Der lange Atem der deutschen Justiz

15.2.2008, 00:00 Uhr

Der heute 39-jährige Rumäne musste sich gestern wegen schweren Diebstahls vor der 7. Strafkammer des Landgerichts verantworten und zwar für Taten, die er bereits 1989 begangen hatte. Der damals 20-Jährige hatte gemeinsam mit Komplizen in ganz Bayern sein Unwesen getrieben, auch in der Region.

Seinerzeit wurde die Bande auch geschnappt und kam in Untersuchungshaft, wo es Egon B. (Name geändert) 1990 jedoch gelang, auf klassischem Wege auszubüxen: Er zersägte die Gitterstäbe in der Justizvollzugsanstalt Würzburg und floh - nach Frankreich, wo er als Fußballprofi sein Glück versuchte, wie man heute weiß. Seine Komplizen wurden derweil wegen der Einbruchsdiebstähle verurteilt.

18 Jahre später, nämlich Anfang Januar dieses Jahres reiste Egon B. ganz arglos wieder nach Deutschland ein, um sich ein Auto zu kaufen. Hätte er sich im deutschen Strafprozessrecht ausgekannt, wäre er erst 2009 zum Autokauf herübergekommen. Denn dann wären die Taten von damals verjährt gewesen.

Prompt geriet er vor vier Wochen in eine Polizeikontrolle in Nürnberg. Da leuchtete der internationale Haftbefehl auf. Egon B. kam wieder hinter Gitter. Als ihn sein Anwalt von damals, Werner Hacker, im Gefängnis aufsuchte und seine aus dem Jahr 1990 stammende Pflichtverteidiger-Vollmacht vorlegte, dachten die JVA-Beamten, sie würden veralbert.

Nach so vielen Jahren waren dann jedoch alle Prozessbeteiligten, auch Staatsanwalt Wolfgang Gründler, versöhnlich gestimmt, hat sich der junge Draufgänger von damals doch inzwischen zu einem redlichen Familienvater entwickelt. Egon B. lebt mit Frau und Kind in Rumänien, arbeitet als Lagerist, trainiert die Fußballmannschaft seiner Heimatstadt und ist im Gemeinderat aktiv. Laut Bundeskriminalamt ist er nie wieder straffällig geworden.

Vor Gericht legte er gestern ein Geständnis ab. Die Kammer, die noch einmal aus drei Berufs-und zwei Laienrichtern bestand, weil das 1990 nach dem damaligen Recht noch so Usus war (heute nur zwei Berufsrichter), wertete die Straftaten als sechs Fälle des besonders schweren Diebstahls im minder schweren Fall und kam so zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren.

Ende der 80er Jahre war Egon B. in einem gestohlenen Auto, einer Ente, nach Deutschland gekommen und klaute in der fränkischen Schweiz einem Metzgermeister dessen Mercedes 300, an den er das Enten-Nummernschild schraubte. Mit diesem Pkw ging es nun nach Inzell und an den Bodensee, wo B. mit seinen Freunden in Gaststätten einbrach und Spielautomaten aufbrach. Wieder im Raum Nürnberg angekommen, fiel er mit dem gestohlenen Mercedes einer Polizeistreife auf der A 73 auf. Nach einer wilden Verfolgungsjagd wurde der 19-Jährige damals dingfest gemacht.

«Die deutsche Justiz vergisst nix! Sagen Sie das Ihren rumänischen Landsleuten», scherzte Richter Brixner. Man habe diesmal Milde walten lassen, weil man ihm nicht seine in den letzten 20 Jahren in Rumänien aufgebaute bürgerliche Existenz zerstören wolle. Und weiter sagte er zu Egon B.: «Vermeiden Sie künftig Straftaten - jedenfalls, wenn Sie nach Deutschland kommen.»

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