Weiskirchen: Pressesprecher mit der Lizenz zum Löschen

13.3.2011, 13:00 Uhr
Weiskirchen: Pressesprecher mit der Lizenz zum Löschen

© Karlheinz Daut

Das Büro von Rainer Weiskirchen ist kein guter Ort für Teddy-Fans. Auf dem Schreibtisch steht ein Bär, dem ein Ohr und Teile seines Fells fehlen. In einem Korb liegt ein Leidensgenosse, aus dessen aufgerissenem Gesicht Füllmaterial quillt. Die beiden Plüschtiere sind Probanden der Spielzeug-Sicherheitsprüfungen, die die LGA durchführt und die Weiskirchen Besuchern gelegentlich vorführt.

Diese Tests sind erst recht nichts für Liebhaber von Kuscheltieren: Da wird der Kunstpelz mit einer Flamme traktiert, um zu sehen, wie schnell er brennt, Gewichte ziehen an Knopfaugen, um deren Festigkeit zu prüfen. Ein übler Anblick, aber eine wichtige Arbeit, um Kinder vor gefährlichem Spielzeug zu schützen.

Entspanntes Verhältnis

Seit 1993 arbeitet Weiskirchen bei der LGA in der Tillystraße. Zuvor hatte der studierte Betriebswirt seine Brötchen bei adidas verdient, zunächst als PR-Referent, zuletzt als Marketing-Manager. „Das Thema Marketing fand ich immer schon spannend“,

erklärt der 48-Jährige. Dies war auch ein Grund dafür, dass er kein Journalist geworden ist. Denn die Weichen dazu waren bereits früh gestellt. Weiskirchens Vater war Layouter und später Herstellungs- und Organisationsleiter beim Sportmagazin kicker, Sohn Rainer heuerte dort mit 14 als Redaktionsbote an und arbeitete sich zum freien Mitarbeiter hoch.

„Meinen ersten Artikel schrieb ich über ein Fußballspiel zwischen der Spielvereinigung Fürth und dem SSV Reutlingen — Fürth hat gewonnen“, erinnert sich der Ökonom, der in der Kleeblatt-Stadt geboren ist. Zu Nürnberg hat Weiskirchen ein entspanntes Verhältnis, die berühmt-berüchtigte Erbfeindschaft zwischen den beiden Städten hat er nie empfunden. Aus gutem Grund: „Mein Vater ist Fürther, meine Mutter Nürnbergerin. Ich bin in beiden Kulturen aufgewachsen“, erklärt er und grinst spitzbübisch.

Seit vielen Jahren lebt Weiskirchen im westmittelfränkischen Hagenbüchach. Dort ist er stellvertretender Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr. „Die Feuerwehr ist so etwas wie mein zweites Leben“, zu ihr ist er schon als junger Mann gekommen, seinerzeit als Alternative zum Bundeswehrdienst. Weiskirchens Söhne — 18, 17 und 14 Jahre alt — teilen die Begeisterung des Vaters: „Meine drei Jungs sind alle mit bei der FFW Hagenbüchach.“

Echter Alptraum

Als Feuerwehrmann hat Weiskirchen schon vieles erlebt und gesehen, darunter auch einiges, was einen aus der Bahn werfen kann. So zum Beispiel der Selbstmord eines Jungen, der sich vor den Zug geworfen hatte. Solche Einsätze sind der Alptraum schlechthin. „Doch irgendwie funktioniert man, im Kopf wird das ständig geübte Verhalten abgerufen, was in solchen Fällen zu tun ist“, beschreibt Weiskirchen die Situation. Gefühle werden verdrängt, auf später verschoben. Doch natürlich kommen sie hoch und müssen verarbeitet werden. Was manchmal nicht ohne professionelle Hilfe gelingt.

Entspannung findet Weiskirchen beim Sporteln. Eine seiner Lieblingsbeschäftigungen ist das Skaten. Wenn seine Kinder auf eigenen Füßen stehen, kann er sich gut vorstellen, eine längere Reise auf diesen Rollschuhen zu machen — oder per Fahrrad, Kanu oder zu Pferd: „Hauptsache, es ist etwas sportlich Mobiles, wo ich was Neues kennenlerne.“

Es ging um die Wurst

Rainer Weiskirchen ist ein im besten Sinne neugieriger Mensch. Das kommt auch seiner Arbeitgeberin LGA zugute, deren gewerbliches Geschäft seit 2007 komplett zum Kölner Tüv Rheinland gehört. Zusammen mit seinem Kollegen Bruno Götz, Chef des Patentzentrums an der LGA, baut er Neuheiten nach, die zum Patent angemeldet wurden, bis dato aber nicht immer erprobt waren. So tüftelten sie zum Beispiel an einer Methode, Senf in eine noch kalte Weißwurst zu praktizieren, um beides bequem erwärmen zu können. Denn für diese an sich praktische Idee hatten die Innovatoren, die 1998 dafür ein Patent wollten, keinen Prototypen geliefert.

Ingenieur Götz und Ökonom Weiskirchen fanden eine Lösung, die sie dann bei einer Bilanzpressekonferenz in der LGA präsentierten. Den Medienvertretern gefiel’s — und die beiden Tester hatten ihr Ziel erreicht, das Thema Schutzrechte dem Publikum näherzubringen. Fortsetzungen dieser Selbstversuche sind übrigens geplant.

„Meine Jungs schwanken manchmal, ob sie mich peinlich oder cool finden“, räumt Weiskirchen mit Blick auf seinen ausgeprägten Spieltrieb und seine Experimentierfreude verschmitzt ein. „Ich glaube aber, sie finden es schon gut, dass sie einen Vater haben, der Ideen hat.“

Und davon hat Rainer Weiskirchen noch einige in petto.