Ein kleiner Eingriff für ein großes Stück Freiheit

11.9.2017, 18:28 Uhr
Ein kleiner Eingriff für ein großes Stück Freiheit

© Uwe Anspach, dpa

Jessica Badstübner hat sich getraut. Zehn Jahre lang hatte sie Kontaktlinsen getragen, sich mit trockenen Augen und dem täglichen Wechseln und Reinigen der Linsen abgefunden. Dann wagte sie die Operation. Und es hat sich gelohnt: Sie kann scharf sehen – ganz ohne Hilfsmittel.

Die Brechkraft, also die strahlenbrechende Wirkung des Auges, wird zu etwa 75 Prozent von der Hornhaut und zu 25 Prozent von der Linse beeinflusst. Kurzsichtige Menschen haben negative, weitsichtige positive Abweichungen vom Normalwert. Mithilfe der Refraktiven Chirurgie kann die Brechkraft, die in Dioptrien gemessen wird, verändert werden.

Bei der operativen Korrektur einer Kurzsichtigkeit wird die Hornhaut in der Mitte abgeflacht, wodurch sich ihre Krümmung verringert. Bei Weitsichtigkeit wird die Hornhaut ringförmig um das Zentrum abgetragen. Dazu gibt es zwei Verfahren.

Bei der PRK, der ältesten Augenlasermethode zur Behandlung von Fehlsichtigkeit, wird die oberste Hornhautschicht, das Epithel, entfernt. Dann modelliert der Operateur die darunter liegende Schicht mit einem speziellen Laser. Das Epithel regeneriert sich in drei bis vier Tagen, doch die Wundheilung erzeugt Schmerzen.

Seit Anfang der 1990er Jahre hat sich deshalb das weitgehend schmerzfreie Operationsverfahren Lasik durchgesetzt. Die Abkürzung steht für "Laser in situ Keratomileusis", was übersetzt bedeutet, dass die Hornhaut im Auge mit Hilfe eines Lasers modelliert wird.

Bei Lasik wird eine oberflächliche Hornhautlamelle erzeugt und wie ein Buchdeckel umgeklappt, damit der Operateur die darunter liegenden Hornhautschichten mit dem so genannten Excimer-Laser bearbeiten kann. Danach wird die 150 Mikrometer dicke Lamelle (Flap) wieder zurückgeklappt. Sie saugt sich von selbst fest und dient als natürliches Pflaster. In drei bis fünf Stunden ist der kleine Schnitt verheilt.

Ein kleiner Eingriff für ein großes Stück Freiheit

© Mathias Orgeldinger

Der Flap kann mit einem Präzisionsschneidegerät (Mikrokeratom-Lasik) oder einem Femtosekundenlaser (Femto-Lasik) erzeugt werden. "Wir würden am liebsten nur die Femto-Lasik anbieten, jedoch spielt der Preis auch eine Rolle", sagt Dr. Martin von Busch, Ärztlicher Leiter der Euro-Augenlaserklinik Nürnberg-Fürth, der von der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG) als Lasik-Experte benannt wird.

"Die Mikrokeratom-Lasik kostet in Deutschland zwischen 750 und 2000 Euro pro Auge, die Femto-Lasik zwischen 2000 und 3000 Euro." Letztere habe einen größeren Anwendungsbereich. Der deutlich höhere Preis sei den höheren Anschaffungs- und Unterhaltskosten für den Femtosekundenlaser geschuldet.

Der Laserschnitt sei qualitativ besser und sicherer als ein Schnitt mit dem Messer, sagt der Augenarzt. In der Euro-Augenlaser-Klinik liege die Wahrscheinlichkeit, dass der Patient nachbehandelt werden müsse, bei fünf statt acht Prozent. Auch die Schnittkomplikationen seien mit 1 zu 10 000 deutlich geringer als beim Einsatz des Präzisionsschneidegerätes (1:500). Schließlich könnten mit der präziseren Femtolaser-Technik Flaps von 110 Mikrometer Dicke erzeugt werden, so dass mehr Hornhaut zur Modellierung übrig bleibe.

"Wie stark eine Fehlsichtigkeit korrigiert werden kann, hängt unter anderem von der Dicke, Gleichmäßigkeit und Steilheit der Hornhaut ab", erklärt von Busch. "Mit der Mikrokeratom-Lasik-Methode korrigieren wir Kurzsichtigkeit bis zu –6 Dioptrien, Weitsichtigkeit bis zu +3 und Hornhautverkrümmung bis 2,5 Dioptrien." Die Femto-Technik erlaube Korrekturen auch im Grenzbereich bei Kurzsichtigkeit von bis –10, bei Weitsichtigkeit bis +4 und bei Hornhautverkrümmung von bis zu 5 Dioptrien.

Nach welchen Kriterien eine Laser-OP medizinisch vertretbar ist, steht in den Empfehlungen der Kommission Refraktive Chirurgie (KRC) des Berufsverbandes der Augenärzte Deutschlands (BVA) und der DOG.

Ein kleiner Eingriff für ein großes Stück Freiheit

© Uwe Anspach, dpa

"Wir halten uns streng an die Vorgaben", betont Martin von Busch. Dies gelte nicht für alle Anbieter, und auch die Vor- und Nachbehandlung der Patienten sei nicht überall gleich. "Es gibt große Qualitätsunterschiede." In Deutschland werden jährlich etwa 150 000 Lasik-Operationen durchgeführt. Tendenz steigend. Keine andere Augen-OP sei sicherer, so von Busch. "Die Komplikationsrate liegt bei einem erfahrenen Operateur bei 0,1 bis 0,2 Prozent."

Wenn im Vorfeld alle Parameter beachtet werden, sind Nebenwirkungen wie eine bakterielle Entzündung, eine Vorwölbung der Hornhaut oder Halos (der Patient sieht Strahlenkränze um Lichtquellen) extrem selten. Die meisten Patienten berichten in den ersten Wochen über trockene Augen, erklärt von Busch.

Über dieses Stadium ist Jessica Badstübner längst hinaus. "Alles ist perfekt", sagt die Krankenschwester. Normalerweise betreut sie die Patienten der Euro-Augenlaserklinik bei Vor- und Nachuntersuchungen sowie während der Operation. Vor einigen Monaten hat sie sich selbst unter den Laser gelegt, um eine beidseitige Kurzsichtigkeit von 3,5 Dioptrien korrigieren zu lassen.

"Der Femtolaser braucht nur 25 Sekunden für ein Auge, nach 20 Minuten ist die OP beider Augen vorbei", sagt Badstübner. Außer einem Druckgefühl an den Augenlidern direkt nach der OP und fünf Wochen lang trockene Augen hatte sie keine Beschwerden. "Ich wache morgens auf und kann scharf sehen, einfach so. Das ist für mich ein Stück Freiheit."

Keine Kommentare