Wie fränkische Firmen das Großraumbüro revolutionieren

27.2.2018, 05:45 Uhr
Wie fränkische Firmen das Großraumbüro revolutionieren

© Adidas

Wo immer Arbeitgeber neue Büroflächen entwerfen, machen sie sich Gedanken darüber, wie die optimale Arbeitsumgebung der Zukunft aussehen soll. Der Trend geht hin zum Großraumbüro ohne festen Arbeitsplatz. Adidas macht es routinemäßig so: In Mittelfranken werden neue Modelle getestet und dann im Ausland nachgebaut. So wird bei der Speedfactory in Ansbach verfahren, ihr Ebenbild läuft in Atlanta. Ebenso im Falle der neuen Arbeitswelten im Bürokomplex Pitch in Herzogenaurach. Auch Schaeffler geht neue Wege, um das Zusammenarbeiten der Beschäftigten geschmeidiger zu gestalten. Einblicke in die Arbeitswelten von heute und morgen.

Das Zauberwort heißt Kollaboration: Flexible Teams sollen effizienter zusammenarbeiten. Der moderne Mitarbeiter soll herausgeholt werden aus seiner Einzelzelle. Dabei gehört es zum guten Ton abzustreiten, dass auch Bürofläche in Zeiten von mobilem Arbeiten und Homeoffice gespart wird - oder umgewidmet wird in Rückzugsräume für Besprechungen. 

Im 2015 eröffneten Bürokomplex Pitch (Spielfeld) von adidas hatten sich drei renommierte Büroausstatter auf drei Etagen des Glasbaus für 330 Mitarbeiter austoben dürfen: Einrichtungen von verspielt über bequem bis nüchtern, immer aber mit dem Bezug zum Sport. "Unser Credo ist: Durch Sport können wir Leben verändern", sagt Adidas-Sprecherin Simone Lendzian. Aber der Sport soll auch abfärben auf die Arbeitskultur. Drei Worte sollen die Werte hinter dem Konzept "my arena" kennzeichnen: Kreativität, Zusammenarbeit und Vertrauen.

"Sieht schön aus, wird aber wenig genutzt" 

Anders als etwa bei der Datev in Nürnberg wird im Pitch von adidas kein fester Arbeitsplatz vorgehalten. Und wer morgens antritt, "wirft nicht sein Handtuch über den Stuhl", betont Lendzian. Das sei auch unnötig, denn jedes Team habe seinen Bereich. Nach getaner Arbeit ist der Arbeitsplatz sauber zu hinterlassen, kein Fitzelchen Papier darf liegenbleiben: Clean-Desk-Policy nennt sich das, die Politik des sauberen Schreibtisches. Die einjährige Testphase am Hauptquartier hat dank einer Menge Rückmeldungen in "Feedback-Boxen" einigen Änderungsbedarf hervorgebracht. So taugte keines der drei Modelle von optisch flotten Telefonzellen in Schneckenform, denn weder waren sie schalldicht, noch boten sie Ablagefläche und Licht.

Also gab Adidas neue in Auftrag. Die funktionieren. Aber auch anderes, so Lendzian, "sieht schön aus, wird jedoch wenig genutzt". Überraschenderweise zum Beispiel ein Entspannungsraum mit coolem Massage-Sessel, Darts-Spiel und Tischkicker. Das Bürokonzept mitsamt den Korrekturen wird weltweit ausgerollt, angefangen bei Portland, dem US-Sitz des Drei-Streifen-Konzerns. Lendzian: "Wir haben in Portland Pitch 2 getestet mit dem Wissen aus Herzogenaurach. Und gemerkt: Die Amerikaner ticken so viel anders als wir." 

Herzogenaurach mit seinen 23.000 Einwohnern ist nicht der Nabel der Welt, das weiß man auch beim Nachbarn Puma. Deshalb soll das Arbeitsumfeld anspruchsvoll-modern aussehen. Eine schicke gläserne Brücke spannt sich über den vierspurigen Highway zum Neubau, wo der Einzug für 550 Beschäftigte im Frühjahr beginnt. Natürlich in offener Arbeitsplatzgestaltung, Einzelbüros sind die Ausnahme etwa für jene Mitarbeiter, die Geheimverhandlungen führen. Für alle anderen heißt es: "Ich suche mir mal einen Büro-Arbeitsplatz."

Schaeffler investiert 40 Millionen Euro 

Personalleiter Dietmar Knöß, der schon seit sieben Jahren in einem offenen Büro arbeitet, sagt: "Das Open-Office-Konzept wird im Neubau konsequent umgesetzt." Der Arbeitsplatz ist sauber zu hinterlassen und Persönliches in Rollcontainer oder Schließfach zu verstauen. Dafür interessiert den Arbeitgeber immer weniger, wer wann und wo die Aufgaben erledigt. "Wir haben keine Soll-Arbeitszeit. Viel wichtiger ist, dass die Ziele erreicht werden." 

Rund 40 Millionen Euro hat Schaeffler springen lassen, um dem eigenen Sondermaschinenbau neue Räume in Erlangen-Frauenaurach einzurichten. Entwicklung und Produktion wohnen nun unter einem Dach - das soll den Austausch fördern. Ein bunter Teppichboden verbindet die offen gestalteten Bereiche. Die Teeküche heißt jetzt nicht mehr Teeküche, sondern "Gravity Point". Abgeschirmte Gesprächsecken oder flexible Konferenzräume mit beschreibbaren Wänden bieten Rückzugsflächen. Das "Pitch" von Adidas legt noch eins drauf: In einem Meeting-Room darf sogar der Fußboden beschrieben werden. 

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