"Kinder müssen nicht fit für die Globalisierung sein"

4.7.2019, 18:32 Uhr

© Foto: André Ammer

Der bayerische evangelische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm hat beim Jubiläumskongress des Evangelischen Kita-Verbandes Bayern "für eine Globalisierung der Menschlichkeit" plädiert.

Er kritisierte die vielerorts vorherrschenden Erwartungen, dass Kinder schon in den Kitas auf Wettbewerbsfähigkeit getrimmt werden sowie möglichst früh "lesen, rechnen, schreiben können und am besten bereits im Kindergarten Chinesisch oder wenigstens Englisch lernen" sollten. Es dürfe nicht das primäre Ziel sein, die Kinder schon in ihren frühesten Lebensjahren fit für die Globalisierung zu machen, sagte Bedford-Strohm.

Vielmehr müsse die Bildung widerspiegeln, "dass jeder Mensch geschaffen ist zum Bilde Gottes und deswegen nie primär Mittel zum Zweck etwa einer florierenden Wirtschaft sein kann". Kirchliche Bildung sollte einen "Welthorizont" in sich tragen, denn Bildungsarbeit mit Kindern finde heute in einer zusammenwachsenden und gleichzeitig auseinanderdriftenden Welt statt. Der Globalisierung der Wirtschaft müsse die Globalisierung der Menschlichkeit folgen.

"Der Umgang mit Fremden und Fremdheit wird immer komplexer", erklärte Bedford-Strohm, der auch Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ist. Er sprach sich dafür aus, dass sich kirchliche Bildungsarbeit einer interkulturellen Bildung und Verständigung vornimmt. In der Zukunft werde man verstärkt auf interreligiöses Kooperationslernen setzen, sagte der Landesbischof. Bedford-Strohm kritisierte, dass in Deutschland Bildungschancen stark von der sozialen Herkunft der Kinder und Jugendlichen abhängig seien. Besonders gravierend sei, dass Kinder und Jugendliche aus schwierigeren finanziellen Verhältnissen auch mehr Angst vor schlechten Schulnoten hätten und pessimistischer in die Zukunft blickten. Kirche müsse hier mahnen und sich selbst dafür engagieren, dass alle Kinder Chancen erhalten.

Ein weiteres wichtiges Stichwort "in einer Zeit, in der vieles verschwimmt", ist für Bedford-Strohm die Identität des Menschen, die ohne Ab- und Ausgrenzung gefunden werden müsse. In diesem Zusammenhang sprach er sich auch für die Ökumene sowie gegen den Rechtspopulismus und den Hass in den sozialen Netzwerken aus. "Da können Sie schon ganz früh einen Akzent dagegen setzen", wandte er sich an die zahlreichen Zuhörerinnen und Zuhörer in der Fürther Stadthalle.

Bessere Bezahlung gefordert

Nicht nur Bedford-Strohm, sondern auch die ehemalige Bundesfamilienministerin und Bundestagspräsidentin a. D. Rita Süssmuth (CSU) betonten deshalb die herausragende Bedeutung von kompetentem Kita-Personal für die kindliche Entwicklung, die sich auch in einer besseren Bezahlung niederschlagen müsse.

Sie werde deswegen mal bei Franziska Giffey (SPD), der aktuellen Bundesfamilienministerin, anrufen, versprach Süssmuth und erntete dafür viel Applaus.

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