Mercedes CLA: Stimmungsaufheller an Bord

9.1.2019, 07:46 Uhr
Mercedes CLA: Stimmungsaufheller an Bord

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  "Soll ich da wirklich rausfahren?": Schüchtern befragt der CLA seine Kumpels, während er im Background auf den großen Auftritt wartet. "Warum denn nicht?", wundert sich der vollelektrische EQC zu seiner Linken, und auch der autonome People-Mover Urbanetic zur Rechten reagiert erstaunt. "Weil dies doch eine Elektronikmesse ist", meint der CLA unsicher.

Dann rollt das rote Coupé aber doch hinaus auf die Bühne des Mercedes-Stands. Schließlich sei er doch voll digital, so hat der EQC den CLA noch ermutigt, und somit schon richtig auf der CES.

Weltpremiere in digitalem Umfeld

Charmant in einen Videospot verpackt kommuniziert Mercedes, dass so eine automobile Weltpremiere durchaus etwas Ungewöhnliches ist für die Consumer Electronics Show. Andererseits zählt die weltweit größte Elektromesse inzwischen zu einem Pflichttermin für die Autobranche. Letztlich eine logische Entwicklung, da die hochgradig digitalisierten modernen Autos immer mehr rollenden Computern gleichen, vollgepackt mit Highend-Konnektivität und Künstlicher Intelligenz (KI).

Mercedes CLA: Stimmungsaufheller an Bord

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cw-Wert wie der Ironman

Auch im Falle des Mercedes-Neulings scheint es beinahe zweitrangig, was er so unter der Haube trägt. Viel wichtiger ist, was sich in digitaler Hinsicht getan hat. Der auf 4,70 Meter Länge gewachsene CLA ist die sportlichste Daseinsform der A-Klasse, ein viertüriges Coupé, beinahe schon filigran in seiner Eleganz, designtechnisch eng an die A-Klasse-Limousine angelehnt, und mit einem deutlich ansehnlicheren, da stimmigeren Heckabschluss gesegnet, als ihn der Vorgänger aufzeigte. Der cw-Wert von 0,23, sagt Daimler-Vertriebschefin Britta Seeger, entspricht dem von "Ironman" Jan Frodeno auf seinem Rennrad.

Wie die Keimzelle der A-Klasse-Baureihe, der Fünftürer, bekommt jetzt auch das Coupé das topmoderne MBUX-Multimediasystem (Mercedes Benz User Experience) mit der eleganten Breitbildlandschaft eines volldigitalen Cockpits, das komplett auf analoge Instrumente verzichtet. Das Widescreen-Cockpit und die kleinen Touchpads sind schon im Basismodell serienmäßig, nur wie der frei stehende, breite Grundkörper befüllt wird, hängt von der Ausstattungsvariante ab - im Basismodell sind es zwei Sieben-Zoll-Displays, wer mehr investiert, bekommt ein Sieben-Zoll- und ein 10,25-Zoll-Display in Kombination, und das Topmodell stellt gleich zwei 10,25-Bildschirme bereit.

Zu Features wie der vorzüglich auf Basis natürlicher Spracherkennung und auf Zuruf ("Hey Mercedes, wie hat Bayern München gespielt?") arbeitenden Sprachbedienung und dem Navi mit Augmented-Reality-Funktionen kommen jetzt aber weitere hinzu. Wie schon das SUV GLE reagiert MBUX mit Hilfe des "Interieur Assistent" auf Gestensteuerung und schaltet beispielsweise die Innenraumbeleuchtung ein, wenn die Hand des Fahrers zum (unbesetzten) Beifahrersitz wandert, um dort nach irgendwelchen Gegenständen zu tasten.

Kommunikation mit der Smartwatch

Als Novum fährt außerdem der sogenannte "Energizing Coach" mit, der sich auf Wunsch mit der Mercedes-Smartwatch "vivoactive 3" koppelt und dem Fahrer aufgrund ermittelter Vitalfunktionen wie der Herzfrequenz bestimmte Stimmungsprogramme empfiehlt, die sich etwa aus Ambientelicht, Musikrichtung oder Innenraumtemperatur zusammensetzen. Dies klappt allerdings nur in Kombination mit der von Garmin produzierten Mercedes-Watch bzw. einem anderen Garmin-"Wearable", Apple i-Watch oder Samsung Gear können hier nicht mitreden.

