Bahn von Nürnberg nach Fürth und 228702 von Fürth nach Nürnberg. Knapp über die Hälfte der Fahrten wurden mit der Lokomotive abgewickelt. Der regelmäßige Güterverkehr wurde erst 1845 aufgenommen.