Wirtschaftsweiser Bofinger verteidigt Geldpolitik der EZB

13.2.2017, 20:31 Uhr
Professor Peter Bofinger ist einer der profiliertesten deutschen Ökonomen - eckt aber auch an.

© Stefan Hippel Professor Peter Bofinger ist einer der profiliertesten deutschen Ökonomen - eckt aber auch an.

Herr Professor Bofinger, deutschen Sparern bereitet  die Niedrigzinsphase erhebliche Sorgen. Zu Recht?

Bofinger: Wir denken über die Geldpolitik des Herrn Draghi (Präsident der Europäischen Zentralbank, d. Red.) nur aus Sicht des deutschen Sparers nach. Wir zeigen gerne auf  den US-Präsidenten  Trump und sein enges "America first", sagen aber selbst "deutscher Sparer first". Das ist auch eine Verengung.

... aber aus deutscher Sicht ist das doch eine durchaus nachvollziehbare Verengung, oder?

Bofinger: Wir sind doch nicht nur und in erster Linie deutsche Sparer. In erster Linie sind wir deutsche Arbeitnehmer. Wenn wir in Deutschland die höchste Beschäftigung haben, die es je gab, dann hat das vielleicht auch etwas mit dem Euro zu tun, der uns die Wettbewerbsfähigkeit innerhalb Europas sichert.

Das sind die Arbeitnehmerinteressen. Wie erklären Sie das einer Rentnerin, die auf zusätzliches Geld aus ihrer Lebensversicherung gehofft hat, wegen der Niedrigzinsen aber enttäuscht wird?

Bofinger: Die Leute, die jetzt in Rente gehen, haben meistens Versicherungsverträge, die noch eine ordentliche Rendite abwerfen. Aber auf lange Sicht wird das ein Problem, das ist richtig. Die Frage ist, ob man nicht die Zinseinsparungen, die Herr Schäuble macht – etwa 20 Milliarden Euro im Jahr – in die Förderung der Altersvorsorge steckt. Denkbar wäre, dass man in dieser Extrem-Niedrigzinsphase Anleihen emittiert, die – staatlich gefördert – zwei Prozentpunkte mehr Zinsen bringen und speziell für Altersvorsorge gedacht sind – sozusagen Schäuble-Bonds. Als deutscher Sparer ärgere ich mich über Draghi, als Steuerzahler sage ich: Ist doch eigentlich super. Der deutsche Steuerzahler könnte deswegen dem Sparer doch etwas rübergeben.

Was ist mit den Häuslebauern?

Bofinger: Wer vor einigen Jahren eine Immobilie gekauft hat, muss Herrn Draghi durchaus dankbar sein. Das Problem ist, dass es in Deutschland zu wenige Immobilienbesitzer gibt. Wir haben mit rund 45 Prozent die niedrigste Eigenheimbesitzquote. Zum Vergleich: In Spanien besitzen über 80 Prozent eine eigene Immobilie. Deswegen profitiert die Mittelschicht in Deutschland nicht von den steigenden Immobilienpreisen. Die Altersvorsoge ist bei uns extrem aufs Sparen mithilfe von Versicherungen angelegt, wo es besser gewesen wäre, sich mit dem Geld eine Wohnung zu kaufen. Da hat die Politik vieles falsch gemacht.
 
Welche Fehler sehen Sie da denn konkret?

Bofinger: Ich hätte die Eigenheimzulage nie abgeschafft. Sie hätte dem einen oder anderen einen Schubs gegeben, sich eine eigene Immobilie zu kaufen und hätte seine Stellung im Wettbewerb gegenüber Investoren gestärkt. Dank der Einkommensgrenze wäre auch sichergestellt, dass Menschen, die sehr viel Geld haben, die Zulage nicht erhalten. Warum legt man nicht die Eigenheimzulage wieder auf? Das wäre keine schlechte Sache.

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