Zahnersatz und neue Brille: Der Fiskus zahlt mit

1.10.2016, 13:52 Uhr
Zahnersatz und neue Brille: Der Fiskus zahlt mit

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Meistens kommt doch alles auf einmal, weiß auch Werner Merkel — die Tochter braucht eine Zahnspange, der Sohn eine Brille und man selbst muss sich vom Zahnarzt den Oberkiefer sanieren lassen. Das geht ins Geld. Doch steuerlich betrachtet, so erläutert der Betriebswirt und Steuerberater, der sich als Vorstandsmitglied in der Steuerberaterkammer engagiert, sind Rechnungen, die gleichzeitig kommen, das Beste, was einem passieren kann.

Es ist ein Fehler, die Ausgaben, um die Haushaltskasse zu entlasten, zu schieben — und auf dieses Jahr und das kommende Jahr aufzuteilen. Wer das macht, verschenkt Geld.

Gesundheitskosten können als außergewöhnliche Belastungen von der Steuer abgesetzt werden, wenn die persönliche zumutbare Eigenbelastung überschritten ist — freilich nur dann, wenn die Kosten nicht schon von anderer Seite beglichen wurden, etwa einer Versicherung.

Der Staat geht davon aus, dass die Bürger zunächst einmal selbst für ihre Krankheits- und Pflegekosten bezahlen müssen. Doch der zumutbare Eigenanteil hat Grenzen, erklärt Steuerberater Werner Merkel, und wenn diese magische Schwelle, der Grenzbetrag, überschritten wird, hilft der Fiskus mit.

Quittungen sammeln

Werner Merkel empfiehlt deshalb, über das Jahr sämtliche Quittungen von Apotheken, Optikern, Ärzten und anderen Gesundheitsdienstleistern zu sammeln, um Krankheitskosten und Aufwendungen für die Gesundheit als außergewöhnliche Belastungen in der Steuererklärung auch nachzuweisen.

So wird gerechnet: Zwischen einem und sieben Prozent der gesamten Einnahmen — Gehalt, aber auch Miet- oder Zinseinnahmen — gelten als zumutbare Krankheitsausgaben.

Menschen mit hohem Einkommen und ohne Kinder wird mehr Eigenbelastung für medizinische Leistungen zugemutet um die Steuerlast zu verkleinern. Einige Beispiele verdeutlichen: Ein Ehepaar mit zwei Kindern und 150.000 Euro Gesamtbetrag der Einkünfte (Einkommen plus alle übrigen Einkünfte wie beispielsweise Mieteinnahmen und gewerbliche Einkünfte) hat 14.000 Euro für Arzt und Medikamente gezahlt. Nach Abzug der Eigenbeteiligung (vier Prozent von 150.000 Euro, dies wären 6000 Euro) kann die Familie in ihrer Steuererklärung 8000 Euro als außergewöhnliche Belastung geltend machen.

Bei einer Familie mit drei Kindern und einem jährlichen Gesamtbetrag der Einkünfte von 40.000 Euro liegt der zumutbare Eigenanteil bei nur einem Prozent. Bei Kosten über 400 Euro beteiligt sich der Staat an den Gesundheitsaufwendungen.

Ein Ehepaar ohne Kinder mit einem gemeinsame Einkommen von über 51.000 Euro muss mit sechs Prozent Eigenanteil kalkulieren. Dies verdeutlicht: Wer jedes Jahr mit seinen Behandlungskosten unter der Eigenanteilsgrenze liegt, bleibt auf sämtlichen Ausgaben sitzen — steuerlich lohnend ist dagegen, außergewöhnliche Belastungen in einem Jahr zu bündeln.

Finanzamt will Belege

Dass Rezeptgebühren und Arztkosten, vorausgesetzt, der Behandler hat eine Zulassung, absetzbar sind, erscheint logisch, auch dass das Finanzamt verlangt, dass die Ausgaben und die Notwendigkeit der Behandlung durch Belege nachgewiesen werden. Und natürlich wird "mit Argusaugen" geprüft, um Missbrauch zu verhindern, so Merkel.

Wer unter einer chronischen Krankheit leidet, kann dies mit einem Attest belegen, wer auf Kur gehen will, sollte sich diese nicht selbst verordnen — "den Familienurlaub bezahlt das Finanzamt sicher nicht", so Merkel. Dass eine Kur medizinisch angezeigt ist, kann etwa durch eine Bescheinigung des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen nachgewiesen werden — der Nachweis muss vor Antritt der Kur eingeholt werden.

Auch die Ausgaben neben der verordneten Kur sind absetzbar: etwa Ausgaben für ein Hotel in angemessener Höhe. Wer ständig Wege mit dem Taxi zurücklegen muss, etwa um zur Bestrahlung in eine Klinik zu kommen, sollte die Quittungen sammeln.

Red.: Ulrike Löw, Tel.: (09 11) 2 16 25 82, montags bis donnerstags ab 16 Uhr, Marienstraße 9–11, 90402 Nürnberg. E-Mail: nn-justiz@pressenetz.de

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