Das Peace-Zeichen ist eine Todesrune

20.12.2008, 00:00 Uhr
Das Peace-Zeichen ist eine Todesrune

© epd

Nur eine einzige Rune steht außerhalb der braunen Kreise – weil fast niemand weiß, dass das weltweit gebräuchliche Peace-Zeichen eigentlich eine Rune ist. Sie ist das Symbol des Todes. Ein stilisierter, nach oben wachsender Baum bedeutet Leben beziehungsweise den Beginn des Lebens, ein umgekehrter Lebensbaum steht für das Ende.

Als Symbol der Friedensbewegung tauchte die Todesrune erstmals 1958 in London auf, beim allerersten Ostermarsch. Die «Kampagne für nukleare Abrüstung» hatte dieses Symbol gewählt, weil sie damit zeigen wollte: Atomwaffen bedeuten Tod – den Tod von Millionen.

Warum ausgerechnet eine Rune? Weil das andere, weitaus gebräuchlichere Symbol des Todes, das Kreuz, nur auf Grabsteinen und in Traueranzeigen für den Tod, genauer für das Todesdatum steht – in unserer christlichen Kultur steht es aber auch für den Sieg über den Tod, für die Wiederauferstehung, und ist überhaupt das Erkennungszeichen des Christentums und der Kirchen. Seine Verwendung verbot sich, und auf eine Rune konnte man in England und Amerika zurückgreifen, weil es dort keinen Missbrauch der Runen durch ein verbrecherisches System gegeben hatte.

Runen sind etwas ganz Besonderes: heilige Zeichen – keine gewöhnlichen Buchstaben. Zwar konnten sie als solche genutzt werden – jede der 24 Runen hatte einen Lautwert und einen magischen Symbolwert –, aber sie wurden nur für gemeißelte oder geschnitzte Inschriften, beispielsweise auf Grab- oder Gedenksteinen verwendet, nicht etwa für Briefe oder alltägliche Kommunikation.

Gab es denn schon Briefe, als die Germanen Runen benutzten? Ja, denn die Runen sind keineswegs so alt, wie manche Leute glauben. Erst aus der Zeit kurz nach Christi Geburt sind sie nachgewiesen – da war die älteste Schrift der Welt, die Keilschrift der Sumerer, schon über dreitausend Jahre alt.

Zwischen Runen und Keilen gibt es allerdings einen bedeutenden Unterschied, denn die Keilschrift wurde zu ganz banalen Zwecken erfunden. Ihre Erfinder und ersten Benutzer waren Buchhalter! Sprich Steuereintreiber, Händler, Lagerverwalter und Erbsenzähler im wahrsten Sinne des Wortes. Die allerersten Träger der Schrift, die Tontafeln, sind zumeist Inventarlisten. Profaner geht es nicht – aber Buchführung musste sein.

Ganz anders die Runen – schon allein das Wort Rune (gotisch: runa) bedeutet: Geheimnis. Damit verwandt sind die Wörter raunen und Geraune. Und als Geheimschrift ausgerechnet christlicher Mönche – vor allem im Kloster Fulda – wurden die Runen auch «konserviert», als sie im Zuge der Christianisierung, spätestens um das Jahr tausend herum, aus ganz Europa außer Skandinavien verschwunden waren. Im übrigen sind die Runen keine germanische Erfindung, denn ihr Ursprung liegt in lateinischen, griechischen und etruskischen Alphabeten, deren Buchstaben so abgewandelt wurden, dass man sie meißeln oder schnitzen konnte – deshalb gibt es keine Runen mit runden Formen.

Rund tausend Jahre lang wussten nur ein paar Gelehrte, was Runen waren. Doch gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurden sie wieder entdeckt – und auch gleich wieder magisch aufgeladen. Die Esoteriker Guido von List und Lanz von Liebenfels fanden Runen im Muster von Fachwerkhäusern, auf Wappenschildern, Grabsteinen und so genannten Hausmarken. Diese deuteten sie als Überleben germanischen Geheimwissens, welches die Kirche auszulöschen getrachtet hatte.

Diese versponnenen Ideen sollten furchtbare Folgen haben. Heinrich Himmler griff sie auf, Himmler war ein solch abergläubischer Esoteriker, dass sein «kultischer Unfug» sogar Hitler peinlich war.. Beraten wurde der Chef der SS und Architekt des Holocaust von einem hochkarätigen Irren namens Karl Maria Wiligut, der sich Weisthor nannte und den Silberring der SS entwarf, der mit Runen geschmückt war. Die verdoppelte «Sig»-Rune wurde zum Erkennungszeichen der SS. Weil unter diesem Zeichen millionenfacher Massenmord verübt wurde, ist heute in Deutschland eine «Rückkehr zu den Runen» nicht mehr möglich. Sie sind zu sehr missbraucht worden.

Ganz anders bei den Esoterikern in England und Amerika. Dort feiert die «Runenmagie», politisch unbelastet, fröhliche Urständ – oft im Zusammenhang mit «Wicca», einer Renaissance der heidnischen Religion respektive eines gemutmaßten Hexenglaubens, der «weißen Magie». Selbst ernannte Druiden nutzen Runen als Orakel. Das haben freilich auch schon die Germanen getan. Sie ritzten Runen auf Buchenäste – daher rührt unser Wort Buchstabe – , sammelten diese in einem Lederbeutel, griffen wahllos hinein und warfen eine Handvoll davon auf den Boden, um daraus die Zukunft zu lesen.

Darüber hinaus soll Runenmagie dadurch wirksam werden, dass alle Runen mit dem menschlichen Körper darstellbar sind. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis behauptet wird, dadurch könne man Krebs heilen.

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