Thomas Händel: Der Linke aus Fürth

9.6.2009, 00:00 Uhr

Unverhohlen habe sich die Linke etwas mehr erwartet. Aber man habe gewusst, dass der Wahlkampf schwer wird, denn Kernkundschaft der Linken seien Menschen, «die tagtäglich um ihre Existenz kämpfen». Ganz normale Arbeitnehmer, aber auch diejenigen, die Arbeitslosengeld II beziehen, für Europa zu gewinnen, sei nicht leicht. Er habe erst vor kurzem mit einer Kollegin bei Arcandor gesprochen, die ihm ins Gesicht gesagt habe: Alles schön und gut, aber im Moment habe ich den Kopf nicht frei für was anderes, mir geht’s um die Frage, wo bleibe ich zukünftig.

Dennoch geht Händel davon aus, dass man das Wahlziel, bei der Bundestagswahl zweistellig zu werden, beibehalten könne. «Dazu sind wir wild entschlossen.»

Er selbst nimmt sich vor, im EU-Parlament in den Bereichen zu arbeiten, die ihm seit Jahrzehnten vertraut sind: Beschäftigung und Soziales. «Ich habe nicht vor, auf Agrarpolitik umzulernen.» Händel ist einer, der über die Arbeit im Betrieb zur Gewerkschaft und schließlich zur Politik kam. Händel, 1953 in Nürnberg geboren, hat Elektromechaniker bei Grundig gelernt; dort engagierte er sich als Jugendvertreter und Betriebsrat, bildete sich an der Akademie für Arbeit in Frankfurt fort, seit 1987 ist er erster Bevollmächtigter der IG Metall in Fürth. Das will er trotz seines Mandats bis zum Ende der laufenden Amtsperiode im Jahr 2012 bleiben, allerdings mit auf 25 Prozent reduzierter Arbeitszeit, wie er sagt. Er werde sich auf die laufenden Kooperationsverhandlungen mit der IG-Metall-Bezirksstelle in Nürnberg konzentrieren. Außerdem will Händel den Kontakt zur Lebenswirklichkeit der Leute in den Betrieben nicht verlieren, sich nicht nur im «Elfenbeinturm der EU» bewegen.

In die Politik kam Händel im Jahr 2004, als er zu den Begründern der Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit (WASG) gehörte, die als linke Gegenbewegung zur Agenda-2010-Politik des damaligen SPD-Bundeskanzlers Gerhard Schröder an den Start ging und später mit der SED-Nachfolgepartei PDS zur Linkspartei fusionierte. Nun sieht es so aus, als würde es auf europäischer Ebene zu einer Zusammenarbeit von Grünen und Sozialisten kommen. Jedenfalls versucht der Grünen-Abgeordnete Daniel Cohn-Bendit, eine Mehrheit für eine politische Wende zusammenzubringen. «Ich habe mit dem Präsidenten der Europäischen Sozialistischen Partei gesprochen, um zu versuchen, eine Mehrheit zu bilden», bestätigte Cohn-Bendit im französischen Rundfunk. Schon jetzt seien die Grünen in einer Schlüsselposition. Cohn-Bendit will unter anderem eine zweite Amtszeit des konservativen EU-Kommissionspräsidenten José Manuel Barroso verhindern.

Cohn-Bendits Idee findet Anklang bei Thomas Händel. Linke und Grüne hätten gemeinsame Ansatzpunkte, etwa bei den Themen Mindestlohn oder Ökologie. «Ich kann mir das gut vorstellen.»

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