Küken schreddern? Fränkischer Hof zeigt, dass es anders geht

17.2.2019, 05:11 Uhr
Auf dem Geflügelhof Schubert können die Hühner sich frei auf der Wiese bewegen und eine kleine Pause vom Eierlegen machen.

© Uwe Rahner Auf dem Geflügelhof Schubert können die Hühner sich frei auf der Wiese bewegen und eine kleine Pause vom Eierlegen machen.

Auf Versprechungen der Politik ist nicht immer Verlass. Das gilt auch für den Tierschutz. Schon Ex-Landwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) wurde nicht müde zu betonen, dass bald Schluss sein werde mit dem Töten männlicher Küken. Seine Nachfolgerin im Amt, Julia Klöckner (CDU), will das Kükentöten ebenfalls beenden – doch bislang ist es noch immer gängige Praxis. Zumindest meistens.

Der Geflügelhof Schubert, der auch auf der BioFach in Nürnberg vertreten ist, geht einen anderen Weg. Der Betrieb liegt in Rüsselbach, einem Ortsteil von Igensdorf. Dort ist die Hühnerwelt noch in Ordnung. "Wir versuchen, so viele männliche Küken wie möglich aufzuziehen", sagt Harald Konzock. Für die konventionelle Geflügelzucht lohnt sich das nicht. Männliche Küken von Legehuhnrassen werden dort als betriebswirtschaftlich nutzlos angesehen. Solche sogenannten Bruderhähne legen keine Eier, und als Masttier zur Fleischerzeugung eignen sie sich ebenfalls nicht. Denn die Bruderhähne nehmen viel langsamer zu als Hähne aus Masthuhnrassen.

In der Massentierhaltung müssen die Tiere nach etwa 30 Tagen schlachtreif sein. Das geht nur mit Hähnen, die speziell für die Bedürfnisse der Fleischindustrie gezüchtet wurden. Fur Bruderhähne ist das tödlich . "Die müssen sich keine Gedanken um die Altersvorsorge machen", sagt Konzock flapsig. Konkret bedeutet das: Die Jungtiere werden geschreddert oder mit Kohlendioxid getötet.

Experimente mit Hybrid-Hühnern

In Rüsselbach picken die Bruderhähne stattdessen vergnügt im Gras nach Futter. Auf dem Geflügelhof Schubert gibt es das, was es in der industriellen Geflügelzucht nicht gibt – Freiheit und Zeit. Statt dicht gedrängt in großen Hallen auf ihren baldigen Tod zu warten, können sich die insgesamt 4000 Hähne und Hennen frei bewegen. "Es dauert etwa fünf Monate, bis die Bruderhähne schlachtreif sind", erklärt Umweltpädagoge Konzock. So lange dürfen die Tiere leben, erst dann werden sie geschlachtet. "Das schmeckt man auch. Unser Fleisch hat eine andere Qualität." 

Weil er seine Eier etwas teurer verkauft, kann es sich der Betrieb leisten, die Hähne aufzuziehen. Außerdem experimentiert der Hof auch mit Zweinutzungshühnern. Das sind speziell gezüchtete Hühner, die sich sowohl als Masttier als auch als Legehenne eignen. Ein Hybrid-Huhn sozusagen. Der Betrieb, der von Inhaber Peter Schubert bereits in zweiter Generation geführt wird, verkauft in seinem Hofladen auch Gemüse, Säfte und Honig.

"Unsere Produkte gibt es aber nur im Direktvertrieb. Große Handelsketten beliefern wir nicht", sagt Harald Konzock, der sich um die Öffentlichkeitsarbeit kümmert und Besuchergruppen über den Hof führt.Neben dem Tierwohl sieht er noch weitere Vorteile der ökologischen Landwirtschaft: „Durch sie gibt es mehr Artenvielfalt. Wir brauchen das dringend, die Biodiversität hat bereits massiv abgenommen.“ Der Geflügelhof ist daher auch Mitglied im „Bündnis für Biodiversität“ der Stadt Nürnberg.

Geflügelwirtschaft sieht Bio-Methode kritisch

Beim Landesverband der Bayerische Geflügelwirtschaft findet der Ansatz des oberfränkischen Betriebs jedoch wenig Zustimmung. "Es ist weder nachhaltig noch ressourcenschonend, die Bruderhähne aufzuziehen. Denn dadurch, dass die Tiere länger leben, brauchen sie auch mehr Futter", argumentiert Christian Schwarzer, Geschäftsführer des Verbandes. Harald Konzock verweist dagegen auf die schlechten Lebensbedingungen in der Massentierhaltung. Grundsätzlich will er aber nicht über die konventionelle Tierzucht herziehen: "Das bringt uns nicht weiter. Wir müssen uns alle gemeinsam für Nachhaltigkeit und Artenvielfalt einsetzen."

Eine neue Technologie könnte den umstrittenen Umgang mit männlichen Küken von Legehuhnrassen bald verändern. Mit ihr lässt sich schon früh feststellen, ob aus einem Ei ein männliches oder weibliches Küken schlüpfen wird. Die "männlichen" Eier würden dann früh aussortiert und beispielsweise zu Tierfutter verarbeitet. Landwirtschaftsministerin Klöckner begrüßt die Technologie. Harald Konzock ist eher skeptisch: "Ich fürchte, das werden sich nur große Brütereien leisten können."

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