US-Firmen fürchten Handelskonflikt mit China

20.7.2018, 09:44 Uhr
Müssen die Chinesen Trumps angekündigte Strafzölle fürchten? Peking hätte genug Möglichkeiten, um zurückzuschlagen.

© dpa Müssen die Chinesen Trumps angekündigte Strafzölle fürchten? Peking hätte genug Möglichkeiten, um zurückzuschlagen.

Ein Handelskrieg zwischen den USA und China würde die Zusammenarbeit der beiden größten Volkswirtschaften schwer treffen - mit Auswirkungen auf den Rest der Welt. Nicht nur die globalen Lieferketten dürften darunter leiden, sondern vor allem auch die in China tätigen amerikanischen Unternehmen. "Die Wolken am Horizont", warnt die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, "werden mit jedem Tag dunkler". "Die größte und dunkelste Wolke, die wir sehen, ist die Verschlechterung der Zuversicht", meinte sie jüngst zu den Gefahren für die Weltwirtschaft.

Wenn US-Präsident Donald Trump seine Drohung wahr macht und weitere Strafzölle von zehn Prozent auf chinesische Importe im Wert von rund 200 Milliarden Dollar verhängt, wird China nicht nur ähnliche Zölle auf Einfuhren aus den USA verhängen – sondern wohl auch auf andere Weise zurückschlagen. Denn die USA exportieren mit 130 Milliarden US-Dollar (2017) gar nicht genug nach China, als dass Peking im gleichen Maße Strafzölle verhängen könnte.

In China ansässige US-Firmen fürchten deswegen, dass sie die Opfer werden könnten – und rüsten sich fürs Schlimmste. "Unsere Mitglieder sind sehr besorgt, was in Zukunft passieren könnte", sagt der Chef der US-Handelskammer in China, William Zarit, der Deutschen Presse-Agentur in Peking. "Die wachsenden Spannungen zwischen beiden Seiten haben bereits negative Auswirkungen auf die Arbeit vieler unserer Mitgliedsunternehmen."

Kampagne gegen US-Unternehmen möglich

Die Psychologie des Handelsstreits habe heute schon "starke" Folgen, erklärt Zarit. "Unsere Unternehmen spüren den Druck." Noch laufe keine Kampagne gegen US-Unternehmen in China. "Aber wenn der Handelskrieg richtig ausbricht, ist es möglich", sagt auch der Wirtschaftsprofessor Huang Weiping von der Pekinger Volksuniversität. Die Behörden könnten strenge Inspektionen zu Brandschutz, Hygiene oder Arbeitssicherheit veranlassen, einige Betriebe vorübergehend schließen oder Genehmigungen verweigern, um ihnen das Leben schwer zu machen. "Sie werden die Firmen etwas leiden lassen", glaubt er.

Ein erstes prominentes Opfer scheint schon der US-Chiphersteller Qualcomm zu sein. Dessen Pläne für eine Übernahme des niederländischen Herstellers NXP Semiconductors NV für 44 Milliarden US-Dollar hängen nur noch an der Genehmigung der Aufsichtsbehörden in China, wo Qualcomm mehr als die Hälfte seines Absatzes macht. Aber seit dem Beginn der Handelsspannungen liegt die Genehmigung in China auf Eis.

Beide Unternehmen haben sich eine Frist bis Mittwoch gesetzt, so dass der Deal durchaus platzen könnte. Es gibt viele Wege, mit denen China den USA wehtun könnte. Als Beispiel wird gern der Feldzug gegen südkoreanische Unternehmen 2017 zitiert, als die Regierung in Seoul gegen den Widerstand Pekings ein US-Raketenabwehrsystem installiert hatte. Dieses richtet sich zwar gegen Nordkorea, aber sein Frühwarnsystem kann auch weit nach China hineinlauschen.

Südkoreanische Kaufhäuser in China mussten plötzlich wegen angeblicher Brandschutzprobleme schließen. Es gab auch Aufrufe zum Warenboykott. Verkäufe südkoreanischer Autos sackten ab. Reisen nach Südkorea wurden gestrichen oder boykottiert. Die Tourismusindustrie verlor sechs bis sieben Milliarden US-Dollar. Jeder zweite Chinese würde im Falle eines Handelskrieges auch "sicher" oder "möglicherweise" amerikanische Waren boykottieren, ergab eine Umfrage der "Financial Times".

Nur 13 Prozent gegen Boykott

Ein Drittel ist sich unsicher oder kauft gegenwärtig ohnehin keine US-Waren. Nur 13 Prozent der Befragten lehnen demnach einen Boykott ab. "Populismus und Nationalismus werden überall in der Welt stärker, nicht nur in China, sondern auch in den USA", sagt der Wirtschaftsprofessor Zheng Chaoyu von der Volksuniversität zur Möglichkeit eines Boykotts. Er sorgt sich aber auch um den reibungslosen Ablauf in den globalen Lieferketten.

Da wird ein Intel-Prozessor aus den USA nach China verschifft, in Chengdu in Südwestchina von einem chinesischen Subunternehmer für einen US-Computerhersteller in einen Laptop gebaut, der wiederum in die USA geliefert wird. "Die besondere Position Chinas als individuelles Land in den Lieferketten wird stark beeinflusst", warnt Zheng Chaoyu. Sein Kollege Huang Weiping stimmt zu: "Natürlich werden globale Lieferketten beschädigt. Die Grundlage ist Vertrauen, und Trump hat dieses Vertrauen bereits gebrochen."

So beschrieb die Sprecherin des Außenministeriums, Hua Chunying, den eskalierenden Handelsstreit auch als den größten "Vertrauenskiller" für die Weltwirtschaft, der den mühsam errungenen Schwung für eine globale Erholung bremse und die Grundlage des Wachstums destabilisiere. Chinesische Staatsmedien geben sich kämpferisch. Trump unterschätze, was China im Fall eines handfesten Handelskrieges alles tun könne, schrieb die Global Times, die vom Parteiorgan Volkszeitung herausgegeben wird: "Die USA sollten den Sicherheitsgurt anlegen." 

Verwandte Themen


1 Kommentar