Erlanger Richter verwiesen Xing in die Schranken

15.5.2011, 06:58 Uhr

Akos Molnar hat es freundlich versucht. Im Sommer 2009 schickte er eine formlose E-Mail an das Netzwerk Xing, später mahnte er mit einem förmlichen Brief ab. Doch die Daten der Firma Tintschl wurden trotz seiner ausdrücklichen Bitte nicht gelöscht. Nun sitzt er einem Vertreter von Xing sowie einem Anwalt von Osborne Clarke in der 3. Zivilkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth gegenüber.

Um den Streit zu verstehen, muss man sich verdeutlichen, wie sehr soziale Netzwerke boomen: Millionen Deutsche sind bei Online-Gemeinschaften wie Facebook, StudiVZ oder Xing angemeldet, die Plattformen gehören zu den meistabgerufenen Websites der Welt und jede hat einen anderen Schwerpunkt. Und damit werden die Seiten für Unternehmen in Sachen Werbung, Marketing oder das Image der Firma auf einmal auch zur interessanten Spielwiese.

Im aktuellen Fall ist es eher ein Image-Schaden, den die Firma Tintschl vermeiden will. Einige Mitarbeiter des Erlanger Unternehmens, das als Personal- Dienstleister Niederlassungen in der halben Republik unterhält, legten bei Xing ein Profil an – doch die Online-Plattform verknüpfte nicht nur deren einzelne Profile mit anderen Nutzern, sondern aus der Handvoll Daten wurde gleich ein ganzes Unternehmensprofil der Firma Tintschl gebastelt.

Mitgliedschaft aufgezwungen

Doch wenn sich private und berufliche Kontakte mischen, wird es schwierig, erläutert Horst Rottmann, Vorsitzender Richter der Kammer für Wettbewerbsfragen. Alles andere als repräsentativ sei es, wenn aus einigen Einträgen von Mitarbeitern ein ganzer Firmenauftritt entwickelt wird, die Eigenschaften, Talente und Hobbys der Mitarbeiter spiegeln obendrein nicht das Unternehmen wider.

So sieht man es auch bei der Erlanger Firma: Nennt ein Mitarbeiter neben seiner beruflichen Qualifikation auch sein Hobby „mit anderen Hausfrauen per Heimvorführung Tupperware-Partys feiern“, landet schließlich auch das im Firmenprofil. Im Unternehmen, so erläutert Anwalt Molnar von der Erlanger Kanzlei Salleck und Partner, stört man sich grundsätzlich daran, die Mitgliedschaft ungefragt übergestülpt und letztlich aufgezwungen bekommen zu haben. Wie und ob man in Online-Netzwerken präsent ist, will man selbst kontrollieren; und schon gar nicht läge es im Interesse der Firma, dafür dann auch noch eine eigene Stelle zu schaffen um das weltweite Netz ständig nach falschen Eintragungen zu durchforsten.

Umgekehrt will man den Mitarbeitern arbeitsrechtlich nicht verbieten, soziale Netzwerke zu nutzen — wie dies der Autohersteller Porsche übrigens aus Angst vor Werkspionage bereits seit Jahren praktiziert. Freilich kann die Rechtsprechung, so erläutern die Richter, nicht grundsätzlich verbieten, dass Nutzer Firmenprofile im Internet erstellen, wie das beispielsweise Gastro-Datenbanken mit ihren Kritiken über Gaststätten praktizieren. Das garantiert schließlich die Meinungsfreiheit.

In vorliegenden Fall, so Richter Rottmann, wurde das Firmenprofil von Xing aber professionell erstellt und Tintschl unter mittelbaren Druck gesetzt. Denn um überhaupt auf ihre eigene Seite zugreifen und diese kontrollieren zu können, muss die Firma gleichzeitig Mitglied bei Xing werden. Der Prozess endet mit einem Vergleich: Xing zahlt 2500 € und darf ohne weitere Einwilligung nichts mehr über das Unternehmen veröffentlichen. Im Fall des Verstoßes werden 6000 € Vertragsstrafe fällig.