Unerschütterlicher Optimismus ebnete Weg in die Freiheit

15.9.2010, 23:11 Uhr
Unerschütterlicher Optimismus ebnete Weg in die Freiheit

© Hagen Gerullis

Denn Optimismus ist für ihn Überlebensstrategie: „Für mich gibt es einfach nichts Negatives“, sagt er, „es zählt nur das Positive.“ Selbst dann noch, wenn es fast unmöglich ist, in einer Sache noch das Gute zu sehen. Endale Mekuria aber beherrscht diese Kunst. Er hat sie gelernt, als er in seiner Heimat mit der Waffe in der Hand für den Krieg geschult wird. Gegen Eritrea, den Nachbarstaat. Schon damals, Mitte der 80er Jahre, steht für den jungen Mann fest: „Ich will an die Uni und nicht auf Menschen schießen.“ Während die anderen nach der Militärausbildung eingezogen werden, entschließt sich Mekuria zur Flucht. Eine kluge Entscheidung, wie der 44-Jährige heute weiß. Keiner seiner Bekannten sei aus dem Krieg heimgekommen, erzählt er – und lächelt auch bei diesen Sätzen voller Mitgefühl: „Ich bin gegangen – und habe mein Leben gerettet.“

Er ist gegangen. Und zwar im buchstäblichen Sinn des Wortes: Zu Fuß durchquert er Äthiopien, ist Tage und Nächte unterwegs – bis er Dschibuti erreicht. Dort findet er Zuflucht in einem Büro der Vereinten Nationen. Drei Jahre später erklärt die UNO den Konflikt für entschärft und schickt die Flüchtlinge zurück. Auch Endale Mekuria geht wieder nach Äthiopien – und landet im Gefängnis. Schließlich hat er sich dem Militäreinsatz verweigert. Und das in einer Militärdiktatur. Ein Jahr verbringt er in Haft, berichtet er – und wirkt selbst bei diesen Schilderungen weder verhärmt noch verbittert.

Hochzeit mit einer waschechten Fränkin

Danach kommt die nächste große Wende in seinem Leben. Eigentlich will er studieren, er macht noch ein Diplom in Rechnungswesen. Merkt aber schnell, dass er in diesem Land keine Zukunft hat. „Für mich gab es keine Perspektive“, erinnert er sich. Armut, Korruption, Stammesfehden: Mekuria glaubt nicht an eine Verbesserung der Situation. Wieder verlässt er sein Land. Er stellt Asylantrag und darf einreisen. Ins gelobte Europa, in die Schweiz.

Unerschütterlicher Optimismus ebnete Weg in die Freiheit

© oh

In der kleinen Eidgenossenschaft endet der erste Teil – und es beginnt 1998 der zweite. Endale Mekuria lernt in der Alpenrepublik Heike kennen, eine gebürtige Feuchtwangerin. Sie heiraten noch auf der Stelle, ziehen nach Franken und bekommen ein Kind. Er hält sich und die kleine Familie mit Hilfsarbeiterjobs über Wasser. Aber auch für diese Zeit – für den Übergang von der afrikanischen hin zur deutschen Kultur – findet er kein böses Wort: „Ich kann mich gut anpassen“, sagt er und fügt hinzu: „Probleme hatte ich nie.“

Für Endale Mekuria existiert der Begriff „Schwierigkeiten“ nicht. Bis auf einen Betrunkenen, der ihn einmal anpöbelte, sei er nie beleidigt worden. Überall hätten sie ihn mit offenen Armen empfangen, erzählt er. Und wie er das sagt – mit diesem sympathisch bescheidenen Tonfall – glaubt man das gern.

Dass er jemals ein Restaurant eröffnet, hat er sich nicht vorstellen können. Auch bei diesem Entschluss hat ihn sein zuversichtliches Wesen getrieben: „Ich spiele Musik und koche gern – warum also die beiden Sachen nicht einfach verbinden“, habe er sich vor fünf Jahren gefragt. Gesagt, getan. Wieder kommen ihm seine Neugierde und Herzlichkeit zugute: 2005 eröffnet er in der Rothenburger Straße das Lokal, vor zwei Jahren zieht er damit an den Willy-Brandt-Platz. An dieser Stelle setzt der dritte und vorerst letzte Teil der Geschichte ein: das Kapitel „Eingliederung und Erfolg“.

Mit dem „Shashamane“ hat der Inhaber sich nicht nur in die Nürnberger Gastronomie integriert, sondern vielen Deutschen Afrika nähergebracht. Sie lernen äthiopische Speisen kennen und afrikanische Musik. Das Interesse an dem Schwarzen Kontinent freut ihn. Auch dass sich seine Besucher bemühen, traditionell mit Händen zu essen. Apropos traditionell: Mit den fränkischen Sitten hat sich Endale Merkuri längst angefreundet. Er liebt Sauerbraten mit Kloß: „Die besten gibt es in der Fränkischen oder bei meiner Schwiegermutter“, sagt er – und lacht.

Mehr Informationen über das Restaurant Shashamane in unserer Rubrik Essen und Trinken!

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