"Warum kochen sich Bergsteiger keine Spaghetti?"

12.8.2016, 18:24 Uhr
Abendstimmung auf Schloss Sigmundskron. Reinhold Messner sitzt neben der Feuerschale und plaudert über sein Leben. Die Besucher hören gebannt zu.

© Peter Ehler Abendstimmung auf Schloss Sigmundskron. Reinhold Messner sitzt neben der Feuerschale und plaudert über sein Leben. Die Besucher hören gebannt zu.

„Warum kochen sich Bergsteiger auf ihrer Expedition keine Spaghetti?“ fragt ein Schuljunge. Ein anderer setzt mit der Frage nach, ob es stimme, dass er viele Zehen verloren habe? Eine Urlauberin aus Deutschland will wissen, was er als Extremkletterer anders gemacht und dafür überlebt habe, als viele Bergsteiger seiner Zeit? Drei von unzähligen Fragen, die Reinhold Messner, der sein Leben lang an Grenzen gegangen ist, bereitwillig im Schein der lodernden Feuerschale beantwortet.  „Kletterer müssen am Berg bei ihrer Expedition viel trinken“, sagt er. Essen sei dagegen wichtig im Basislager.

Nudeln machen würde auf dem Mount Everest ohnehin wenig Sinn machen. Auf dem höchsten Berg der Welt kocht in einer Höhe von über 8800 Metern das Wasser schon bei 70 Grad und nicht erst bei 100 Grad im Topf wie zu Hause. Denn Moleküle des Wassers brauchen in der Höhe weniger Energie, um in die Luft zu entweichen, und "Kochen“ bedeutet eben genau das. Spaghetti müssen aber mindestens 100 Grad heiß sein, um gar zu werden.

Knapp zwei Stunden nimmt sich der 71-Jährige in seinem Schloss Zeit und beantwortet auch geduldig die Fragen nach Verletzungen, Entbehrungen und Erfahrungen in der Todeszone. „Zum Glück habe ich Angst. Wenn ich keine Angst hätte, wäre ich heute nicht da“, sagt Messner.

Von Abenteuern und Aufgaben

Fasziniert hören einige hundert Besucher dem Hausherrn zu, der salopp gekleidet und Sportschuhen auf einem knorrigen Holzstamm den Platz einnimmt. Die Gäste sitzen hinter dem mächtigen Bugmauern auf einer abschüssigen Wiese, während Messner neben einer großen Feuerschale im Licht der Flammen von seinen Abenteuern und Aufgaben erzählt. Schon als Fünfjähriger habe er mit seinem Vater den ersten Dreitausender bestiegen. Während seiner Zeit als Lehrer im nahen Eppan habe er dann an den wuchtigen Mauern des Schlosses trainiert.

Die Besucher sind bunt gemischt. Ein Südtiroler Bauer kommt offenbar direkt aus dem Weinberg, hat sogar noch die für die Region typisch blaue Schürze um, Urlauber aus Deutschland mischen sich ebenso unter die Gäste wie Besucher aus den anderen Landesteilen Italiens, für die es aber eigene Angebote in Landessprache gibt.

Beim lockeren Gespräch steht der berühmte Südtiroler auch Rede und Antwort zu seinen sechs Museen: „Jedes Museum ist in sich geschlossen, und doch ist das Ganze mehr als die Summe seiner Teile." Das Herzstück sei Firmian. Lange Zeit hatte sich niemand um das Schloss Sigmannskron gekümmert, das er vor zehn Jahren so eindrucksvoll ausgebaut hat. Es thematisiert inzwischen die Auseinandersetzung Mensch-Berg.

© Peter Ehler

Zwischen Schlern und Texelgruppe draußen – Kunst, Installationen, Reliquien drinnen – gibt die großräumige Anlage einen Parcours vor, bei dem – geht man diesen als Besucher komplett ab, immerhin rund 450 Höhenmeter zu überwinden sind, was manchen Besucher zwischen Stahlstegen und Wendeltreppe doch mächtig aus der Pust bringt. Die Wege, Treppen, Türme führen aus der Tiefe der Gebirge, wo Entstehung und Ausbeutung der Berge nachvollziehbar werden, über die religiöse Bedeutung der Gipfel als Orientierungshilfe und Brücke zum Jenseits, bis zur Geschichte des Bergsteigens und zum alpinen Tourismus unserer Tage.

Sein 15. Achttausender

„Wir sind ein Bewegungsraum zum Thema Berg, wo Geschichten erzählt werden – das unterscheidet uns von anderen Museen. Wir sind kein Kunst- oder Naturmuseum. Ich wollte dem Berg als kultureller Erscheinung eine Bühne geben, das war mir wichtig.“ Als Felskletterer, Expeditionsbergsteiger, Pol- und Wüstendurchquerer hat er schließlich vier Jahrzehnte lang an den äußersten Rändern der Erde Erfahrungen gesammelt, die er heute in die Gestaltung seiner einzigartigen Museumskette zum Thema Berg einbringt – ein Projekt, das Messner selbst als seinen 15. Achttausender bezeichnet.

Informationen:

Nächsten Termine: 16., 23. und 30. August 2016.
Zu jedem Gespräch am Feuer kann das Museum ab 19 Uhr besichtigt werden. Mit einsetzender Dämmerung um 21 Uhr erzählt Reinhold Messner aus seinem Leben. Die Veranstaltung findet bei jeder Wetterlage im Freien statt. Sitzunterlage sollten Besucher selbst mitbringen. Der Eintritt kostet 15 Euro. Die Museummobilcard wird bei der Abendveranstaltung nicht angenommen. Kinder bis 14 Jahren haben freien Eintritt. Das Museum ist außerhalb der Abendveranstaltungen bis zum zweiten Sonntag im November von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Donnerstag ist Ruhetag.
www.messner-mountain-museum.it
 

 

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