Müll als letzte Rock-Botschaft

7.6.2011, 17:37 Uhr
Müll als letzte Rock-Botschaft

© Katrin Meistring

„500 Zelte haben wir bestimmt schon aufgesammelt. Manche Besucher haben sich zum Schluss noch darin erleichtert“, sagt der Rentner, während er die Überreste eines weiteren Zeltes auf den Pritschenwagen hievt.

Zum zweiten Mal kümmert er sich nun um den Sperrmüll, den die dreitägige Kleinstadt, bestehend aus 55000 Festival-Besuchern, hinterlassen hat. Seine bisherige Bilanz ist beachtlich: 500 Zelte, ein vielfaches mehr an Campingstühlen sowie 20 bis 30 Sofas. Noch bis Donnerstag, so schätzt Ritter-Röhl, werden sie brauchen, die letzten Ecken vom Müll zu befreien. „Letztes Jahr war es auf jeden Fall schlimmer“, resümiert er. „Ich mach’ das hier, weil ich es jedes Mal wieder nicht glauben kann“, sagt der bekennende Klassik-Open-Air-Fan.

Fassungslos blicken auch zwei Fußgängerinnen auf das Müllchaos auf dem ehemaligen Campingplatz C1 am Großen Dutzendteich. Hund Moritz verköstigt sich derweil an den essbaren Überresten in Reichweite – aufgeweichter Toast neben Ravioli in Tomatensauce. „Eine Sekunde wenn man mal nicht aufpasst. Der hat mittlerweile schon ganz schön viel Mist gegessen“, sagt sein Frauchen besorgt. Sie habe völlig vergessen, dass hier momentan noch Ausnahmezustand herrsche. „Wie können Menschen nur so viel Müll hinterlassen? Ich möchte gar nicht wissen, wie es bei denen zu Hause ausschaut“, empört sie sich und führt Moritz in müllfreies Gebiet.

Weit muss sie dafür nicht gehen. Denn an der Beuthener Straße und weiter Richtung Bayernstraße sowie an der Großen Straße sind keine Spuren vom Festival mehr zu sehen. Die Randgebiete waren bereits am Montag vom Müll befreit. Das Festival-Epizentrum rund um das Zeppelinfeld wird bis Freitag wieder müllfrei sein.

Beim Bootsverleih am Dutzendteich und gegenüber beim Gutmann ist vom Aufräumtrubel einige hundert Meter weiter nichts zu spüren. „Es waren diesmal weniger Festivalbesucher bei uns als vergangenes Jahr, aber wir sind trotzdem zufrieden“, sagt Gutmann-Veranstaltungsleiter Michael Schmidt.

Bootsverleiher Giuseppe Flora ist froh, dass er und seine Boote das Festival verlust- und schadenfrei überstanden haben. Erstmalig hat er in der kleinen Hütte am Dutzendteich Wache geschoben, um abenteuerlustige Festivalbesucher von seinen Booten fernzuhalten. Zehn Entführungsversuche konnte er in drei Nächten vereiteln. An Schlaf war nicht zu denken. „Heute Abend gehe ich noch einmal früh ins Bett und dann bin ich wieder fit“, sagt er gelassen.

An seinen Booten schwimmt eine Entenfamilie vorbei. „Während des Festivals hat mein Schwanenboot Gesellschaft von sieben echten Schwänen bekommen“, sagt Flora. „Die haben hier wohl Zuflucht gesucht, denn normalerweise halten sie sich rund um den Kleinen Dutzendteich auf.“ Im Müll müssen aber auch die anderen Teichbewohner nicht mehr schwimmen. Von einem Spezialtrupp wurde der Große Dutzendteich bereits am Montag von Stühlen, Zelten und anderem Festivalmüll befreit.

Wie viele Tonnen Abfall am Ende der Aufräumarbeiten zusammenkommen werden, ist noch offen. Utz Ritter-Röhl hat aufgegeben mitzuzählen, den wievielten Stuhl er gerade auf den Pritschenwagen hievt. „Bei Rock im Park ist ein Campingstuhl ein Wegwerf-Artikel. Auf dem Klassik-Open-Air halten diese Stühle locker fünf Jahre durch.“

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