Taumelnder Modegigant: So tickt die Familie Wöhrl

8.9.2016, 06:00 Uhr
Zwei Generationen Wöhrl: Rudolf Wöhrl (mitte) gründete das Unternehmen, Hans Rudolf (links) und Hans Gerhard führten es lange Zeit gemeinsam erfolgreich.

© Michael Matejka Zwei Generationen Wöhrl: Rudolf Wöhrl (mitte) gründete das Unternehmen, Hans Rudolf (links) und Hans Gerhard führten es lange Zeit gemeinsam erfolgreich.

Das Kaufhaus Wöhrl ist ein Lebenswerk - das Lebenswerk von drei Generationen. Dass der Laden in der Familie eine große Rolle gespielt hätte, wäre untertrieben. Zu Hause "war das Geschäft eigentlich das einzige Thema", erinnert sich Hans Rudolf. Von Beginn an sorgt sein Vater und Firmengründer Rudolf dafür, dass den Söhnen das unternehmerische Denken ins Blut übergeht. "Entsprechend seiner Einstellung, dass man erst etwas leisten muss, bevor man konsumiert, bekam ich als Kind kein Taschengeld - aber immer die Chance, etwas zu verdienen."

Der Wunsch des Vaters geht in Erfüllung, als Erwachsene steigen Gerhard und Hans Rudolf in das Modegeschäft ein. Mit ihrer unterschiedlichen Art ergänzen sie sich zunächst gut, das Unternehmen floriert. Für den Glamour ist der Jüngere zuständig. Nicht nur, dass er fast nebenbei sein privates Hobby, die Luftfahrt, zu einem veritablen zweiten Geschäftsfeld ausbaut und 1974 den Nürnberger Luftdienst (NFD) gründet, der später in Eurowings aufgehen wird. 1982 heiratet er auch in zweiter Ehe Dagmar Winkler, ihres Zeichens Juristin und Miss Germany 1977.

Im Modegeschäft allerdings kommt es um die Jahrtausendwende zum Bruch. Die Brüder sind uneins, wie es mit der Führung weitergehen soll - und Gerhard setzt sich durch. Hans Rudolf übergibt 2004 die ersten 20 Prozent seiner Anteile an ihn, 2011 schließlich den Rest.

Oliver Wöhrl, der unaufgeregte Entscheider

Dafür rückt jetzt ein anderer stärker ins Rampenlicht: Olivier, einziger Sohn von Gerhard. In der Firma bekannt ist der junge Mann mit der markanten Brille als unaufgeregter Entscheider. Allerdings kann auch das nicht verhindern, dass das Modehaus in den nächsten Jahren immer stärker unter Druck gerät. Die Erlöse sacken ab, dringend nötige Investitionen bleiben aus. Die Übernahme des selbst angeschlagenen Hagener Modefilialisten SinnLeffers 2013 soll auch intern nicht nur Fans gehabt haben. Generell ist immer wieder die Rede vom Zwist um die richtige Strategie im Management.

Jetzt, mit der Flucht unter einen Schutzschirm, droht das Undenkbare bei Wöhrl: Die Gründerfamilie könnte ihren Einfluss gänzlich verlieren. Olivier Wöhrls Position hat sich bereits geändert: Den Vorstandsvorsitz musste er für Andreas E. Mach räumen, der zuvor den Aufsichtsrat leitete. Stattdessen wurde für den Gründerenkel eigens die Stelle des "Chief Strategic Officer" geschaffen.

"Er hat seinen Job nicht richtig gemacht"

Insider werten dies nur als Trostpflaster für den ehemaligen Chef. "Ganz rausdrängen konnte man ihn aus Respekt gegenüber der Familie nicht. Aber dass er seinen Job nicht richtig gemacht hat, zeigen ja nicht zuletzt die schlechten Zahlen", raunen Mitarbeiter. Sie erhoffen sich von der neuen Führung vor allem einen konkreten Plan, wie der Misere zu begegnen ist.

Bei Finanzierung der Neuausrichtung helfen soll jetzt ein externer Investor. Wer infrage kommt und in welchem Umfang der Einstieg sein könnte, ist derzeit noch Verschlusssache. Nur so viel: Der Verbleib der Familie Wöhrl im Unternehmen – sei es durch Köpfe oder Anteile – steht zur Disposition. Nach 83 Jahren.

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