Warten, bis Blut fließt

22.3.2007, 00:00 Uhr
Warten, bis Blut fließt

© Aslanidis

«Prima», lobt Jürgen Marthold, ein Hüne von Mann, und befiehlt: «Gleich nochmal!» Und schon liegt Kosovacija wie Dornröschen auf der Übungsdecke und kichert trotz ihrer «Bewusstlosigkeit», während Kemal die nötigen Griffe anbringt.

17 Buben und Mädchen der Herschel-Hauptschule, alle um die 14 Jahre alt, hat Jürgen Marthold zu Schulsanitätern ausgebildet. «Mit Beginn des Schuljahres hat die Erste-Hilfe-Ausbildung begonnen, und jetzt haben alle ihren Schein als Schulsanitäter gemacht», freut sich der Förderlehrer. Damit stellen die 17 Buben und Mädchen die erste Riege überhaupt an Schulsanitätern an der Herschel-Schule.

In den Pausen patrouillieren zwei Sanitäter im Pausenhof. Ist Not am Mann, sind die Sanitäter leicht zu erkennen an ihren T-Shirts und an den ungeliebten Mützen. «Sonst laufen die Buben mit Rapper-Caps durch die Gegend, aber wenn sie eine Sanitäterkappe aufsetzen sollen, bringt das auf einmal ihr Haargel in Unordnung», bemerkt Marthold süffisant.

Trockenübungen im Klassenzimmer sind eine Sache. Eine ganz andere ist es, selbst im BRK-Zentrum vorbeizuschauen. Dort empfängt die Schar der Hilfeleister nämlich einen richtigen Sanitätskoffer, mit allem was dazugehört: Handschuhe, Mullbinden, Verbandspäckchen, sterile Kompressen und vieles mehr.

«Den Koffer müsst ihr an einem festen Ort unterbringen, den ihr jederzeit erreichen könnt, an den aber sonst keiner ran darf», warnt Dietlinde Kirschner vom Roten Kreuz die Jugendlichen. Das klingt wie die Quadratur des Kreises. «Ein Zimmer in der Herschelschule ist zwar reserviert für Notfälle», erläutert Jürgen Marthold, « tatsächlich aber ist es meistens zu und keiner darf rein.»

Mit Schminke an die Unfallopfer

So gerüstet, können die Unfälle ruhig kommen. Doch Dietlinde Kürschner kennt den Alltag: «Da macht man eine Sani-Ausbildung, und dann passiert nichts!» Damit sich kein Frust breit macht, schaut das BRK in den Schulen vorbei und veranstaltet tragische Zwischenfälle mit verunstalteten Opfern. «Auch wenn es sich nur um Schminke handelt, sollen die Schüler erkennen, wie viel sie sich zumuten können», erläutert Dietlinde Kirschner das Prinzip.

Und wie viele Platzwunden gab es an der Herschelschule zu versorgen? «Seit den Faschingsferien gab es an unserer Schule keine einzige Prügelei», erklärt Jürgen Marthold stolz. Reinhard Kalb

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