Fahrbericht: Opel Corsa-e

1.10.2020, 17:48 Uhr
Fahrbericht: Opel Corsa-e

© Hersteller

Wie er aussieht: Von dem kleinen "e" an B-Säule und Heck einmal abgesehen, unterscheidet sich der elektrische Corsa nicht von seinen konventionell angetriebenen Geschwistern. Optische Botschaft: Elektroantrieb ist doch was ganz Normales. Der sportlich-coupéhafte Auftritt ist somit derselbe, besonders gut steht dem 4,06 Meter langen Fünftürer – einen Dreitürer gibt es nicht – die Bicolor-Lackierung mit schwarzem Dach, die allerdings extra kostet (419 Euro). Die CMP-Plattform des PSA-Konzerns teilt sich der Corsa-e mit seinem französischen Bruder Peugeot e-208.

Wie er eingerichtet ist: Auch hier alles wie gewohnt. Dem eher verspielten i-Cockpit des 208 setzt der Corsa Funktionalität entgegen, ohne dabei fad zu wirken. Nur die Grafik des serienmäßig verbauten,  volldigitalen (und recht kleinen) 7-Zoll-Fahrerinfodisplays wirkt etwas schlicht. Gleiches gilt für den 7-Zoll-Touchscreens des Multimediasystems, beinahe sind wir geneigt, das Adjektiv "altmodisch" zu verwenden. Andererseits werden die visuellen Botschaften so umso klarer vermittelt.

Zu sehr sozialen 682 Euro gibt es ab drittem Ausstattungslevel "Elegance" ein Upgrade auf das Multimedia Navi Pro mit 10-Zoll-Bildschirm, Smartphone-Integration und Echtzeit-Verkehrsinformationen. Auch die Online-Suche nach „Points of Interest“ ist möglich, zu denen auch Ladestationen gehören. Hier wird dann die Zahl der verfügbaren Säulen in Kombination mit den Ladestandards angezeigt.

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Wie viel Platz er hat: Auch hier herrscht weitgehend Gleichstand mit dem "normalen" Corsa. Die verhältnismäßig tiefe Sitzposition erzeugt Verbundenheit mit dem Fahrzeug; der Fond ist für drei Mitfahrer ausgelegt, die sich allerdings eher knapp untergebracht fühlen. Abstriche verlangt der Kofferraum, er packt – der Batterie wegen – 42 Liter weniger weg als der von Benziner bzw. Diesel und kommt auf 267 bis 1042 Liter. Eine komplett flache Ladeebene ergibt sich nach Umklappen der asymmetrisch teilbaren Rücksitzlehne nicht.

Was ihn antreibt: Ein 100 kW/136 PS starker Elektromotor, der ein maximales Drehmoment von 260 Newtonmetern bereitstellt. Als Energielieferant dient eine Lithium-Ionen-Batterie der Kapazität 50 kWh, auf die Opel eine 8-Jahres-Garantie (bis 160.000 Kilometer Laufleistung) gewährt.

Wie weit er kommt: Nach WLTP-Norm 337 Kilometer. Das ist nicht unrealistisch. Wie bei allen E-Autos hängt die zu erzielende Reichweite freilich vom Streckenprofil ab. Die besten Voraussetzungen bietet der Stadtverkehr. Das hat nicht nur mit den dort vorgelegten niedrigen Geschwindigkeiten zu tun, sondern auch mit dem Stop-and-Go und den häufigen Ausrollphasen vor Ampeln und Kreuzungen. Hier lässt es sich besonders effektiv rekuperieren, was bedeutet, dass der Elektromotor beim Bremsen oder Lupfen des Fahrpedals die Funktion eines Generators übernimmt; die Bewegungsenergie wird in elektrische umgewandelt und in der Batterie gespeichert.

Der Corsa-e verstärkt die Rekuperation im sogenannten "B-Modus", der sich durch einen kurzen Zug am Automatikwählhebel aktivieren lässt. Die Bremswirkung intensiviert sich dann spürbar, ohne allerdings die Dimensionen des "One-Pedal-Drivings" zu erreichen, wie es andere Elektroautos bieten und bei dem das Fahrzeug ohne Betätigen des Bremspedals zum Stehen kommt. Auch mehrstufiges Rekuperieren ist nicht möglich.

Im Alltags-Mix aus Stadtverkehr, Landstraße und moderat – mit 100 km/h – zurückgelegtem Autobahnanteil bescherte uns der Corsa-e eine Reichweite von 290 Kilometern, wobei anzumerken ist, dass wir den Akku nie ganz leergefahren haben.

Wie er lädt: Der Ladeanschluss befindet sich dort, wo beim Corsa sonst der Tank sitzt, hinten links also.

Wechselstrom (AC) lädt der Corsa-e serienmäßig nur einphasig und bis 7,4 kW. Empfehlenswert ist das Upgrade auf einen dreiphasigen 11-kW-Lader (1160 Euro, erst ab 'Edition'-Ausstattung erhältlich), der die Ladezeit auf fünf Stunden und fünfzehn Minuten verkürzt.

Fahrbericht: Opel Corsa-e

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Erfreulicherweise bietet der Corsa-e standardmäßig die Fähigkeit zum Schnellladen von Gleichstrom (DC), und das gleich bis 100 kW. Wer an einer solchen Turbo-Ladesäule andockt - zumeist finden sie sich nur entlang der Autobahnen  - kommt in einer halben Stunde von 0 auf 80 Prozent Ladestand.

