Zu dick, zu dünn oder was ist eigentlich normal?

15.2.2016, 06:00 Uhr
Zu dick, zu dünn oder was ist eigentlich normal?

© F.: Hetzner

Das Tempo war rasant und durchaus geeignet, einige Kalorien abzuarbeiten. In einer Stunde graste Buer 2,6 Millionen Jahre Ernährungsgeschichte ab und kam dabei von der Steinzeit über die Generation Fastfood bis zur heutigen Bio-Bewegung. Unter dem Titel „Essen zwischen Lust und Frust – was sollen wir noch glauben?“ brachte er Licht ins Dunkel des Ernährungsdschungels.

Dabei ging es nicht nur um die allseits bekannte Lactose- und Fructoseintoleranz – unter Ersterer leiden fast zehn Prozent der europäischen Bevölkerung –, sondern auch um die artgerechte Ernährung. Der Mensch ist Allesfresser. Aber was heißt alles? Eier, Wurzeln und Blätter beispielsweise. „Oder Aas – das nennt man heute gut abgehangenes T-Bone-Steak“, erklärt Buer und schmunzelt. Die ideale Käfighaltung des Homo sapiens bestünde theoretisch aus 80 Prozent pflanzlichem und 20 Prozent tierischem Futter sowie aus andauernder Bewegung. „Der Mensch müsste hinter jedem Happen her rennen“, wie früher als Jäger und Sammler. Doch heute werde das Essen serviert – aus dem Supermarkt oder im Restaurant.

Auch die Veranlagung des Dick- oder Dünnseins ergründete er. Denn beides gab es schon immer – es ist natürlich. Und beides hat evolutionsbedingte Vor- und Nachteile. Drahtige, dynamische Dünne etwa konnten besonders gut vor Feinden fliehen und so überleben. Dicke überstanden hingegen Hungersnöte, die die Dünnen dahinrafften. Ganz nach dem Prinzip der natürlichen Auslese. „Doch das sind die Extremtypen, die sich durch Fortpflanzung gemischt haben, und diese Mischung sitzt jetzt hier“, erläuterte Buer. Der Großteil der Bevölkerung entspricht nämlich dem Mittelmaß – nicht zu dick und nicht zu dünn. Dabei sind alle Formen der Körperfülle ganz natürlich.

Das Mittelmaß kommt zwar am häufigsten vor, ein Ideal gibt es jedoch nicht. Aus diesem Grund existiert auch keine ideale Ernährung. Denn jeder ist individuell: Der Mensch trägt einen ganz eigenen Mix an Mikroorganismen in sich, ist von verschiedensten Unverträglichkeiten geplagt, verfügt über einen erhöhten Grundumsatz an Kalorien oder eben nicht. Was für den einen gut ist, kann dem anderen schaden – die ideale Ernährung für alle, ein Trugschluss.

Der Rat des Biologen: „Vertrauen wir auf unsere natürlichen Anlagen.“ Jeder muss selbst für sich herausfinden, was ihm bekommt und was nicht. Dabei sollte man jedoch Maß und Ziel im Auge behalten. Der Allesfresser Mensch braucht von allem ein bisschen.

Der Genuss muss dabei nicht auf der Strecke bleiben. Er wird nur zum Problem, wenn die Ausnahme zur Regel wird. Denn „Genuss war früher Ausnahme, heute kann sich jeder dauernd volldröhnen“, warnte Buer. Der Urinstinkt und die Rückbesinnung auf das eigene Körpergefühl sind also auf dem Weg zur idealen Individualernährung gefragt. Mehr Lust am Essen, rät er, statt andauerndem Frust beim Kalorienzählen.

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