Web Week: Frankens Digitalszene lässt Muskeln spielen

13.4.2016, 15:03 Uhr
Web Week: Frankens Digitalszene lässt Muskeln spielen

© Foto: Eduard Weigert

Auf Hüfthöhe angegurtet steht der Proband in einer Art kreisrundem Laufstall. „Ich schwitze furchtbar", klagt er. Noch sucht er die richtige Richtung, in der er – mit der Virtual-Reality-Brille auf dem Kopf – auf dem Alienplaneten einschlagen soll. Ein dreidimensionales Spiel, „sehr bunt, sehr plastisch, toll“ beschreibt der 54-jährige Steuerberater aus Nürnberg die gerade erlebte Digitalwelt.

Cykyria heißt das vor zwei Jahren gegründete Nürnberger Start-up, das sich auf Spiele und digitales Entertainment konzentriert. „Virtual Reality (VR) lässt sich fast überall einsetzen“, erklärt Geschäftsführer Benedikt Engelhard. Mittlerweile seien die Computer schnell, die Bildauflösung hoch genug, dass man sich durch virtuelle Welten bewegen könne, „ohne dass einem schlecht wird“. Als der ehemalige IT-Consultant erstmals das VR-Headset Oculus Rift ausprobierte, war ihm klar: „Das ist die Zukunft.“ Er wolle Virtuelle Realität unters Volk bringen – und plant jetzt, ab Sommer unterschiedliche VR- Module anzubieten, etwa für Spielstätten und Entertainmentcenter.

Erste Gehversuche

Eine herkömmliche Messe ist die Start-up-Demo-Night zum Auftakt der Nürnberg Web Week 2016 wahrlich nicht. Die Atmosphäre im Messe-Foyer ist, wie Vertreter der Old School sagen würden, lässig. Hier und da wird mit einem Glas Wein in der Hand gefachsimpelt, bahnen sich im entspannten Zweiergespräch Geschäfte an. „Das ist eine andere Klientel, 20 bis 30 Jahre jünger als auf normalen Messen“, diagnostiziert der Steuerberater. Kurz: Es ist die junge fränkische Digitalszene, die ihre Muskeln spielen lässt und erste Gehversuche in Richtung digitales Business wagt.

„Wir wollen das nächste Facebook für Fashion werden“, sagt denn auch voller Selbstbewusstsein Regina Spät, eine der Gründerinnen von „Dress and Friends“ aus Fürth. Auf deren App befinden sich nicht nur die Selfies der eigenen Fashionoutfits. Hinzu kommt auch noch ein mobiler Marktplatz für Secondhandmode. Das Geschäftsmodell: Für die Modelabels, die ihre Ware zeigen, offeriert das Start-up gezieltes Marketing.

Ausstellen auf der Start-up-Demo-Night darf, wer schon etwas Konkretes zum Anfassen und Anschauen vorweisen kann, sagt Carsten Rudolph, Geschäftsführer des Veranstalters BayStartUP. „Wir wollen die Vielfalt des Gründer-Standortes Nordbayern einem breiten Publikum zeigen.“

Das scheint zu gelingen. So hält Jasmin Motzelt, die bei einem Direktversicherer den Internetauftritt betreut, Ausschau nach neuen Eindrücken, nach dem „Engagierten, Jungen, Frischen“. Von der Internetmesse erwarte sie „ein bisschen Silicon Valley in Nürnberg“. Anders die Nürnberger Künstlerin Marcela Salas. Sie will sich inspirieren lassen, sucht das Interdisziplinäre zwischen Malerei und Digitalem.

Wie viele andere Besucher treibt die Neugier auch die Sozialpädagogin Birgit Kretz zur Demo Night – „die Neugier auf innovative Ideen, die man sonst in Nürnberg nicht sieht“. Konkret interessiert sie sich für gemeinnützige Geschäftsmodelle.

Die Aussteller sind meist Gründer, die „durch die Digitalisierung bestehende Lücken schließen und einen echten Bedarf an digitalen Lösungen decken“, erklärt Rudolph. Wie die Fürther Infinia Retail. Gernot Mötschlmeyer, der mit seinen 47 Jahren hier zum alten (Business)Eisen zählt, betreute bei einem Herzogenauracher Sportartikler zehn Jahre lang die Einzelhandels-IT. Jetzt will er mit einer eigenen Tabletlösung für Filialisten den stationären und den Onlinehandel zusammenbringen. Ziel ist nicht weniger als die „internationale Marktführerschaft im Mittelstand“.

Doch es geht nicht nur ums Geschäft. Die Online-Plattform Projektify etwa ist ein nichtkommerzielles Webprojekt, erläutert der 26-jährige Dominic Lindner. Mit dem ein Jahr älteren Martin Weber baut er einen Internet-Marktplatz für Webprojekte auf. Dort kann man zum Beispiel Onlineshops kaufen, weil ein anderer sie nicht mehr fortführen möchte. „Wir handeln mit Unternehmen“, sagt Lindner. Die beiden Wirtschaftsinformatiker wollen zeigen, dass so etwas Potenzial hat.

Am Stand des Nürnberger Start-ups Unicoach, das eine von Hochschul-Tutoren begleitete Online-Kommunikations-Plattform für Studenten präsentiert, liegt für die Besucher eine Minitüte Gummibärchen mit einem „Starmix“ bereit. Das darauf abgebildete Bildchen könnte für die jungen Firmen ein Symbol sein: eine steil nach oben startende Rakete.

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