Zwischen Lust und Traurigkeit

20.10.2006, 00:00 Uhr

Bereits mit dieser furiosen Eröffnungsmontage macht «Shortbus“ klar, dass hier kein netter Weichspül-Film im Einsatz und die Freigabe ab 18 Jahren ehrlich verdient ist. Also, - wird das ein Kunst-Porno? Nicht unbedingt. Denn nun lernen wir die Personen kennen, die hinter der gerade vorgeführten Mechanik der Lust stecken.

Den schwulen James, der unbemerkt von seinem Lover seinen Selbstmord plant und die Vorbereitungen mit der Kamera dokumentiert, die traurige Domina Severin, die lieber Kunst machen würde, aber davon nicht leben kann und die frustierte Sofia, die zwar als Paar-Therapheutin arbeitet, aber selbst noch nie zum Orgasmus gekommen ist. (Wer hat hier «Sex & the City“ gerufen?)

Schließlich begegnen sich die Charaktere im Club «Shortbus“, in dem alles erlaubt ist, was menschlich ist: Von der Massenorgie über das intime Gespräch im Wandschrank bis zu Küssen zwischen Greisen, Jünglingen, Transen und Heteros. Wer «Brokeback Mountain“ schon zu schwul fand, der wird zu diesem Zeitpunkt das Kino schon verlassen haben.

Diejenigen, die bleiben, erwartet eine ebenso hart bebilderte, wie sanft erzählte Geschichte, die Regisseur John Cameron Mitchell mit seinem Ensemble gemeinsam entwickelt hat. Die zahlreichen Hardcore-Momente sind dabei nie selbstzweckhaft, sondern dienen den Charakteren.

«Shortbus“ ist unter der schrillen Oberfläche im Herzen ein recht kluger, trauriger, stets romantischer Liebesfilm. Sehenswert - aber nicht für jeden. (Cinecitta, Nürnberg; Lamm, Erlangen) pet