Mit der Anschaffung eines Elektroautos sollte sinnvollerweise auch die einer Wallbox verbunden sein. Wer eine solche Heimladestation direkt bei Opel erwerben möchte, ist (11 kW) ab 869 Euro dabei. Zu 1130 Euro gibt es alternativ auch einen Unviersal-Charger für 3-phasiges Laden von 1,8 bis 22 kW, drei Adapter inklusive.

Fahrbericht: Opel Corsa-e

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Extra zu bezahlen (36 Euro) ist übrigens eine Aufbewahrungstasche für das Ladekabel, das sich ansonsten immer irgendwie störend durch den Gepäckraum schlängelt.

Wie er sich fährt: Elektroauto-Fahren ist was Feines, das gilt auch für den Corsa-e. Immer wieder nett der unangestrengt zügige Sprint, den so ein Stromer beim Ampelstart hinlegt, das Drehmoment steht schließlich gleich vom Fleck weg zur Verfügung. In 8,1 Sekunden düst der elektrische Rüsselsheimer von 0 auf 100 km/h, als Spitze erreicht er 150 km/h, abgeregelt, der Resourcenwahrung wegen, die sich zudem über drei Fahrstufen regeln lässt.

Im sparsamen Eco-Modus beschränkt sich der Corsa-e auf 82 PS und 180 Newtonmeter. Damit lässt es sich vor allem in der Stadt gut leben, dröge fühlt sich definitiv anders an. Über Land haben wir zumeist auf "Normal" gewechselt und 109 PS sowie 220 Newtonmeter genutzt. Der Sport-Modus, in dem sich das volle Potenzial von 100 kW/136 PS versammelt und mit dem eine Präzisierung der Lenkung einhergeht, bereitet besondere Freude, muss im Alltagsbetrieb aber nicht zwingend bemüht werden.

Gut gefallen hat uns, dass der elektrische Corsa bei aller Handlichkeit und Fahrsicherheit spürbar komfortabler agiert als der arg straffe Benziner-Corsa. Das dürfte mit dem tieferen Schwerpunkt und dem höheren Gewicht (1530 kg) zu tun haben, aber auch damit, dass die Opel-Ingenieure dem Stromer eine flauschigere Fahrwerksabstimmung mitgegeben haben.

Was er verbraucht: Die WLTP-Norm kündet von 16,8 kWh/100 km. Mit 14,3 kWh sind wir da im Schnitt sogar besser weggekommen. Auf "Eco"-Trip in der Stadt schafften wir sogar eine 12 vor dem Komma. Wie beim Verbrenner erhöht sich der Verbrauch dann, wenn es leistungstechnisch besonders ambitioniert zur Sache geht, auf der Autobahn beispielsweise, hier hielten wir 18,3 kWh fest.

Fahrbericht: Opel Corsa-e

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Was er bietet: Der Einstieg beim Corsa-e erfolgt auf "Selection"-Level. Mit Assistenzsystemen wie Frontkollisionswarner samt Fußgängererkennung, Regensensor, Tempomat, Spurhalte-Assistent, Müdigkeits- und Verkehrsschilderkennung, außerdem mit Klimaautomatik und volldigitalem Fahrerdisplay ist das alles andere als ein Kassenmodell. Allerdings lässt sich manches – wie der 11-kW-Onboard-Charger, die schicke Bicolor-Lackierung, die Farbe „Power Orange“, Leichtmetallräder und LED-Scheinwerfer – erst ab "Edition" ordern. Und Erstrebenswertes wie das tolle, blendfreie Matrix-Licht, das Park&Go-Paket mit Rückfahrkamera und Toter-Winkel-Warner oder das Multimedia Navi Pro erlaubt der Konfigurator erst ab "Elegance"-Niveau.

Was er kostet: Ab 29.146 Euro. Abzugsfähig ist die volle Förderprämie in Höhe von 9480 Euro. So gesehen, ist der Corsa-e Selection schon unter 20.000 Euro zu haben. An Lieferzeit sind etwa vier Monate einzukalkulieren.

Was wir meinen: Der Corsa-e ist ein schicker, munterer und attraktiv eingepreister Stromer, dessen Reichweite ihn als idealen Zweitwagen mit Potenzial für die Langstrecke zwischendurch ausweist, der Fähigkeit zum Schnellladen wegen. Gewünscht hätten wir uns die Möglichkeit mehrstufigen Rekuperierens. Trotzdem: Das richtige Auto zur richtigen Zeit.

Ulla Ellmer

Die Daten des Opel Corsa-e

Leistung 100 kW/136 PS, max. Drehmoment 260 Nm, Spitze 150 km/h (abgeregelt), Beschleunigung 0 auf 100 km/h in 8,1 sec. Batterietyp Lithium-Ionen, Kapazität 50 kW/h, Ladeanschluss Onboard-Charger für einphasiges AC-Laden mit 7,4 kW, optional dreiphasig mit 11 kW, DC-Schnellladen bis 100 kW, Normverbrauch 16,8 kWh/100 km, Testverbrauch 14,3 kWh. Reichweite Norm 337 km. CO2-Emission 0 g/km, Energie-Effizienzklasse A+. Länge 4,06 m, Breite 1,96 m, Höhe 1,43 m, Kofferraum 267 – 1042 l, Leergewicht 1530 kg, Zuladung 390 kg, Automatik mit fester Getriebeübersetzung, Frontantrieb. Preis ab 29.146 Euro.