Wo das Ampelmännchen laufen lernt

11.10.2010, 00:00 Uhr
Wo das Ampelmännchen laufen lernt

© NN-Archiv/Isabel Strohschein

Blau, gelb und rot blinkt es einem entgegen, dicke Pfeile zeigen an, ob man besser rechts oder links an einem Hindernis vorbeifahren sollte. Doch auch ohne Baustelle wirkt alles viel festlicher: Auf den Stadtautobahnen ist nicht selten jeder einzelne Mittelstreifen mit einem Katzenauge geschmückt, so dass eine Fahrt über den Freeway so wirkt, als lande man einen Airbus und werden von den Lichtern in der richtigen Spur gehalten. Sieht wunderschön aus, und ist effektiv.

Damit die Fußgänger nicht neidisch werden, hält Taipeh auch für sie eine spezielle Attraktion bereit: Animierte Ampelmännchen. Das rote steht, ganz wie in deutschen Landen, gelangweilt da. Doch das grüne, ausgestattet mit einem frechen Hut, bewegt fröhlich seine Beinchen und zeigt an: Los jetzt! Um den Service komplett zu machen, zeigt daneben ein Display an, wie viele Sekunden die Ampel noch grün sein wird. Ab zehn Sekunden beschleunigt das Ampelmännchen deutlich seine Schritte. Doch Vorsicht: Das sieht so putzig aus, dass man glatt vergisst, weiterzugehen und sich auf einmal mitten auf der Straße zwischen 60 Motorrollern wiederfindet, die an einem vorbeizischen.

Die sind ohne Zweifel Fortbewegungsmittel Nummer 1 in der Millionenstadt, und auch sie haben gewisse Privilegien: So dürfen sie sich an Ampeln an den wartenden Autos vorbeidrängeln. Vor der Haltelinie jeder Ampel ist ihnen dafür an jeder Kreuzung ein eigens markierter Raum zugeteilt, den Pkw, Laster und Busse zu meiden haben. Und fasst man es: Das tun sie sogar!

Nur eines der vielen Beispiele, wie man in Taipeh Probleme ganz pragmatisch und elegant löst: Denn da sich die Roller sowieso vordrängeln, kann man es ihnen doch auch gleich offiziell gestatten, oder? Das vermeidet Ärger und spart jede Menge Nerven, was man den Bewohnern der Stadt ansieht: Sie lächeln, wenn sie im Auto sitzen, obwohl die Rushhour in Taipeh apokalyptisch anmutende Staus auslösen kann. Paradiesisch. Und in Deutschland undenkbar.