Urlaub am Meer? Vor allem an der deutschen Küste

16.5.2020, 07:54 Uhr
Urlaub am Meer? Vor allem an der deutschen Küste

© Jens Büttner/dpa

Ruhe, Robben, Radwege: die Ostfriesen-Insel Borkum ist eine lässige Alternative für meeressüchtige Großstädter. Sie liegt direkt an der holländischen Grenze, 30 Kilometer vor der Küste. „Wir haben Hochseeklima!“, strahlt die Dame vom Verkehrsbüro, und erklärt: Die Luft ist allergenfrei, das Salz tut Nase, Lunge und Haut gut. Die Urlauber kommen vor allem wegen des 26 Kilometer langen und bis zu 500 Meter breiten Strandes. Wem der Trubel zu viel ist, der wandert oder radelt über 130 Kilometer markierte Wege, durch Wiesen und Dünen an der Inselnordseite entlang.

Nordsee ohne Trubel: das ist Ostfriesland. Das Festland hinter den ostfriesischen Inseln mag nicht so berühmt sein wie die Inseln davor. Dafür ist es gut erreichbar und super kinderfreundlich. Zu sehen gibt es da saftige Wiesen bis zum Horizont, schwarzbunte Kühe, gewohnt wird in Backsteinhäusern mit gemütlichen Ferienwohnungen. Ja, und Strand findet sich auch am Küstenknick namens Wangerland. Zum Meer steigt man nur einmal kurz über den Deich, auf dem pittoresk die Schafe weiden. Aber wo ist das Wasser? Bei Ebbe zieht es sich kilometerweit zurück und gibt den Blick frei auf den Nationalpark Wattenmeer.

Sand? Den gibt es auf Pellworm nicht. Dafür besitzt die Marschinsel südlich von Amrum und Föhr mehrere grüne Strände mit Strandkörben auf saftigen Wiesen. Wie ein riesiger grüner Teller liegt Pellworm in der Nordsee, umgeben von einem acht Meter hohen und 28 Kilometer langen Deich. Da leben doppelt so viele Schafe wie Menschen. Bei Flut steigt man über kleine Treppen ins Wasser, bei Ebbe wird das Wattenmeer erkundet. Oder man radelt über die Insel. Die Sehenswürdigkeiten sind allerdings schnell abgehakt: ein paar Krabbenkutter im Hafen von Tammensiel, die Alte Kirche aus dem 11. Jahrhundert und der 1906 erbaute, 38 Meter hohe Leuchtturm. Selbst im Hochsommer ist herrlich wenig los.

Das Wetter: Die ganze Ostsee hält es in Atem, im Ferienzentrum Weißenhäuser Strand hat man es einfach ausgesperrt. Dünen-Passage nennt sich die Flanier- und Kaffeehaus-Zone zwischen Wellenbad und Restaurant-Trakt, in der die Palmen auch bei Zähneklapper-Klima wachsen und gedeihen. Selbst wenn der Regen von oben aufs Glasdach trommelt, wandelt man unten vom Jazz-Frühschoppen zur 157-Meter-Wasserrutsche im subtropischen Badeparadies mit Wildwasserkanal und Badegrotte. Draußen liegt ein kilometerlanger Sandstrand. 500 Meter dahinter duckt sich die niedrige Ferienhaus-Anlage in sanft geschwungene Dünen.

Wohin fuhren schon manche Großeltern zur Sommerfrische? Richtig: nach Dahme. Es tut gut, dass es noch Orte gibt, die sich diesen einfachen Charme erhalten haben. Natürlich hat man heute das moderne Bewegungsbad, Tennis-, Kite- und Segelschule. Aber im Prinzip ist Dahme das Familienbad von einst geblieben. Sandburgenbauen ist hier noch geduldet; und wenn die Eltern mal allein sein wollen, dann kümmert sich ein Gästekindergarten um die Kleinen. Die Erwachsenen schlendern währenddessen die See-Promenade mit ihren reetdach-bemützten Cafés und Läden entlang (sogar die Toilettenhäuschen sind mit Reet gedeckt), marschieren hinaus auf die Landungsbrücke oder wandern zur Steilküste und zum Leuchtturm, in dem man heiraten kann.

So romantisch kann Deutschland sein: Nur 30 Kilometer sind es von Lübeck nach Boltenhagen. Die Straße führt durch kleine Dörfer mit liebevoll restaurierten Fassaden in die Villensiedlung im Wald. Dort weicht die wilde Steilküste einem badewannenflachen, vier Kilometer langen feinsandigen Strand. Selbst Kleinkinder können dort gefahrlos planschen, denn auch nach hundert Metern reicht das Wasser kaum bis zum Bauch. Und dann geht es ganz weit raus aufs Meer: Die 290 Meter lange Seebrücke ist die große Attraktion des unprätentiösen Familienbads. Wohl dem, der in diesem Urlaub sein Fahrrad dabei hat. Denn der typisch mecklenburgische Grüngürtel zwischen Strand und Ort ist hier besonders breit, auf den beiden Promenaden radelt es sich wie durch einen Tunnel aus Laub. Östlich des Ortsstrands wölbt sich die Küstenlinie zum Naturschutzgebiet Tarnewitz.

Tuut – die Bäder-Dampflok Molli rollt, von Bad Doberan kommend, in den Bahnhof von Kühlungsborn ein. Auch touristisch hat Mecklenburgs größtes Seebad Dampf gemacht. Hier findet sich das umfangreichste Aktivprogramm und die dichteste Kneipenszene der Küste. Perfekt sanierte Häuser im Stil der Bäderarchitektur zwischen modernen Apartmentanlagen mit viel Grün prägen das Ortsbild. Die Strandpromenade ist mit knapp vier Kilometern eine der längsten Deutschlands. Nahe dem Jachthafen führt die Seebrücke 240 Meter hinaus aufs Meer. Dort legt das Motorschiff Baltica an und lockt zu Fahrten in Richtung Warnemünde oder Rerik. Dass Kühlungsborn aus drei Orten zusammengewachsen ist, merkt man nicht nur an den langen Wegen: Es gibt alles dreifach, sogar die Hundebadestrände. Nebenan leuchtet die Weiße Stadt am Meer, das heutige Luxushotel Heiligendamm.

Urlaub am Meer? Vor allem an der deutschen Küste

© Knut Niehus/www.imago-images.de

Küste oder Insel? Fischland heißt der schmale Streifen Sand zwischen Bodden und offenem Meer im Übergang von Mecklenburg auf Vorpommern. Jeden Winter holt sich die Natur ein Stück Land zurück. An der schmalsten Stelle, sozusagen der Gräte des Fischlands, duckt sich ein Dorf zwischen die Dünen: Ahrenshoop. Mit seinen wunderbar erhaltenen Reetdachhäuschen, dem feinen Sand und den Dünen zog das Bilderbuchdorf schon vor mehr als hundert Jahren Künstler aus ganz Deutschland an. Bert Brecht und Anna Seghers saßen hier im Strandkorb. Das Kunstmuseum Ahrenshoop versammelt zahlreiche vor Ort entstandene Werke, zahlreiche Ateliers und Galerien vertiefen die Inspiration und das besondere Flair des Ostseebads. Über das vielseitige Programm informiert der knallblau gestrichene Kunstkaten. Richtung Prerow beginnt gleich hinterm Ortsschild der Nationalpark Vorpommersche Boddenküste mit dem einzigartigen Darßwald.

Urlaub am Meer? Vor allem an der deutschen Küste

© Matthias Niese

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