MBUX-Multimediasystem: Die Funktionen wurden um den "Interieur Assistent" (Gestensteuerung) und den sogenannten Energizing-Coach erweitert.

MBUX-Multimediasystem: Die Funktionen wurden um den "Interieur Assistent" (Gestensteuerung) und den sogenannten Energizing-Coach erweitert. © Hersteller

Auch wenn es nicht die Kernkompetenz eines Coupés ist, so stellt sich der neue CLA zudem auf mehr auf Familientauglichkeit ein. Dank der neuen Hinterachse und der nicht mehr ganz so ausgeprägten Dachschräge reist es sich im Fond komfortabler als bisher, das Gepäckraumvolumen hat sich allerdings von 470 auf 460 Liter reduziert. In den USA, sagt Britta Seeger, holt sich der CLA seine Kunden zu 70 Prozent von anderen Marken, das Angebot viertüriger Kompakt-Coupés ist schließlich überschaubar besetzt. Aber auch deutsche Autokäufer stellen mit zunehmendem Wohlwollen fest, dass das Kompaktsegment noch andere Karosserieformen als Fünftürer und Kombi kennt.

Zwei Benziner und ein Diesel

Schließlich werfen wir doch noch einen Blick unter die Motorhaube. Dort gelangen zum Marktstart zwei Benziner und (ja!) ein Diesel zum Einsatz. Der im Kooperation mit Renault entwickelte Basis-Benziner im CLA 200 holt sich aus 1,33 Litern Hubraum 120 kW/163 PS, er arbeitet mit automatischer Zylinderabschaltung und wird wahlweise mit einem manuellen Sechsganggetriebe oder einem 7-G-Doppelkupplungsgetriebe verbandelt. Wer auf mehr Leistung aus ist, kann beim CLA 250 zugreifen, sein Zweiliter-Benziner bringt 165 kW/225 PS auf den Prüfstand und kooperiert grundsätzlich mit dem 7-G-Doppelkupplungsgetriebe. Der 1,5-l-Diesel im CLA 180 d wiederum greift auf 85 kW/116 PS zurück, die vom 7-G-Doppelkupplungsgetriebe verwaltet werden. SCR-Kat und AdBlue (24-Liter-Tank) stellen Euro 6d-Temp sicher.

Mercedes CLA: Stimmungsaufheller an Bord

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Als gesetzt gilt außerdem ein AMG CLA 35 4Matic, dessen stürmisches Talent sich aus 225 kW/306 PS speist. Am anderen Ende der Leistungsskala dürfte noch das eigentliche Basismodell CLA 180 mit 100 kW/136 PS kommen.

48-Volt-Bordnetz in Sicht

Weitsichtig hat Mercedes seine Kompakt-Plattform schon auf allerlei Elektrifizierungs-Spielarten vorbereitet, zunächst erhält die A-Klasse wohl ein 48-Volt-Bordnetz, und auch mit einem Plug-in-Hybriden ist zu rechnen.

Marktstart des CLA wird im Juni sein, über Preise hüllt sich Mercedes noch in Schweigen. Orientiert man sich aber am Vorgänger, so könnte der CLA gegenüber dem Fünftürer einen Coupé-Aufschlag von etwa 3000 Euro einfordern und als CLA 200 bei etwa 33.300 Euro loslegen. Etwa ein halbes Jahr später folgt dann die Neuauflage des CLA Shooting-Brake nach. Auch der wird sich in digitaler Hinsicht nicht zu verstecken brauchen.

Ulla Ellmer

Mercedes CLA in Kürze:

Wann er kommt: Im Juni 2019

Wen er ins Visier nimmt: Als viertüriges Kompakt-Coupé hat der CLA keinen unmittelbaren Konkurrenten

Was ihn antreibt: Benziner mit 163 und 225 PS, Diesel mit 116 PS

Was er kostet: Schätzungsweise ab ca. 33.300 Euro

Was noch kommt: Einstiegsbenziner CLA 180, stärkerer Diesel, Allradvarianten, AMG CLA 35 4Matic

Lesen Sie auch:Jörg Bartels, Chefingenieur Mercedes-Benz Compact-Cars, über den neuen CLA, dessen digitale Talente, die Datensicherherheit für den Kunden und die Verunsicherung in Sachen Diesel

 

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