«Genussregion Oberfranken»: Von Bamberger Hörnla und Seelspitzen

22.12.2008, 00:00 Uhr
«Genussregion Oberfranken»: Von Bamberger Hörnla und Seelspitzen

© Horst M. Auer

Als in Bayern 1918 die Monarchie zu Ende ging, änderten etliche renommierte Geschäfte und Gewerbetreibende ihren Namen: Ohne «Hof» waren auch die königlich-bayerischen Hoflieferanten in München und anderen Landesteilen eigentlich überflüssig geworden. Doch selbst heute werben noch Firmen mit dem einstmals begehrten Titel. Beispielsweise die traditionsreiche Hofbäckerei im Bamberger Stadtteil Sand.

Von dort aus sollen noch vor hundert Jahren «Bamberger Hörnla» in einer Ledertasche nach München an den Hof gebracht worden sein. Das älteste Backhaus in der Domstadt, die Hofbäckerei mit dem ungewöhnlichen Lieferservice, hat bis heute überlebt. Seine Geschichte reicht bis ins Jahr 1427, wahrscheinlich sogar bis 1396 zurück.

Hörnchenkrieg vor Gericht

Seit 1912 ist die Bäckerei im Besitz der Familie Seel. Mit Alfred Seel, Bäckermeister und stellvertretender Obermeister der Innung, steht die vierte Generation in der Backstube. Der 44-Jährige kennt sie alle, die Erzählungen und Legenden, die sich um das Kultgebäck mit der unverwechselbaren Form, das Bamberger Hörnla, ranken.

Etwa die Geschichte vom Hörnchenkrieg, den das Landgericht 1977 mit der eindeutigen Feststellung entschied: «Bamberger Hörnchen müssen mit reiner Butter gebacken werden.»

Das macht jeder namhafte Bäcker nach seinem eigenen, streng gehüteten Familienrezept. 16 Backbetriebe gibt es im Zeitalter wachsender Konkurrenz durch Großbäckereien noch in Bamberg - laut Seel doppelt so viele wie im größeren Erlangen. 529 Bäckereien und Konditoreien sind es in ganz Oberfranken. Damit sieht sich die Region - bezogen auf die Einwohnerzahl - weltweit an der Spitze.

Auch das macht dem Landstrich keiner nach: Pro Einwohner gibt es so viele Metzgereien wie nirgendwo sonst. Damit verbunden ist eine unglaubliche Vielfalt an Spezialitäten und kulinarischen Genüssen. Zu den Klassikern zählen Bratwürste, ob fein oder grob, dick oder dünn. Charakteristisch für den oberfränkischen Brotzeitteller sind Presssack, Ziebeles-Käse und Zwetschgenbames. Auf den Speisekarten der Landgasthöfe stehen Krenfleisch und Schäuferla (in Oberfranken heißt das so), dazu Lamm, Ente und Gans.

Zur besseren Vermarktung war 2007 die «Genussregion Oberfranken» gegründet worden. Ihre Mitglieder verzichten auf Gentechnik und achten darauf, dass Rohstoffe und Zutaten aus der Region kommen. Darauf legen auch Alfred Seel und seine Bäckerkollegen großen Wert. Der 44-Jährige schätzt, das 80 Prozent des Bamberger Roggen- und Weizenmehls aus Mühlen im Umland kommen. Die Mühlen wiederum beziehen ihr Getreide zu rund 95 Prozent von Bauern aus der Region.

Seel stellt eine Rückbesinnung auf überlieferte Rezepturen und auf handwerkliche Herstellungsweisen fest: Neun von zehn Betrieben machen wieder ihren eigenen Sauerteig, Fertigmischungen sind immer weniger gefragt. Ein besonderes Qualitätsmerkmal der Region ist der höhere Anteil von Roggenmehl in den meisten Sorten des deswegen dunkleren Brotes mit seiner ausgeprägten Kruste.

Große Auswahl

Beim Feingebäck ist die Auswahl riesengroß. Aus dem gleichen Teig wie die Bamberger Hörnla sind die wegen ihrer Form so genannten «Eierringe», die länglich gerollten und zu Adventspunsch gereichten «Punschstangen» und die «Seelspitzen», die es früher nur zu Allerseelen gab, die aber nach dem Bäcker benannt sind. Typisch für Oberfranken sind die «Geschnittenen Hasen», eingeschnittene und in Fett herausgebackene Fladen aus Mürbteig.

Aus weißem Brötchenteig werden im Raum Bamberg die Salzbrezen gemacht - Gegenstück zu den Bayreuther Anisbrezen. Einige Bäcker stellen noch «Berches» her, ein im Ursprung jüdisches Gebäck. Brötchen oder Semmeln heißen in Bamberg «Kipfla», «Laabla» und «Weckla».

Und immer wieder das goldbraune, sichelförmige Gebäck mit den beiden spitz zulaufenden Enden. Bereits 1483 soll es hinter der Martinskirche einen «Hörnleinsbeck» gegeben haben.