Fall Kirch: Deutsche-Bank-Chef Fitschen muss vor Gericht

3.3.2015, 07:53 Uhr
Fitschen, der wie die anderen Beschuldigten die Vorwürfe stets bestritten hat, droht zum Ende seiner Karriere ein aufreibender Kampf um seine Reputation.

© dpa Fitschen, der wie die anderen Beschuldigten die Vorwürfe stets bestritten hat, droht zum Ende seiner Karriere ein aufreibender Kampf um seine Reputation.

Die Anklagebank in München bleibt Jürgen Fitschen nicht erspart. Ab Ende April muss sich der Co-Chef der Deutschen Bank gegen den Vorwurf des versuchten Betrugs im Kirch-Prozess verteidigen. Dem Landgericht München steht damit erneut ein spektakulärer Prozess ins Haus: Erst im vergangenen Sommer hatte es Richter Peter Noll mit Formel-1-Boss Bernie Ecclestone zu tun.

Für den Prozess gegen Fitschen & Co hat er zunächst 13 Verhandlungstage bis Anfang August eingeplant. "Ob das Verfahren in dieser Zeit abgeschlossen werden kann, ist noch nicht abzusehen", sagte Gerichtssprecherin Barbara Stockinger am Montag. Als Angeklagte in einem Strafprozess müssen die Manager persönlich ins Gericht kommen.

Dem 66-jährigen Fitschen, der wie die anderen Beschuldigten die Vorwürfe stets bestritten hat, droht zum Ende seiner Karriere ein aufreibender Kampf um seine Reputation. Für Deutschlands größte Bank kommt die Anklage gegen ihren Co-Vorstandsvorsitzenden zur Unzeit: Der Dax-Konzern justiert gerade seine künftige Strategie.

Altlast Kirch

Eigentlich wollte die Deutsche Bank die Altlast Kirch längst abgeschüttelt haben. Als das Institut am 20. Februar 2014 verkündete, man habe sich mit den Erben des einstigen Medien-Moguls Leo Kirch auf einen Vergleich geeinigt, hofften viele in der Bank, dies sei der Schlussstrich unter einen Dauerstreit. Im Februar 2002 hatte der damalige Deutsche-Bank-Chef Rolf Breuer in einem TV-Interview Zweifel an Kirchs Kreditwürdigkeit geäußert. Wenige Wochen später meldete Kirch Insolvenz an - und gab Beuer und der Bank die Schuld für die Pleite seines verzweigten Medienimperiums (ProSieben, Sat.1, N24).

Die Münchner Staatsanwaltschaft ließ sich von der 925-Millionen-Euro-Zahlung der Bank an Kirchs Erben nicht bremsen: Sie ermittelte weiter und erhob im vergangenen Sommer Anklage gegen Fitschen, seinen Vorgänger Josef Ackermann, Breuer sowie den einstigen Aufsichtsratschef der Bank, Clemens Börsig, und einen weiteren Ex-Vorstand des Instituts.

Die Anklagebehörde wirft den Managern vor, im Verfahren vor dem Oberlandesgericht (OLG) München falsche Angaben gemacht zu haben, um Schadenersatz an die Kirch-Erben zu verhindern. Wasser auf die Mühlen der Ankläger war das OLG-Urteil gegen die Deutsche Bank kurz vor Weihnachten 2012: "Die Beklagten haben ... im Verfahren nachweislich falsch vorgetragen", schrieben die Richter um den angriffslustigen Vorsitzenden Guido Kotschy in Begründung. Breuer, Ackermann, Fitschen und ein weiterer Ex-Vorstand sollen sich abgesprochen haben, "um ... nämlich mögliche Schadenersatzansprüche abzuwenden". Fitschens Aussage sei "schlicht inkonsistent", urteilte Kotschy.

Vorzeitiger Rücktritt von der Spitze?

Da die Bank letztlich doch zahlte, geht es im jetzigen Verfahren um versuchten Prozessbetrug. Die Angeklagten hatten die Vorwürfe, die die Staatsanwaltschaft auf 627 Seiten begründet, stets bestritten. Die Deutsche Bank erklärte: "Für alle aktuellen und ehemaligen Vorstandsmitglieder der Bank gilt die Unschuldsvermutung."

Für Fitschen, den Wegbegleiter als sehr pflichtbewusst schätzen, sind allein die Vorwürfe zweifelsohne eine Belastung. Jetzt, da die Anklage zugelassen ist, sind Fragen nach einem vorzeitigen Rücktritt von der Spitze der Deutschen Bank programmiert. Fitschens Vertrag läuft bis zum 31. März 2017 - ebenso wie der seines Partners in der seit Juni 2012 amtierenden Doppelspitze, Anshu Jain.

Immerhin ist Fitschen nicht der erste Deutsche-Bank-Chef, der sein Büro zeitweise mit dem Gerichtssaal tauschen muss: Der Mannesmann-Prozess zwang Vorgänger Ackermann von Januar 2004 an dazu. Erst nach fast drei Jahren stellte das Düsseldorfer Landgericht den Prozess um Prämien- und Pensionsbeschlüsse im Zusammenhang mit der Mannesmann-Übernahme durch Vodafone gegen eine Geldauflage ein. Im aktuellen Fall dürfte die Terminplanung des Münchner Landgerichts mit einem Verhandlungstag pro Woche Fitschen entgegenkommen.

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