"Migranten vergasen": Früherer AfD-Sprecher schockiert in ProSieben-Doku

NÜRNBERG - In einer aufwändigen Recherche ist es Journalisten des Senders ProSieben gelungen, einen tiefen Einblick in die rechte Szene in Deutschland zu bekommen. Die zweistündige Doku zeigt, dass stramme Nationalisten und Neonazis in Teilen der Republik immer breiter und selbstbewusster auftreten. Besonders verstörend: Die Aussagen eines AfD-Mannes, wonach man aufgenommene Migranten später immer noch erschießen oder vergasen könne.

Wie groß und wie tief ist der braune Sumpf im Land wirklich? Diese Frage hat sich das Team rund um den Filmemacher Thilo Mischke gestellt und 18 Monate lang dazu recherchiert. Im Umfeld der rechten Rockszene, bei Kampfsportvereinen sowie rechten Bloggern und Influencern. Herausgekommen ist der bemerkenswerte Beitrag "ProSieben Spezial: Rechts. Deutsch. Radikal."

Zitiert wird darin unter anderem Stephan Kramer, Chef des Verfassungsschutzes in Thüringen: "Man geht aus der Deckung, man ist selbstsicher", schildert er die Verhältnisse und fügt hinzu, dass er sich mittlerweile "ernsthafte Sorgen um unsere Demokratie" mache.

Entlarvende Fragen

Geschickt stellt Mischke Fragen an diverse Protagonisten, die ihm begegnen und sich erst im Ungefähren bewegen, dann aber doch zu klaren Aussagen hinreißen lassen, welche ihre wahre Gesinnung erkennen lassen. Zu sehen ist ferner, wie sehr der Versandhandel mit rechten Werbeartikeln boomt. Oder der Betreiber eines Kampfsportstudios, der keinen Hehl aus seiner politischen Gesinnung macht.

Der vielleicht stärkste Moment des Films ist eine Passage, in der ein Politiker der AfD knallhart rechtsextreme Äußerungen trifft - in einem Moment, in dem er sich unbeobachtet fühlt: Mischke und sein Team sind im Hintergrund dabei, als sich die rechte YouTuberin Lisa Licentia mit Christian Lüth, zu diesem Zeitpunkt Pressesprecher der AfD-Bundesfraktion, in einer Bar in Berlin trifft. Was er nicht weiß: Sie will aus der Szene aussteigen, arbeitet mit dem ProSieben-Team zusammen.

AfD-Sprecher fristlos entlassen

Dort sagt der Lüth beispielsweise: "Je schlechter es Deutschland geht, desto besser für die AfD. Das ist natürlich scheiße, auch für unsere Kinder. (…) Aber wahrscheinlich erhält uns das." Alles sei in der Partei darauf ausgerichtet, dass man erfolgreich sei, das Land sei ihm erst mal egal. An anderer Stelle hört man ihn sagen: "Wir können die (Migranten, d. Red.) nachher immer noch alle erschießen. Das ist überhaupt kein Thema. Oder vergasen, oder wie du willst." Der Sender versichert, dass ihm eidesstattliche Erklärungen von Menschen vorliegen, die das so mitgehört hätten.

Am Montagnachmittag verkündete die AfD-Bundestagsfraktion die fristlose Entlassung ihres früheren Sprechers Christian Lüth. Fraktionschef Alexander Gauland habe die Entscheidung in der Fraktionssitzung verkündet, sagte ein Sprecher am Montag der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.

Die Sendung "Rechts. Deutsch. Radikal" wurde am Montagabend, 28. September, um 20.15 Uhr auf ProSieben ausgestrahlt und ist hier als Stream verfügbar.