Statt illegaler Feiern

Gegen Innenstadt-Partys: Branche fordert Disco-Öffnungen

13.6.2021, 10:58 Uhr

Bayern öffnet – Biergärten und Cafés dürfen in immer mehr Städten aus dem Lockdown-Schlaf erwachen. Die Nachtgastronomie profitiert jedoch nicht von den jüngsten Öffnungsschritten. Für Clubs und Kneipen sei noch nicht die Zeit, verkündete Ministerpräsident Söder am vergangenen Freitag. Der Bayerische Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) sieht das jedoch in Anbetracht der illegalen Outdoor-Partys in vielen Städten anders. Öffnungen seien überfällig, so der Landesgeschäftsführer Dr. Thomas Geppert.


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Die Stadt Nürnberg und die Polizei beobachten die Feiern in Nürnberger Parks und der Innenstadt mit Sorge. Ab Donnerstag gelten für Nürnberg zwar gelockerte Kontaktbeschränkungen, "Feiern auf öffentlichen Plätzen und Anlagen" sei jedoch nicht erlaubt, mahnt die Stadt an. Auf nordbayern.de-Anfrage bekundet das Presseamt der Stadt: "Es ist nachvollziehbar, dass es die Leute nach draußen drängt", dies führe zu großen Menschenansammlungen. Dazu kommt, dass Clubs, Bars und Diskotheken derzeit noch keine Alternativen für Feierlaunige bieten dürfen.

Geppert kritisiert verpasste Chancen bei den Entscheidungen der bayerischen Staatsregierung: "Eine Öffnung von Diskotheken würde die Menschen weg von ungeschützten Veranstaltungen unter freiem Himmel, zurück in kontrollierbare Räume ziehen." Die jüngsten Lockerungen seien wichtig und überfällig gewesen, zur Eindämmung ausgelassener Freiluft-Partys jedoch nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

"Menschen wollen und werden feiern"

Geppert sieht die für Gaststätten geltende Sperrstunde ebenfalls als Risiko für ein diffuses Infektionsgeschehen: "Eine Sperrstunde stellt uns wieder vor genau die Probleme, die uns eh schon ein Dorn im Auge sind – Infektionsketten, die bei privaten Veranstaltungen schwerer nachzuverfolgen sind. Die Menschen wollen und werden Feiern."


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Andere Bundesländer und EU-Staaten sind schon einen Schritt weiter. "In Niedersachsen können Clubs und Diskotheken zum jetzigen Zeitpunkt in Städten mit einer Inzidenz unter 35 bei einer Kapazität von 50 Prozent bereits öffnen", berichtet Geppert.

Club-Besuch für Getestete, Geimpfte und Genesene

Auch Felicitas Lutz, Pressechefin des Nürnberger Z-Bau, befürwortet die Forderung der Dehoga: "Gäbe es legale Feier-Möglichkeiten, dann wären die illegalen Partys sicher eindämmbar." Voreilige Öffnungsschritte seien jedoch nicht zu verantworten, findet Lutz, "Das haben nicht wir zu entscheiden, die Vor- und Nachteile müssen von ExpertInnen abgewogen werden."

Bayerns Dehoga-Chef fordert Öffnungen mit den bereits bekannten und bewährten Hygienekonzepten. Ähnlich wie bei den jüngsten Lockerungen beschlossen, kann sich Geppert einen Einlass für Geimpfte, Getestete und Genesene in Clubs und Kneipen vorstellen.

Der Z-Bau findet sich im Vergleich zu anderen Kulturstätten in einer vergleichsweise komfortablen Situation wieder. "Neben unserem am Freitag wieder öffnenden Außenbereich haben wir einen großen Saal mit einer neuen Lüftungsanlage", erklärt die Pressechefin, "Dies könnten wir für Veranstaltungen nutzen, aber auch in Kooperation mit kleineren Nürnberger Locations für deren Konzerte oder Partys bereitstellen."


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David Lodhi, Betreiber des Nürnberger Club Stereo, denkt, dass sein Kellerclub bei möglichen Lockerungen Anlaufschwierigkeiten hätte. Als nicht-subventionierte Kulturstätte würden hier finanzielle Mittel für einen Neustart unter Kapazitätsbeschränkungen und Auflagen fehlen. Außerdem hätten die Freiluft-Feiern nur bedingt etwas mit der geschlossenen Nachtökonomie zu tun, meint Lodhi. "Es ist bekanntermaßen nicht erst seit Corona so, dass sich Menschen in größeren Gruppen spätabends auf öffentlichen Plätzen oder in öffentlichen Parks treffen", erklärt der Club-Betreiber, "Die langen Monate der Ausgangssperre sind jedoch gerade sicherlich ein Booster dafür."


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Am kommenden Montag tagt der bayerische Ministerrat erneut. Bayerns Dehoga-Geschäftsführer Geppert hat klare Forderungen an die Politik: Öffnungen für Clubs und Kneipen müssen auf der Agenda stehen. "Der Ministerpräsident sagte, dass Club-Öffnungen frühestens im Sommer besprochen werden können – der meteorologische Sommeranfang war bereits am 1. Juni."

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