Die Leiharbeit der Zukunft

7.12.2013, 00:00 Uhr
Die Leiharbeit der Zukunft

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Was genau aus den Absichten von SPD und Unionsparteien wird, weiß noch keiner. Im Koalitionsvertrag jedenfalls ist nachzulesen, dass der Einsatz eines Leiharbeiters beim Kundenbetrieb auf maximal 18 Monate zu deckeln ist. Danach muss der Beschäftigte übernommen werden. Bereits nach neun Monaten Einsatz soll zudem der Stundenlohn auf Höhe des Stammpersonals liegen.
Bei dem „interdisziplinären Forum zur Zeitarbeit“, zu dem das Forschungsinstitut IAB der Bundesagentur für Arbeit eingeladen hatte, hätten die Positionen nicht gegensätzlicher sein können. Sprecher der Verbände BDA (Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände) und BAP (Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister) beklagten ständige Eingriffe der Politik in die Tarifautonomie der Branche. Es sei ferner völlig abwegig, der Branche ein Billigheimer-Image anzuhängen.

Personen nur ausgetauscht

Stephan Giesbert vom Verband BAP und Geschäftsführer der Nürnberger Fürst Outsourcing GmbH sagte, vom Facharbeiterniveau an bestimme die Qualifikation den Lohn, von billig könne da keine Rede sein. Er halte es allerdings für bedenklich, wenn Zeitarbeit ersetzt werde durch Werkverträge, um die Branchentarife zu unterlaufen. Und bei der Deckelung der Überlassungsdauer von Leiharbeitern sieht er die Gefahr, „dass Personen ausgetauscht werden“, um dies zu umgehen.
An diesem Risiko setzt die Grünen- Bundestagsabgeordnete Beate Mueller-Gemmeke an. Sie findet es ungerecht, dass am Ende der Leiharbeiter die Folgen zu tragen habe. Deshalb sei es falsch, die maximale Verleihdauer an Personen zu knüpfen. Besser, man richte sich nach dem konkreten Arbeitsplatz beim entleihenden Betrieb. Wird er länger als 18 Monate extern besetzt, sollte eine Festanstellung durch den Kunden fällig sein.
Die Gewerkschaften bleiben bei ihrer Forderung, dass Leiharbeiter vom ersten Tag an ein Anrecht auf gleiche Bezahlung (Equal Pay) wie das Stammpersonal haben sollten. Doch dies ist nicht durchsetzbar — und nicht wünschenswert, setzt der Chef des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, Joachim Möller, hinzu: In vielen Fällen gehe es um die Eingliederung „nicht marktgängiger Kunden“, also solchen mit geringer Qualifikation für den Job. Ein anfangs niedrigerer Lohn erscheint ihm daher angemessen. Die heute gültigen Branchenzuschläge wie in der Metallindustrie, die eine stufenweise Anhebung des Stundenlohns vorsieht, erachtet der Institutsdirektor als gute Lösung. Wobei hinzuzufügen ist, dass die Branchenzuschläge bisher nur für 60 Prozent der Leiharbeiter gelten.

Zum Thema Werkverträge erinnerte Stefanie Janczyk vom Vorstand der IG Metall in Frankfurt an die kürzliche Einigung bei Daimler. Der Autohersteller ist bereit, 1400 Werkvertragsmitarbeiter — die also bei Auftragsnehmerfirmen beschäftigt sind — als Leiharbeiter anzuheuern. „Im Vergleich zum Werkvertrag ist das eine Verbesserung, weil sie von Branchenzuschlägen und späterer Festanstellung profitieren können.“ Der Konzern habe allerdings erst auf allerhand Druck durch gerichtliche Klagen und von den Betriebsräten eingelenkt. Janczyk: „Warum ist so viel Skandalisierung nötig, damit Scheinwerkverträge verschwinden?“ Zwar sei in der Tat nicht jeder Werkvertrag ein Problem. Doch die Arbeitgeber sollten bloß nicht so tun, als gäbe es keinen Missbrauch.
Einigkeit herrschte hingegen in dem Punkt, dass mehr Transparenz bei den Arbeitsverhältnissen vonnöten ist, die über Fremdfirmen abgeschlossen sind. Keine Behörde führt eine Statistik über Werkvertragsnehmen. Die erstaunliche Folge: Selbst Arbeitgeber beziehen sich auf Zahlen, die die IG Metall zusammengetragen und kürzlich veröffentlicht hat.

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