„Man hört irgendwann nicht mehr hin“
19.4.2011, 00:00 UhrNadine Jezmann zuckt kurz zusammen und verzieht die Mundwinkel. Einen ihrer Schützlinge hat es wohl böse erwischt. Ohne den Blick vom Geschehen abzuwenden, greift sie mit der rechten Hand neben sich und wartet auf das Zeichen.
Der Schiedsrichter und einige Mitspieler winken sie herbei. Jetzt sprintet Jezmann, ihren Eiskoffer fest im Griff, über das Spielfeld. Sekunden später. Mit schmerzverzerrtem Gesicht liegt der Stürmer am Boden und hält sich den linken Fuß. Ein malträtierter Knöchel. Verstaucht, oder vielleicht sogar gebrochen?
Eine Szenerie, wie sie Nadine Jezmann nicht wöchentlich, aber „ein paar Mal im Jahr“ erlebt. „Meistens geht es glimpflich aus. Kleinere Muskelverletzungen sind am häufigsten“, sagt die 27-Jährige, die die Fußballer des Bezirksligisten TSV Buch als Physiotherapeutin begleitet.
Aber egal, ob kleine oder große „Wehwehchen“, eine möglichst professionelle Erstbehandlung und Weitervermittlung zu Fachärzten ist ihrer Einschätzung nach gerade im Amateurbereich wichtig, weil viele der Hobbykicker mit ihren Beschwerden über Wochen und Monate nicht zum Arzt gehen. „Der Heilungsprozess dauert danach nur umso länger“, weiß die Inhaberin einer Sport-Reha-Praxis in Buch.
Dass der sportliche Ehrgeiz oftmals der vernünftigen Entscheidung zu einer längeren Pause im Wege steht, kann Jezmann gut nachvollziehen. Die gebürtige Nürnbergerin fuhr bis vor einigen Jahren noch Profi-Skirennen, ehe Knieprobleme das vorzeitige Ende ihrer Laufbahn bedeuteten. So erfüllt sie sich aber zumindest durch ihren Beruf als Physiotherapeutin den Wunsch, dem Sport erhalten zu bleiben.
Vertrauensbildende Massagen
Ihr Interesse für Mannschaftssportarten und Fußball im Besonderen führte sie schließlich in die Amateurligen der Region, wo sie zunächst den SV Maiach, später den damaligen Regionalligisten SG Quelle Fürth und den TSV Neustadt/Aisch betreute. Seit Herbst 2009 ist sie in Buch tätig, und hat nicht nur aufgrund des sportlichen Erfolges – aktuell ist der TSV Zweiter in der Bezirksliga-Nord – großen Spaß an ihrer Arbeit.
Dass so mancher Zeitgenosse in Bezug auf Buch und den hiesigen Sportverein von „dörflicher Mentalität“ spricht, stört Jezmann nicht. Im Gegenteil, die gebürtige Nürnbergerin schätzt die „familiäre Atmosphäre“ im Knoblauchsland besonders und hat deshalb dort auch ihre Praxis aufgemacht, in der sie ihre Spieler auch abseits des Trainings- und Spielbetriebes besuchen können.
Die nehmen ihre Hilfe, gelegentlich sind auch Massagen drin, mittlerweile gerne in Anspruch. „Anfangs muss man sich erst einmal Respekt verschaffen“, sagt Jezmann, „aber jede zufriedenstellende Behandlung baut natürlich mehr Vertrauen auf.“
Und selbst ihre Anwesenheit in der Kabine wird nicht als verletzendes Eindringen in das Zentrum des männlichen Hoheitsgebietes empfunden. „Da gibt es keinerlei böse Blicke oder Ähnliches“, versichert Jezmann und fügt schmunzelnd an: „Eher müsste man sich als Frau unwohl fühlen in so einer Runde. Aber das ist auch nicht der Fall. Man hört irgendwann gar nicht mehr hin.“