Ice-Tigers-Coach Fischöder: "Und alles immer Vollgas"

23.7.2020, 08:37 Uhr
Ähnliches Alter, ähnlicher Werdegang, übereinstimmende Ambitionen: In Sportdirektor André Dietzsch trifft Frank Fischöder in Nürnberg auf einen Bruder im Geiste.

© Sportfoto Zink / Thomas Hahn Ähnliches Alter, ähnlicher Werdegang, übereinstimmende Ambitionen: In Sportdirektor André Dietzsch trifft Frank Fischöder in Nürnberg auf einen Bruder im Geiste.

Ich will ehrlich sein, wie viele andere auch, musste ich erst einmal nachsehen, wer Sie überhaupt sind. Haben Sie genossen, in der Randsportart Eishockey unter dem Radar zu arbeiten oder fühlten Sie sich zu wenig beachtet?

Frank Fischöder: Darüber denke ich nicht nach. Ich bin an keinem Eishockeystandort groß geworden. Ich habe nie DEL gespielt, als Spieler war ich nie im Rampenlicht gestanden. Ich wollte früh als Trainer arbeiten. Das habe ich auch gemacht. Da hat die Ruhrgebietsmentalität durchgeschlagen.

Und das bedeutet was?

Fischöder: Das einzige, worauf du Einfluss hast, ist deine Arbeit. Die Möglichkeiten, die sich geboten haben, habe ich genutzt, erst als Co-Trainer von Helmut (de Raaf, Ex-Nationaltorhüter, die Red.), dann habe ich das Grundschulprojekt übernommen. Zuletzt habe ich in Wirtschaftsunternehmen Vorträge gehalten über Motivation und Teambuilding – und alles immer mit Vollgas. Wir haben mit finnischen Trainern gearbeitet, mit schwedischen Krafttrainern. Trainer, mit denen wir gearbeitet haben, sind jetzt in der NHL. Wir haben uns intern immer weitergebildet, hatten Riesenmöglichkeiten. Früher oder später zahlt sich Arbeit aus. Noch so ein Satz meines Vaters, den ich immer im Hinterkopf habe.


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Es ist Ihre Belohnung, Trainer der Ice Tigers geworden zu sein?

Fischöder: Jetzt bekomme ich eine Chance, ich weiß das sehr zu schätzen, weil ich weiß, woher ich komme. Jetzt geht es von vorne los. Und zwar bei Null, da braucht man nicht drumherum reden. Ich kann gut kommunizieren, aber jetzt geht es wieder darum, Vertrauen aufzubauen.

Fischöder lobt Draisaitls "Begeisterung für das Spiel"

Bislang werden Sie vor allem auf die Arbeit mit Leon Draisaitl, Moritz Seider und Tim Stützle reduziert. Stört Sie das?

Fischöder: Ich habe 270 Spieler gehabt, so viele davon sind verschiedene Wege gegangen. Im Sport sind Draisaitl, Seider, Stützle oder Dome Kahun interessant, oder die zehn Spieler aus der Olympia-Mannschaft, die durch unser System gegangen sind.

Aber es gibt auch Jungs, die bei uns parallel Abitur gemacht haben, die im dualen System DEL, DEL2 oder Oberliga gespielt und jetzt gute Jobs haben. Auf die bin ich genauso stolz. Und wenn wir über Leon, Mo oder Dome sprechen, über die Jungs, die jetzt ganz vorne sind, dann sind das nicht die Leistungen von Trainern. Wir hatten eine Zeit, in der wir ein bisschen dabei sein durften. Wir dürfen stolz sein, dass wir sie nicht zerstört haben.

Trotzdem zwei Fragen zu Leon Draisaitl?

Fischöder: Meinetwegen. Ich kann es ja nicht ändern.

Was ist Ihre erste Erinnerung an Draisaitl, was haben Sie damals gedacht?

Fischöder: Ich habe Leon nach Mannheim geholt, weil ich ihn brutal spannend fand. Groß, ein leichter Schlaks, aber brutale Hände, ein brutaler Abschluss. Und ich hatte Glück, dass er gekommen ist, weil er ja doch sehr verwurzelt ist in Köln. Aber sein Talent hat jeder gesehen.

