Haus Eckstein plant besonderen Ausklang des CSD

4.8.2012, 17:00 Uhr
Haus Eckstein plant besonderen Ausklang des CSD

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Organisiert vom Queer Culture Nürnberg e.V. mit dem Evangelisch-Lutherischen Dekanat, der Eichenkreuz-Sportarbeit der Evangelischen Jugend und der deutschen Akademie für Fußballkultur, wird der Kölner Historiker seine Ergebnisse aus vier Jahren Forschung in Nürnberg präsentieren. Die NZ sprach vorab telefonisch mit dem Autor.

Wer kennt sie nicht, die Jugendzeitschrift „BRAVO“? Sie hat seit 1956 Generationen von Jugendlichen aufgeklärt. Ganz besonders zu einer Zeit, in der das Thema Sexualität in der Familie ein großes Tabu war und die Alternative Internet noch nicht zur Verfügung stand. Hier konnten die Eltern mit kontrolliertem Blick auf den Inhalt der Zeitschriftseiten notfalls noch konfiszierend eingreifen, um den „Schmutz & Schund“ des Heftes wegzusperren. Undenkbar zur heutigen Zeit, in der Jugendliche ihren Eltern zumeist einen Online-Schritt voraus sind.

„Ursprünglich wollten wir 2006 mit dem Centrum für Schwule Geschichte in Köln zum Thema ‚Coming Out – im Wandel der Zeit‘ eine Ausstellung präsentieren. Im gleichen Jahr hatte die Zeitschrift ,Bravo‘ 50 Jahre Geburtstag. Ich erkannte das Potenzial für ein Buch und die Ausstellung. Weil ich auch Zeit hatte, fing ich damit an“, erinnert sich Erwin In het Panhuis. „Bei der Aufarbeitung fand ich in den 2600 Heften rund 1000 Artikel, Beiträge, Musiktexte und Leserbriefe zum Thema Schwule und Lesben.“ Allerdings war Homosexualität bis 1969 tabu.

Mit Dr. Sommer alias Martin Goldstein und seinem Team wurde es bis 1984 besser und danach waren erstmals auch Coming-out-Berichte möglich. „Vermarktet wurde in der ,Bravo‘ zum Beispiel Elli Erl, Gewinnerin von DSDS 2004, als bisexuell. Für meine Recherche kontaktierte ich das Management von Elli und mir wurde bestätigt, dass sie eigentlich lesbisch ist“, bemerkt Panhuis. „,Bravo‘ wollte Elli für die männlichen Leser interessanter machen!“ Weil die Zeitschrift unter verschiedenen Redaktionen zusammengestellt wird, kommen mitunter kuriose Kombinationen in ein und dasselbe Heft.

„In einer breit angelegten Diskussion um das Outing von Hape Kerkeling in der Ausgabe 06/1992 kam als seriöses Ergebnis der Aufruf: ‚Lasst den schwulen Stars ihr Privatleben‘. Im gleichen Heft, ein paar Seiten weiter, wird aber gleichzeitig über die Homosexuellen-Gerüchte um Michael Jackson berichtet“, erzählt der Autor weiter. „Oder es wurden einerseits die Schwulen-Gerüchte über Sänger Limahl abgedruckt, in einer späteren Ausgabe wird der Sänger per Lesertelefon dagegen in Schutz genommen.“

Manche in der ,Bravo‘ nachzulesende Tipps erscheinen aus heutiger Sicht erschreckend. Neben anderen finden sich diese Meinung: „Bis zum 24. Lebensjahr ist die Heilbarkeit von Homosexualität zu 99 Prozent möglich“. In Zeiten von Aids-Prävention undenkbar. Die Echtheit der Leserbriefe für das Dr. Sommer-Team konnte nicht überprüft werden, weil die Redaktion die Originale nicht herausgibt.

Die Antworten von Dr. Sommer sind oft seriös

„Bei der Recherche ist aufgefallen, dass ab und zu Jugendliche als auch die ,Bravo‘-Redaktion die Fragen neu abgeschrieben haben. Wobei die Antworten immer seriös sind“, berichtet Panhuis. „Außerhalb der Dr. Sommer-Seiten schreiben die ,Bravo‘-Redaktionen oft Boulevardpresse pur. Es wird mitunter bei der Altersangabe, als auch bei den persönlichen Geschichten der Inhalt zurechtgebogen, um die Auflage des Heftes zu erhöhen.“

Übrigens wurde die Forschungsarbeit, welche als Buch sowie als Ausstellung existiert, ohne Kooperation mit der „Bravo“ erstellt. Der Autor wollte, dass die kritische Sichtweise erhalten bleibt. Zum Schluß noch ein Leserbrief-Fundstück aus dem Jahr 1970: „Ich habe immer Schwindelgefühle und Kopfschmerzen – wahrscheinlich bin ich schwul!“

Die Vortragsveranstaltung findet am Sonntag, 5. August, um 15 Uhr, im Haus eckstein, Burgstraße 1, in Nürnberg statt. Der Eintritt ist frei.
 

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