Warum Brandschutz in Kirchen nie perfekt sein kann

9.8.2014, 06:00 Uhr
In der Nacht zum 5.Juni wurde die eng umbaute Marthakirche an der Königstraße durch einen Großbrand zerstört. Mittlerweile läuft der Wiederaufbau.

© Michael Matejka In der Nacht zum 5.Juni wurde die eng umbaute Marthakirche an der Königstraße durch einen Großbrand zerstört. Mittlerweile läuft der Wiederaufbau.

„Der Schreck über das vernichtende Feuer in St. Martha sitzt bei mir tief“, gesteht Claudia Voigt-Grabenstein, Pfarrerin von St. Lorenz. Vor über einem Jahrzehnt qualmte es übrigens auch in der Lorenzkirche: „Brandstifter hatten die Chormäntel der Schola im Außenturm angezündet“, sagt die Pastorin, „wir wissen nicht, wer es war und wie derjenige in den abgeschlossenen Bereich gekommen ist.“ Beunruhigend ist das, auch wenn es längere Zeit zurückliegt.

Höchster Alarm beim Turm

Die evangelisch-lutherische Gemeinde ließ später ein Brandschutzkonzept für die Lorenzkirche erarbeiten, das nun im Entwurf vorliegt. Architektin Marisia Conn hat die Fluchtwege im Gotteshaus vermessen, nach veralteten Stromkabeln gefahndet und Vorschläge für die Abschottung des Dachraums erarbeitet. „Vieles lässt sich im Kirchenschiff organisatorisch regeln“, meint Conn, „externes Personal sorgt bei Konzerten und anderen Veranstaltungen für Sicherheit.“ Die Türme bilden eigene Brandabschnitte — wenn hier allerdings Feuer aufflackert wie der Nordturm 1865, dann besteht höchster Alarm.

Die Rettung von Menschen sei weniger das Problem, erklärt die Architektin. Die Fluchttüren seien in höchstens 30 Meter Entfernung erreichbar. Schwierigkeiten habe man mit der Bergung des Kunstguts: Daher wurde eine Liste erarbeitet, in welcher Reihenfolge Altarflügel, Taufbecken, Totenschilde, oder der weltberühmte „Englische Gruß“ von Veit Stoß im Notfall ins Freie gebracht werden.

Ein Sachverständiger soll nun das neue Brandschutzkonzept prüfen. Dann geht es an die Landeskirche, die letztlich die Finanzierung sicherstellen muss. Über die Kosten kann Architektin Conn nichts sagen.

Kein Sprinkler für Pergament

Beim Um- und Neubau der Zentralbibliothek am Gewerbemuseumsplatz spielte Brandschutz eine wesentliche Rolle. Als das 30-Millionen-Euro-Projekt im Oktober 2012 eröffnet wurde, hatte man natürlich an die Sprinkleranlagen im öffentlichen und im nicht- öffentlichen Bereich gedacht. Automatische Rauchmelder in allen Ebenen sind selbstverständlich, Brandschutztüren sollen das Feuer stoppen.

Doch die wertvollen mittelalterlichen Bestände, die einzigartigen Handschriften aus den Nürnberger Klöstern, kann man nicht mit einer Sprinkleranlage sichern: Das Wasser würde die Pergament-Codices schwer schädigen, die Tinten zum Verlaufen bringen, die Malerei zerstören.

Also sind zwei Magazine mit den Schätzen der Buchkunst durch eine Edelgas-Löschanlage für 220.000 Euro geschützt: Austretender Stickstoff senkt den Sauerstoffgehalt der Luft, so dass die Flammen ersticken. Zuvor machen optische und akustische Signale auf den Einsatz des Gases in dem nicht-öffentlichen Magazin aufmerksam.

„Es bleibt trotzdem genug Sauerstoff im Raum, so dass ein Mensch dort überleben kann“, erläutert Rita Kamm-Schuberth, Pressesprecherin des Bildungscampus, auf die Frage, ob eine derartige Technik nicht auch für die Mitarbeiter gefährlich ist. Kunden der Stadtbibliothek kommen ohnehin nicht in diesen Bereich.

Auf den Laufkarten der Feuerwehr sind die entsprechenden Wege hinterlegt und die Edelgas-Löschanlage gekennzeichnet. Die städtischen Brandbekämpfer besitzen Unterlagen zu allen wichtigen Gebäuden Nürnbergs, um sich dort sofort zu orientieren und handeln zu können.

Dachstuhl brennt wie Zunder

Auch bei der Kaiserburg macht man sich Gedanken, wie ein vernichtendes Feuer vermieden werden kann. Schließlich würden die knochentrockenen Hölzer von Dachstühlen und Wehrgängen wie Zunder brennen. Ein generelles Feuerwerksverbot an Silvester (und natürlich auch sonst) gibt es seit Jahren. Das habe sich bewährt, meint Thomas Rainer, Pressesprecher der bayerischen Schlösser- und Seenverwaltung. Bei der Neugestaltung der Kaiserburg vor einem Jahr wurden ein Rauchansaug-System mit akustischer Warnung installiert, automatische Brandschutztüren eingebaut und Rauchmelder entlang der neuen Führungslinie im Palas gesetzt. Die Berufsfeuerwehr schult ihr Personal außerdem durch laufende Begehungen und regelmäßige Übungen vor Ort, so Rainer.

Im Germanischen Nationalmuseum existiert eine flächendeckende Brandmeldeanlage: Die 25.000 Quadratmeter Ausstellungsfläche sind abgesichert. Für die Eingangshalle, Café und Verwaltung existiert eine Sprinkleranlage, für die Säle mit Bildern und Skulpturen nicht: Hier muss die Feuerwehr anrücken. Beim im Bau befindlichen, vierstöckigen Tiefdepot wird wie im Magazin der Stadtbibliothek eine Edelgas-Anlage eingerichtet.

Die unbezahlbare Sammlung des GNM ist zwar insgesamt versichert. Doch was heißt das schon bei den heutigen Auktionspreisen, die sich zu immer neuen, schwindelerregenden Rekorden hochschrauben? „Versicherungswert und Marktwert sind unterschiedlich“, räumt Pressesprecherin Sonja Mißfeld daher auch ein. Damit die GNM-Mitarbeiter im Falle eines Feuers wissen, wie sie sich retten können, gibt es eine Schulung und zwei praktische Übungen pro Jahr.

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