Zwei Gesetzes-Phantome und die Windkraft

16.4.2014, 06:00 Uhr
Windkraft-Projekte unterliegen bald komplizierten rechtlichen Bestimmungen.

© dpa Windkraft-Projekte unterliegen bald komplizierten rechtlichen Bestimmungen.

Die örtliche Besonderheit: Für den Kreis ist im Moment beim Regionalen Planungsverband Regensburg ein Windkraft-Regionalplan in Arbeit. Mit dem wollen die Gebietskörperschaften den Bau der bei Teilen der Bevölkerung umstrittenen Windräder „lenken und steuern“, wie Roland Hadwiger vom Landratsamt sagte. Der Plan sieht vor, dass nur noch in 21 Vorranggebieten und auf 1,26 Prozent der Landkreisfläche neue Windkraftanlagen möglich sind.

Nur: Dieser Regionalplan ist noch nicht in Kraft. Dies wird sich nun um einige Monate verzögern, auch weil sich nach der Kommunalwahl die Gemeinderäte und der Planungsausschuss neu konstituieren. Etwas anderes lässt den Regionalen Planungsverband auch zögern: Seehofers H-10-Modell, wonach Windrad-Bauherrn die zehnfache Anlagenhöhe als Abstand zur Wohnbebauung einhalten müssen. „Wir müssen auf das neue Recht Rücksicht nehmen, wobei niemand weiß, wie das aussehen wird“, sagte Hans Prechtl, Geschäftsführer des Regionalen Planungsverbandes.

Verbände haben das Wort

Eben: H 10 hängt davon ab, dass auf Bundesebene ein geändertes Bundesbaugesetzbuch den Ländern ein Regelungsrecht einräumt. Dies soll angeblich am 1. August in Kraft treten. Nach Informationen des bayerischen Innenministeriums gibt es außerdem einen Gesetzentwurf zur Änderung der Bayerischen Bauordnung. Demnach würde H 10 mit einer Reihe von Ausnahmen Landesrecht. Aber das kann dauern: Im Moment ist in München eine Verbändeanhörung in Vorbereitung, bevor das Gesetz ins Kabinett kommt und vom Landtag voraussichtlich erst im Oktober beschlossen wird. Die Norm könnte dann am 1. November in Kraft treten.

In dem Entwurf steht unter anderem, dass sich dann auf das alte Recht der „Privilegierung“ der Windräder im Außenbereich nur berufen kann, wer bereits vor dem 4. Februar 2014 seinen Genehmigungsantrag vollständig eingereicht hat. Diese Rückwirkung sei bei der Landtagsopposition „rechtlich stark umstritten“, erklärte Innenministeriums-Sprecher Oliver Platzer gegenüber den Neumarkter Nachrichten.

Umstritten ist bei den verschiedenen Verwaltungen auch, ob der Regionalplan-Entwurf schon jetzt bei der Behandlung der Windrad-Anträge bindend ist. Der reine Aufstellungsbeschluss reicht da laut Regionalem Planungsverband nicht aus. Die Planung müsse „hinreichend verdichtet“ sein, erklärte Geschäftsführer Prechtl. Deshalb hätten die Genehmigungsbehörden — hier das Landratsamt Neumarkt — in jedem Einzelfall einen „Ermessensspielraum“.

Diesen Ermessensspielraum nutzt die Neumarkter Landkreisbehörde so: Anträge für Windräder, die „im Geltungsbreich des Regionalplanentwurfs“ liegen, werden weiterbearbeitet. Das sind nach Angaben von Roland Hadwiger vom Landratsamt etwa 45 Prozent der insgesamt 125 eingereichten Anträge. Der Rest werde nicht weiterbearbeitet.

Die Genehmigungsbehörde hat auch schon einige Ablehnungsbescheide verschickt — zum Teil auf ausdrücklichen Wunsch der Antragsteller. Einige haben bereits rechtliche Schritte gegen die Ablehnung angekündigt. Doch Klagen seien bisher noch nicht eingereicht worden, so Roland Hadwiger.

Die umstrittene (noch nicht rechtskräftige) Rückwirkungsfrist kommt auch schon ins Spiel: Nach dem 4. Februar hatte das Landratsamt fünf Anträge in der Post, davon drei ernsthafte. Diese drei Projekte liegen aber im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes. Deshalb stützten sich diese Vorhaben sicher auf einen „örtlichen Konsens“, heißt es im Landratsamt.

Der H-10-Gesetzentwurf sieht ohnehin vor, dass die Kommunen die neue Abstandsregel mit einem Bebauungsplan umgehen können.

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