„Wir müssen das Thema Energie auch sexy machen“

20.11.2015, 19:41 Uhr
„Wir müssen das Thema Energie auch sexy machen“

© Foto: Eduard Weigert

Morgens um 5.30 Uhr hat Thomas Vogel die erste Herausforderung des Tages bereits hinter sich: Er hat Zsim dazu gebracht, mit auf die tägliche Jogging-Runde zu gehen. „Zsim ist ein Langschläfer. Wenn ich ihn wecke, jammert er – wie ein Kind, das nicht aufstehen will“, verrät der Geschäftsführer der FS Frankensolar Projektmanagement GmbH und lächelt in Richtung des Vierbeiners, der es sich hinter dem Schreibtisch gemütlich gemacht hat.

Zsim ist ein Magyar Vizsla, ein ungarischer Jagdhund. „2013 haben meine Frau und ich auf der Wöhrder Wiese einen Vizsla gesehen. Er hat uns sofort gefallen“, erzählt Vogel. Das Paar fand den Verein „Vizsla in Not“, der für herrenlose und misshandelte Tiere ein Zuhause sucht. Wer einen Vizsla möchte, muss bereit sein, sich viel mit ihm zu beschäftigen: „Mit Spazierengehen, Joggen oder Radfahren ist es nicht getan, er braucht Kopf- und vor allen Dingen Nasenarbeit. Und er möchte immer und überall dabei sein“, heißt es auf der Homepage des Vereins, der genau darauf achtet, dass die Tiere in gute Hände kommen. Die Vogels wurden für geeignet befunden. Zsim zog bei dem Paar ein und geht regelmäßig mit ins Büro.

Vogel ist seit 2012 Chef der auf erneuerbare Energien spezialisierten Frankensolar Projektmanagement GmbH. Sie ist Teil der 1990 gegründeten Nürnberger Frankensolar-Gruppe, die seit jeher auf „grünen“ Strom setzt. Vor gut einem Jahr gab die Firmengruppe den Geschäftsbereich Photovoltaik-Großhandel auf: Sie zollte dem Umsatzrückgang und Preisverfall bei Solar-Komponenten wie Modulen und Wechselrichtern Tribut. Rund 50 Beschäftigte verloren ihren Arbeitsplatz.

Das Team von Thomas Vogel war von dem Abbau nicht betroffen. Der Fokus der Projektmanagement GmbH liegt auf der Planung dezentraler Energieerzeugungsanlagen bis hin zu deren schlüsselfertigen Ausführung sowie dem softwaregestützten, „intelligenten“ Management der Energieströme. Den Energiebedarf und -verbrauch eines Gebäudes ganzheitlich zu betrachten, also alle daran beteiligten Komponenten einzubeziehen und so die individuell bestmögliche Lösung zu finden, die außerdem noch zur Stabilisierung des Stromnetzes beiträgt: Das ist der Anspruch des Unternehmens.

Software nach Maß

Bei der Umsetzung setzen Vogel und seine Mitarbeiter auf eine Steuerung namens „FS Smart Efficiency“. Sie ist das „Hirn“ des Frankensolar-Energiemanagementsystems und seit einem Jahr auf dem Markt. „Unsere Idee war, mit einer Steuerung alle Erzeugungs- und Verbrauchssituationen im Gebäude so regeln zu können, dass die vorhandene Energie möglichst effizient genutzt wird. Und das unabhängig davon, von welchem Hersteller die eingebundene Haustechnik und angeschlossenen Komponenten wie etwa Heizungs- und Alarmanlage, automatische Rollos oder das Bewässerungssystem im Garten stammen“, erläutert Vogel.

Bei der Steuerung, die der Nutzer über eine App bedienen kann, arbeitet das Unternehmen mit einem österreichischen Hersteller zusammen. Die Nürnberger passen die Software an die Bedürfnisse ihrer Kunden an. Auch Lichteffekte im Bad oder ein Soundsystem lassen sich integrieren. Für Vogel sind solche Möglichkeiten, die mancher für Spielerei hält, durchaus ein Verkaufsargument: „Ich sage meinen Leuten immer: Wir müssen das Thema Energie auch sexy machen.“

Noch etwas ist ihm wichtig: Die mittels Photovoltaik (PV), Blockheizkraftwerk und Co. selbst erzeugte Energie möglichst vor Ort zu nutzen. Der heute 38-Jährige, der in einem kleinen Ort in Westmittelfranken aufgewachsen ist und als Kind Bauer werden wollte, ist ein Fan der dezentralen Erzeugung und des Eigenverbrauchs. Strom, der über PV-Anlagen auf Eigenheimen oder Firmendächern produziert wird, beim Einspeisen ins Netz deutlich über dem Marktpreis zu vergüten: Diese Subventionierung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) hält Vogel für überholt.

„Unheimlich unübersichtlich“

Um die Energiewende voranzubringen, müssten Ziele gefördert werden, nicht einzelne Technologien – und schon gar keine ausgereiften wie die Photovoltaik, argumentiert er. Zentrales Kriterium einer Förderung müsse stets sein, wie damit letztlich das Netz und die Energieversorgung insgesamt stabilisiert und gestärkt werden. Es gehe ja darum, auf Basis regenerativer Ressourcen ein sicheres, bezahlbares und von Importen unabhängiges System aufzubauen. Damit die Wende die Kurve kriegt, muss laut Vogel auch der Dschungel an Regelungen und Vorschriften gelichtet werden: „Wir brauchen ein zentrales übergeordnetes Energiegesetz, dem alle weiteren Regelungen und Förderungen in diesem Bereich folgen müssen. Momentan widersprechen sich die Gesetze und Vorgaben teilweise.“ Das EEG selbst „ist unheimlich unübersichtlich“.

Karriere beim Bund

Vogel identifiziert sich mit dem Thema regenerative Energieversorgung. Das war nicht immer so. Nach dem Abitur startete er eine Offizierslaufbahn bei der Bundeswehr, war Kompaniechef und zuletzt Leiter der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit für Nordbayern. Während seiner Zeit beim Bund studierte Vogel Staats- und Sozialwissenschaften. Nach dem Abschied von der Truppe bewarb er sich auf die Stelle des Pressesprechers beim AKW Gundremmingen, „ich wurde auch zum Vorstellungsgespräch eingeladen“.

Zur gleichen Zeit kontaktierte ihn über das soziale Netzwerk Xing ein Start-up-Unternehmen aus der PV-Branche und bot ihm einen Job an. „Da habe ich mir erstmals Gedanken über Photovoltaik gemacht“, erzählt der einstige Atomkraft-Befürworter, bei dem es „Mitte 2011 Klick gemacht hat in Sachen erneuerbare Energien“. Vogel fing bei der jungen Firma an, wechselte im Herbst 2012 dann zur Frankensolar-Gruppe.

Planung ist auch im Privatleben des Majors der Reserve angesagt, der nebenberuflich noch BWL studiert hat – die Liste seiner Hobbys ist lang: Vogel spielt in zwei Ensembles Trompete, hat eine Holzwerkstatt im Haus seiner Eltern, wo er kleine Möbel baut, und „ich gehe sehr gerne tanzen mit meiner Frau“. Zum Freizeitprogramm gehören außerdem Triathlon, „überhaupt Ausdauersport“ und Skifahren. Vogel ist ein Bewegungsmensch — was seinem vierbeinigen Kumpel Zsim voll entgegenkommt. Wenn auch nicht gleich in aller Frühe.

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