Seine erste Station in der DEL: Nürnbergs neuer Trainer Frank Fischöder.

Seine erste Station in der DEL: Nürnbergs neuer Trainer Frank Fischöder. © Daniel Karmann, dpa

Draisaitl wurde gestern unter die drei wichtigsten NHL-Spieler gewählt, er ist der beste Scorer in der besten Liga der Welt. Haben Sie auch diese Möglichkeiten in ihm gesehen?

Fischöder: Man hat schon gesehen, dass da etwas Besonderes da war, eine besondere Arbeitseinstellung, eine besondere Begeisterung für das Spiel. Wirklich beeindruckend ist, dass es Leon und die anderen geschafft haben, obwohl sie aus einem anderen System kommen. Wer es als Siebenjähriger in Kanada in eine Auswahlmannschaft schaffen will, muss sich in einem Camp gegen 170 andere Kinder durchsetzen. Diese Mentalität kennen wir hier nicht.


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Gab es Spieler, die ähnlich talentiert waren, es aber nicht geschafft haben?

Fischöder: Aus den Augen des Trainers sicherlich. Aber wenn ich mich mit den Jungs heute unterhalte, sind sie glücklich. Wenn sie damit zufrieden sind, ist das auch okay – wer bin ich, dass ich das kritisieren könnte.

"Wir geben nicht die Zirkusdirektoren"

In Mannheim konnten Sie junge Männer fordern, werden Sie das auch in Nürnberg können?

Fischöder: Das ist unser Job. Wenn ich gewinnen will, muss ich ein gewisses Anforderungsprofil haben. Wir haben Spieler hier, die mit gewissen Qualitäten gesegnet sind und die müssen sie zu 100 Prozent einbringen. Aber es ist nicht so, dass wir die großen Zirkusdirektoren geben. Es geht viel über Kommunikation.

Ich bin, wie ich bin. Jetzt werde ich sehen, wie wir da zusammen finden. Ich möchte eine gewisse Arbeitseinstellung sehen. Und normalerweise sollte es jetzt leichter sein. Ich arbeite mit Vollprofis, die damit ihr Geld verdienen. Im Nachwuchsbereich musst ich den Jungs erst klarmachen, was ein Vollprofi ist.

Haben Sie sich für Ihr erstes Jahr mit den Ice Tigers ein Ziel gesetzt?

Fischöder: Ja. Ich will immer gewinnen. Ich kann auch nicht gut verlieren. Das ist ein großes Problem von mir. Mein Hauptziel ist es, die Truppe schnellstmöglich dahin zu bekommen, dass wir in eine Richtung marschieren. Jetzt haben wir sowieso eine spannende Situation: Keiner weiß, wann wir anfangen, wie wir anfangen, was für eine Runde wir spielen. Trotzdem wollen wir bestmöglich vorbereitet in die Saison gehen. Wird immer alles gelingen? Nein. Selbst mit Draisaitl, Kahun, Tiffels, Bender, Ramoser und Michaelis habe ich es geschafft, ein Spiel zu verlieren, weil sie einfach keinen Bock hatten.

"Kalt wie Sau": Golonka, Fischöder und die Decken in Krefeld

Als Spieler hatten Sie Ihren ersten Einsatz für den ECD Sauerland. Der Trainer ist in Nürnberg bestens bekannt ...

Fischöder: Joschi Golonka hat damals in Iserlohn eine ganze Juniorenreihe nach Krefeld mitgenommen. Wir haben im ersten Drittel gefroren wie die Hunde. In der Kabine haben wir nur gedacht, hoffentlich wird das irgendwann mal wärmer in dem Laden.

Dann kam Golonka rein und hat nur gesagt: "Neu-Junioren, geht ihr erste Reihe". Und wir, kalt wie Sau, gefroren wie Hölle, sind mit unseren Gittermasken aufs Eis und haben uns beim ersten Bully direkt verprügeln lassen. Die haben uns direkt den Schläger durchs Gesicht gezogen. Im zweiten Wechsel hatten wir tatsächlich eine Torchance mit einem Pfostenschuss, aber dann war unser Auftritt auch schon wieder zu Ende.

Unsere erste Reihe hatte wieder Lust zu spielen bekommen. Und wir haben uns wieder unter die Decken gesetzt.

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