Mit Humor und Tatkraft

17.10.2019, 19:03 Uhr
Mit Humor und Tatkraft

© Foto: Bernd Telle

Es fühlt sich gut an, sagt der Fotograf Bernd Telle, und meint damit die neue Kreativ-Gemeinschaft im Gebäude der ehemaligen Oberpostdirektion am Rathenauplatz. Vor ziemlich genau einem Monat sind dort (wie berichtet) neben der Kulturbühne "Artischocken" 13 Bildende Künstler im Souterrain mit ihren Ateliers eingezogen — "zu einer Miete, die keinem wehtut", sagt Telle. Zusätzlich zu den Arbeitsräumen gibt es dort einen schönen, hellen Ausstellungsraum, der vom Berufsverband Bildender Künstler Mittelfranken betrieben wird. Dort geht es Schlag auf Schlag: Heute wird bereits die zweite Ausstellung eröffnet.

"Kurze Zeit, kurze Veranstaltungen", bringt es Künstler Alexander Schräpler auf den Punkt. Denn die Nutzung des Gebäudes durch die Kulturschaffenden ist zeitlich begrenzt, immerhin aber bis Dezember 2020 sichergestellt. Dann will die evangelische Landeskirche das komplette Gebäude renovieren und umbauen lassen. Eine Gruppe engagierter und ehrenamtlich arbeitender BBK-Mitglieder hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Ausstellungsraum zu bespielen, für die Organisation, den Auf- und Abbau der Ausstellungen und deren Betreuung für das Publikum zu sorgen.

"Wir arbeiten hier solidarisch und in Eigenregie", sagt Telle, der aus seiner Zeit in der neuen Arbeitsstätte gleich auch ein Kunstprojekt macht: In seinem winzigen Atelierraum hat er eine Kamera am Fenster postiert und will den großen Baum in dem wunderbaren Innenhof, der zum Gebäude gehört und von den Künstlern genutzt werden kann, ein Jahr fotografisch begleiten — in wechselnden Jahreszeiten, Wetter- und Lichtverhältnissen.

Grüner Innenhof

Rund um den Innenhof gruppieren sich die Ateliers der Maler, Grafiker, Bildhauer oder Fotografen. Und ja, es ist durchaus erwünscht, dass Besucher der Ausstellung auch mal bei den Künstlern reinschauen. Eingeweiht wurde der 150 Quadratmeter große Galerieraum mit einer Ausstellung der Künstler, die in die Räume an der Veillodterstraße 8 eingezogen sind.

Mit Humor und Tatkraft

© Foto: Katja Fischer

Der zweite Streich nun heißt "Nicht im Ernst" und zeigt Werke von acht BBK-Mitgliedern, unabahängig davon, wo sie ihr Atelier haben. Irene Kress-Schmidt hat das Konzept für die Schau erarbeitet und die Kolleginnen und Kollegen zusammengetrommelt. Wichtig dabei war ihr: Alles mit Humor nehmen! Soll heißen: Die Ausstellung sollte ein breites Spektrum zwischen Satire, Komik, Witz, Cartoon, Spottbild, Doppeldeutigkeit und Ironie abdecken. "Unfreiwillig komisch will zwar keiner sein, aber es ist nur menschlich, dass nach jeder ernsthaften Auseinandersetzung ein Schmunzeln, ein leichtes Augenzwinkern oder herzhaftes Lachen willkommen sein kann. Der Mensch braucht nämlich ein Ventil, um mit den zahlreichen Herausforderungen im Leben fertig zu werden und er braucht Humor, um mit Problemen leichter umgehen zu können", so Kress-Schmidt.

Sie selbst lebt das in ihrer Kunst aus, indem sie Figuren aus Küchenutensilien, Computerteilen oder Bürobedarf baut. Die kleinen Werke — mal Katzen, mal Fliegen, Monster oder Hausfrauen — gesellt sie denen der Kollegen bei. Das sind zum Beispiel Georg Baier mit seinen herrlich skurrilen Porträts unter anderem vom "Depp des Monats", Alexander Schräplers so reduzierte wie witzige Karikaturen, die durch ihre Titel wie "Gehilfe mit Sehhilfe" erst so richtig zünden, oder Anton Hantschel mit seinen Ausflügen in surreale Bereiche. Die fließenden Grenzen zwischen Mensch und Tier leuchtet mit viel Witz Barbara Heun aus.

Petra Krischke nimmt im Großformat beherzt den Kitsch auf die Schippe, steuert Delfine und eine verrückte Alte bei. Einen ganz besonderen Blick aufs Alter wagt auch Barbara Graber: Ihre Damen und Herren Senioren sind nackt, selbstbewusst, lebensfroh und ein bisschen schrill. Eher leise Töne dagegen bei Katja Fischer. Sie ist nicht nur professionelle Malerin, sondern auch Musikerin. Im Orchester spielt sie Querflöte, auf ihren Gemälden mit den Sujets der Musik.

"Mich interessiert die Arbeit hinter der Musik", sagt sie, zeigt, was passiert, wenn einer einen falschen Ton spielt, und der Mitspieler leidet. Oder sie lässt einen Betonmischer seine Ladung über das Orchester ergießen: "Da sind", sagt Fischer, "alle Klischees vereint: Die Bratschen spielen weiter. Die Harfenistin klettert fiepend auf ihr Instrument. Unter ihren Bässen schreiten die Bassisten gefasst aus dem Geschehen, während die restlichen Streicher festtrocknen." Nicht im Ernst, oder?

 

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