Soft-Maker: Büro-Programme made in Nürnberg

3.6.2013, 07:00 Uhr
Kaufte 1987 seinen ersten PC: Martin Kotulla.

© Christian Urban Kaufte 1987 seinen ersten PC: Martin Kotulla.

Alles begann mit einer nicht funktionierenden Backspace-Taste. 1987, als die meisten Menschen Computer nur aus dem Fernsehen kannten, kaufte sich der frischgebackene Abiturient Martin Kotulla seinen ersten PC — unter anderem zur Textverarbeitung.

Das damals weit verbreitete Programm „Wordstar” tat allerdings nicht immer das, was Kotulla wollte: „Immer wenn ich die Backspace-Taste gedrückt habe, hat das Programm kein Zeichen gelöscht, sondern nur den Cursor nach links bewegt. Das hat mich einfach geärgert.” Heute weiß er, dass das an einem simplen Konfigurationsproblem lag — damals aber schrieb er kurzerhand sein eigenes Textverarbeitungsprogramm. Eigentlich nur zum Eigenbedarf.

Doch nach nicht allzu langer Zeit erkannte Kotulla das Potenzial seines Programms. Besonders in der Frühzeit der Heimcomputer war Textverarbeitung für die Anwender ein teurer Spaß: Microsoft Word kostete damals rund 3000 DM. Also schaltete Kotulla Anzeigen in gängigen Computermagazinen und brachte sein eigenes Programm auf den Markt. 148 DM verlangte er für TextMaker 1.0 — nicht nur im Vergleich zur damals schon übermächtigen Konkurrenz aus den USA ein absoluter Kampfpreis: „Für die Zeit war das wirklich unverschämt günstig”, räumt er grinsend ein. Und der Erfolg gab ihm Recht. Die Firma SoftMaker war geboren.

Gewichtiges Argument

Das Interesse der Anwender an der erschwinglichen Software war groß. Rund anderthalb Jahre konnte Martin Kotulla das Geschäft noch alleine stemmen, dann war das Arbeitspensum so sehr gewachsen, dass er seinen ersten Mitarbeiter einstellen musste.

Neben dem günstigen Preis war dafür auch die Vielseitigkeit der Software verantwortlich: Kotulla beschränkte sich mit seinen Programmen nicht auf ein einziges Betriebssystem, sondern bot sie auch für andere, seltener genutzte Systeme an. Möglich war das, weil die SoftMaker-Programmcodes auf allen Plattformen zu 99 Prozent identisch sind — nur ein winziger Teil muss für das jeweilige Betriebssystem umgeschrieben werden. „So können wir unsere Software immer auch leicht für Plattformen anpassen, die nur wenig genutzt werden”, erklärt Kotulla.

Dankbarer Konkurrent

Dafür war einst sogar der große Konkurrent Microsoft dankbar. Als um die Jahrtausendwende die ersten PDAs mit dem Betriebsystem Windows CE auf den Markt kamen, lieferte Microsoft die Geräte zwar mit einer eigenen Version ihres Office-Pakets aus, diese war allerdings kaum zu gebrauchen. Die Office-Variante von Softmaker allerdings funktionierte gut, so dass Microsoft dank der Nürnberger Firma mit der vollen Office-Funktionalität seines Betriebssystems werben konnte. Ein gewichtiges Argument im Kampf mit dem mittlerweile in Vergessenheit geratenen Konkurrenten Palm.

Diese Flexibilität könnte auch jetzt wieder zum großen Vorteil von SoftMaker werden. Die Verkaufszahlen von Windows 8 enttäuschten, der PC-Markt befindet sich im Sturzflug. Mobile Geräte wie Smartphones oder Tablets hingegen werden immer wichtiger. Hierbei setzt SoftMaker besondere Hoffnungen in das Betriebssystem Android. Schließlich gibt es für Android bislang kein Office-Paket von Microsoft, wodurch die Nürnberger lediglich mit kleineren Anbietern konkurrieren.

Und die Rechnung scheint aufzugehen: Zwar gibt es die verschiedenen SoftMaker-Produkte erst seit kurzer Zeit auch für Android, die Zuwächse seien aber jetzt schon enorm, freut sich Kotulla. In dem Bereich hat die Firma hier eine echte Chance, einen gehörigen Marktanteil zu erobern. Anders als unter Windows, wo die meisten Anwender aus Gewohnheit zu Microsoft-Produkten greifen: Hier liegt der Marktanteil „irgendwo im einstelligen Prozentbereich”, wie der Nürnberger einräumt.

Die Zeichen stehen also auf Wachstum. In 16 Sprachen wurden Textmaker, das Tabellenkalkulationsprogramm PlanMaker und das PowerPoint-Pendant Presentations mittlerweile übersetzt, bald sollen es 40 sein. Mit der Konzentration auf ausländische Märkte dürfte auch die Stammbesetzung der Firma bald wieder ein wenig wachsen. 23 feste Mitarbeiter hat SoftMaker derzeit — ein internationales Team, das neben Deutschen zum Beispiel auch aus Slowaken, Bulgaren und einem Chinesen besteht. Das hat auch Auswirkungen auf den Arbeitsalltag: Sämtliche Unterhaltungen im Büro finden auf Englisch statt.

Selbst in die Tasten greifen muss Martin Kotulla mittlerweile übrigens nicht mehr — zumindest nicht als Programmierer. Mit der Leitung seiner Firma hat er genug zu tun.

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