Englischvokabeln in der Krabbelgruppe

16.5.2008, 00:00 Uhr

Der unbefristete Mietvertrag ist schon unterschrieben. In der gepflegten Emilienstraße am Prinzregentenufer öffnet nach den Schulferien, wenn der Umbau planmäßig läuft, die Giant Leap GmbH & Co. KG eine Filiale, nach Stuttgart und München. In einer ehemaligen Ergotherapie-Praxis mit Hinterhof werden dann bis zu 48 Kleinkinder im Alter von acht Wochen bis zu drei Jahren betreut, bis zu zehn Stunden täglich, gegen Aufschlag länger. 13 Mitarbeiter werden dafür eingestellt. In ein paar Jahren kann bei Bedarf ein Kindergarten aufgestockt werden.

«Little Giants» zählt zu einem Dutzend neuer privater Krippen, die 2008 im Stadtgebiet in Planung stehen. Das Jugendamt ist dankbar für jeden solventen Träger, der den mageren Markt betritt - ist die Stadt Nürnberg doch gesetzlich beauftragt, in den kommenden fünf Jahren 230 neue Krippengruppen herzuschaffen. Und doch wird diese Einrichtung auffallen: Sie nennt sich «Early Learning Center» und setzt, nach US-amerikanischem Vorbild, auf Frühförderung durch Zweisprachigkeit, Intensivbetreuung und Kulturprogramm.

Eine von drei Gruppenleiterinnen spricht in ihrer Muttersprache Englisch mit den Kindern. «Wir machen keinen Schulunterricht, das funktioniert nicht», betont Peter Wahler, der die erste deutsche Kita-Kette dieser Art 2006 mit seiner Frau Jelena gegründet hat. «Wir sind aber auch keine Aufbewahrungsanstalt.» Das pädagogische Konzept soll «Qualifikationen für den späteren Erfolg im Leben» und «Vorbereitung auf gute akademische Leistungen» geben, vermittelt die Homepage. Das Nürnberger Jugendamt bewertete es gleich als «modern, differenziert und sehr gut». Die Wahlers hätten alle Nürnberger Plätze längst vergeben können, so groß ist die Nachfrage; sie wollen aber noch ein paar offen halten.

Durch ihren vollmundigen Auftritt - Markenlogo, Telefonhotline, Qualitätsmanagement - ist die Firma in den Ruch einer kommerziellen Baby-Hochschule gekommen. Die hohen Gebühren in Stuttgart von bis zu rund 1000 Euro pro Kind und Monat trugen dazu bei. Seit kürzlich der «Spiegel» eine Betrachtung der neuen deutschen Bürger-Elite an den «Little Giants» aufhängte, bemüht sich Peter Wahler um Richtigstellung.

Er habe sich sehr geärgert über die verzerrende Darstellung. «Elite ist ein vergiftetes Wort in Deutschland», sagt der 37-jährige Ingenieur. «Wir haben weder Chauffeure noch Masseure für die Kinder, sondern gehen einfach mit mehr Personal individuell auf sie ein.» Die Kostensätze in Stuttgart und in der geplanten Filiale in Frankfurt lägen so hoch, weil nicht gemeinnützige Betreuungsträger in Baden-Württemberg und Hessen ohne öffentliche Fördergelder auskommen müssen. Wahler erlaubt sich einen Seitenhieb auf den Potsdamer Edel-Kindergarten «Villa Ritz»: Der werde zu 70 Prozent bezuschusst, gebe das aber mitnichten an die Eltern weiter. «Wir geben Zuschüsse eins zu eins weiter.»

In Nürnberg und München bieten die Wahlers die «Little Giants» billiger an, da die bayerische Gesetzgebung («mit Abstand die fortschrittlichste») eine gleichwertige Förderung Gewerblicher gewährt. 500 Euro zahlen Eltern an der Emilienstraße im Monat für zehn Betreuungsstunden am Tag; die Anmeldegebühr beträgt 320 Euro. Eine Einrichtung zum doppelten Preis hätte das Jugendamt in Nürnberg nicht sehen wollen.

50 Filialen will das Unternehmer-Ehepaar, das von Anfragen überhäuft wird, in Deutschland aufmachen. Ihr dreijähriger Sohn besucht gerade den eigenen Laden in Stuttgart, mit Kindern aus 17 Nationen.

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