In Bamberg wächst das Essen von morgen
17.10.2019, 14:17 UhrAls Birgit Rascher und Tino Hedrich ihr Versuchsfeld kontrollieren, sind sie überrascht. Vor einiger Zeit haben sie auf dem Feld Hunderte Samenkörner der Edamame ausgebracht. Die Sojabohne ist vor allem in Asien bekannt. Rascher und Hedrich wollen versuchen, die Pflanze auch in Franken anzubauen, denn die Bohnen liegen im Trend. Sie enthalten viele Proteine und Ballaststoffe. Doch das Feld weist lauter kahle Stellen auf. Was ist passiert?
Sie graben den Erdboden auf: Das Korn ist gekeimt, so viel steht fest. Aber die Pflanze ist weg. Für Rascher und Hedrich steht bald fest: Für den Schaden kann nur einer verantwortlich sein – die Bohnenfliege. Bei der nächsten Aussaat decken sie den Boden mit einem Vlies ab – damit ist das Problem behoben.
Birgit Rascher und Tino Hedrich arbeiten bei der Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG). Beide sind Versuchsingenieure. Die Behörde gehört zum Bayerischen Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und hat ihren Hauptsitz im unterfränkischen Veitshöchheim.
Die Haupttätigkeiten der LWG lassen sich in zwei Worten zusammenfassen: beraten und forschen. Dafür existieren mehrere Versuchseinrichtungen. In Bamberg, einer Zweigstelle der LWG, wird auf einem sechs Hektar großen Areal ökologischer Gemüseanbau betrieben. Es gibt mehrere große Gewächshäuser, Kühlkammern und Felder.
Pro Jahr finden im Versuchsbetrieb Bamberg rund 20 Versuchsreihen statt. Der Anbau von Edamame gehört zu den jüngsten. Rascher und Hedrich sammeln Erfahrungen über den Anbau, experimentieren, beobachten, notieren und ziehen daraus ihre Schlüsse.
Ihre Ergebnisse präsentieren sie in Vorträgen vor Landwirten und Anbauberatern. Sie werden aber auch auf der Internetseite der LWG veröffentlicht. Die Landwirte sollen erfahren, wie sie ihre Erträge steigern können und mit welchen neuen Kulturen Einnahmen geschaffen werden können.
Für die Ernte bleibt nur eine Woche Zeit
Das Fazit zur Edamame ist durchwachsen. „Der Anbau der Edamame ist nicht schwierig“, sagt Rascher. Doch das Zeitfenster, in dem geerntet werden kann, ist eng. Es beträgt gerade einmal eine Woche. Damit der Bauer seinen Kunden permanent frische Ware anbieten kann, muss er die Aussaat wiederholen und die Erntezeit gut managen, betont die 55-Jährige.
Einige Felder weiter wächst ein spezielles Projekt von Tino Hedrich: die Rote Bete – ein „Standard im Verkauf“, sagt der 28-Jährige. Obwohl der Ausdruck rot es in diesem Fall nicht ganz trifft. Neun verschiedene Sorten schieben sich aus der Erde. Sie tragen Namen wie Avalanche, Forono oder Boldor und sind bei weitem nicht immer rot. „Viele Konsumenten wissen nicht, dass es noch andere Sorten gibt, wie weiße oder gelbe“, sagt er. Hedrich zieht eine Pflanze aus der Erde. Sorte: Tondo di Chioggia. Als er die Rübe halbiert, kommen weiß-rote Ringe zum Vorschein.
Momentan vergleicht Tino Hedrich die Erträge der einzelnen Sorten, denn diese Zahl ist für Landwirte besonders wichtig. Und so viel steht schon fest: Die Sorten Tondo di Chioggia und Gesche werfen hohe Erträge ab.
Ingwer made in Franken
Die Palette der erforschten Kulturen ist groß: Gurken, Tomaten, Rhabarber, Mini-Wassermelonen, Kohl, Süßkartoffeln oder Sommerportulak – die Landesanstalt forscht das ganze Jahr über an der Marktfähigkeit von Lebensmitteln.
2018 hatte die Behörde Schlagzeilen mit der Meldung gemacht, dass Ingwer nun auch in Franken angebaut werden kann. „Die traditionell asiatische Medizin schwört schon seit Jahrhunderten auf die heilende Wirkung der Ingwerwurzel und setzt diese beispielsweise für die Behandlung von Rheuma, Muskelbeschwerden und vor allem bei Erkältungen ein“, sagt Birgit Rascher.
Die tropische Gewürzpflanze gedeiht in Bamberg in zwei unterschiedlichen Gewächshäusern. So wollen die Versuchsingenieure herausfinden, wie unterschiedliche Rahmenbedingungen auf das Wachstum des Ingwers wirken.
Während die Blätter des Ingwers – das Rhizom wächst dicht unter der Erde – im Folientunnel gerade einmal bis zu den Knien reichen, ist die Pflanze im Gewächshaus aus Glas mehr als doppelt so hoch. Der Grund: Im Glashaus herrscht Tag und Nacht eine Temperatur von 20 Grad Celsius. Eine Hochdrucknebelanlage sorgt durchgehend für eine hohe Luftfeuchtigkeit. Sie liegt bei 55 Prozent. Birgit Rascher weiß: Die Pflanze fühlt sich in einer tropischen oder subtropischen Umgebung am wohlsten.
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