Sozialgericht Nürnberg bietet künftig Mediation an

16.2.2010, 00:00 Uhr
Sozialgericht Nürnberg bietet künftig Mediation an

© Colourbox.com, Symbolbild

Klagen zum Kranken-, Eltern- und Arbeitslosengeld, zur Rente, zu Arbeitsunfähigkeit und zu Hartz-IV–Leistungen: Einfach sind die Fälle um öffentlich-rechtliche Streitigkeiten am Sozialgericht nicht, und manchmal beißen sich die Kammern, bestehend aus einem Berufs- und zwei Laienrichtern, auch die Zähne aus. Und dabei geht es nicht nur um Intensivkläger, die sich mit der Arge um jede Briefmarke streiten – oft ist das Verhältnis zwischen den Streitparteien angespannt.

Der Bürger fühlt sich von der Behörde gegängelt, die Beamten verschanzen sich – zu ihrem eigenen Schutz – hinter Vorschriften und Paragrafen. «Ich habe Recht und die sind schuld» beherrscht auf beiden Seiten die Denkweise.

Günstig und vertraulich

Dazu kommt: Um nach den Buchstaben des Gesetzes entscheiden zu können, ist es für die Richter meist nicht nötig, im Sitzungssaal jede Partei so ausführlich zu Wort kommen zu lassen, wie diese es gerne hätten. Die Folge: Urteile bestimmen Sieger und Verlierer, doch nach dem Prozess haben Bürger und Behörde weiterhin miteinander zu tun. Das Urteil wird zum Nährboden für den nächsten Streit.

«Oft steckt viel mehr dahinter – auch wenn im Prozess nur ein konkreter Streitwert verhandelt wird», sind sich Nenad Beyer, Günter Merkel und Dieter Pasternak sicher. Die drei Richter haben die Mediatorenausbildung absolviert. Künftig sitzen sie zwar weiterhin im Sitzungssaal, aber eben auch – in ihrer Freizeit! – am runden Tisch in einem Büro des Versorgungsamtes. Denn die Mediationsverfahren haben mit juristischen Urteilen wenig gemein und dies soll auch räumlich sichtbar werden.

Keine Obrigkeitslösung im Angebot

Die Vorteile: Der Richtermediator ist nicht der Entscheider, sondern für alle Parteien da. Als Mediatoren müssen die Richter Beyer, Merkel und Pasternak weder die starren Regeln der Prozessordnung beachten noch eine Obrigkeitslösung anbieten. Im Gegenteil: Der Konflikt wird gemeinsam gelöst, die Hintergründe werden thematisiert und die Parteien entwickeln selbst die Lösung für ihren Fall. Einzige und wichtigste Voraussetzung: Beide Seiten müssen bereit sein, auf ihr Gegenüber zuzugehen.

Beantragen können alle Verfahrensbeteiligten die Mediation, eine kurze Mitteilung an das Sozialgericht genügt. Übrigens: Auch wenn das Gespräch scheitert – es bleibt beim Prinzip Vertraulichkeit, auch wenn die Beteiligten keine Lösung finden und das Verfahren im Gerichtssaal weitergeführt wird.

Münchner Modellprojekt

In München startete bereits vor einigen Jahren ein Modellprojekt, das seit Anfang 2007 vom Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Sozialrecht wissenschaftlich begleitet wurde.

Die Studie «Mediation in der bayerischen Sozialgerichtsbarkeit» kommt zu einer deutlichen Erfolgsquote von 80,2 Prozent.

Sozialgericht, Weintraubengasse 1, 90403 Nürnberg. http://www.lsg.bayern.de