Erlanger Ruderer können weiter von Olympia träumen

19.1.2021, 17:51 Uhr
Erlanger Ruderer können weiter von Olympia träumen

© Foto: Bernhard Spanke

Die Nachricht im Dezember kam völlig unerwartet. "Das ist eingeschlagen wie eine Bombe", sagt Ingo Euler, Trainer beim Erlanger Ruderverein. Seit Jahren wurde damit gerechnet, dass das Olympische Komitee Leichtgewichtsrudern im Doppelzweier aus dem Programm nimmt – um Platz für neue Sportarten zu machen. Ende vergangenen Jahres hat das IOC die Disziplinen vorgestellt, die es 2024 bei den Spielen in Paris geben soll. Und Leichtgewichtsrudern bis 72,5 Kilogramm war entgegen aller Erwartungen noch dabei.

Dass diese Nachricht in Erlangen mit besonders großer Begeisterung aufgenommen wurde, liegt daran, dass es hier Athleten gibt, denen sich plötzlich eine Perspektive auf die Olympischen Spiele bietet. Eine, von der sie selbst nicht mehr geglaubt hätten, dass es sie geben wird.

Julian Schneider könnte das etwa betreffen, den Erlanger, der mittlerweile für Frankfurt startet und der sich eigentlich stärker auf sein Studium konzentrieren wollte. Und Jonathan Schreiber vom Ruderverein. "Ich kann mir jetzt ganz andere Ziele für die kommenden drei Jahre stecken", sagt er.

Drei Jahre bis Paris sind eine lange Zeit. Doch für Schreiber bringt die Entscheidung schon jetzt unerwartete Erleichterungen: Dadurch, dass seine Bootsklasse olympisch bleibt, wird sie weiter vom Verband und der Olympischen Sporthilfe gefördert. "Ich kann mir durch diesen Rückhalt vorstellen, den Leistungssport nächstes Jahr noch intensiver fortzuführen", sagt Schreiber. Trainingslager oder Wettkämpfe zu finanzieren ist nun keine große Sorge mehr. "Sonst hätten der Verein oder ich alle Kosten tragen müssen. Das ist auf Dauer nicht machbar", erklärt er.

Die Ruder-WM 2021 in Shanghai ist ein Ziel

Eigentlich hatte er deshalb schon damit gerechnet, einen Gang zurückschalten müssen. "Es war nicht klar, ob ich noch einmal international starten kann. Und jetzt gibt es Ziele, die auch umsetzbar sind." Olympia 2021 kommt zu früh, die Qualifikation dafür ist schon gelaufen.

Aber es gibt noch die WM, die 2021 in Shanghai stattfinden soll. Da werden Jason Osborne und Jonathan Rommelmann, die beiden Ruderer, die Deutschland noch bei Olympia vertreten, wohl schon nicht mehr an den Start gehen.

Eine "realistische Perspektive"

Ein realistisches Nahziel also – und Paris eines in der Ferne? "Es ist immer schwer zu sagen, in drei Jahren kann so viel passieren", sagt Schreiber. "Aber wenn ich so weitermache wie bisher, erscheint es natürlich als realistische Perspektive." Eigentlich steckt Schreiber sich lieber kleinere Ziele. "Solche, mit denen ich auf diese Perspektive hinarbeiten kann." Also erstmal: wieder international starten. "Und darauf kann ich dann aufbauen", sagt er.

Paris könnte wirklich die letzte Chance werden. "Danach sieht es tatsächlich schlecht aus für das Leichtgewichtsrudern", erklärt sein Trainer Euler. Das etwas spektakulärere Küstenrudern ("Coastal Rowing") wird wohl den Platz einnehmen.

"Es wäre natürlich gigantisch"

Wie es ist, plötzlich zu Olympia zu kommen, kann Schreiber seinen Trainer fragen. Schon als kleines Kind saß der vor dem Fernseher und schaute sich die Spiele an. "Es war ein so unfassbarer Traum, der unrealistisch schien", sagt Euler. Doch 1996 wird Leichtgewichtsrudern olympisch – und er konnte dabei sein.

"Man darf solche Träume, egal wie unrealistisch sie erscheinen, nie abschreiben. Am Ende gibt es Irrungen und Wirrungen, an die man nie gedacht hätte", sagt der Trainer. Insgesamt dreimal war er bei den Olympischen Spielen. "Es wäre natürlich gigantisch, wenn ich dabei gewesen wäre, als Leichtgewichtsrudern zum ersten Mal olympisch wurde. Und mein Trainingsruderer beim letzten Mal", sagt Euler. Ein bisschen näher ist dieser Traum nun schon gerückt.

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