Unter Druck: Polit-Stück "Momentum" im Gostner Hoftheater

16.1.2020, 12:35 Uhr
Unter Druck: Polit-Stück

© Gostner Hoftheater

Ebba ist selbstbewusst, schön, überzeugend. Aber sie ist "nur" die Frau an der Seite von Meinrad (Robert Arnold), dem Partei- und Regierungs-Chef. Der hat immer wieder Aussetzer, gerät unvermittelt in Rage, kurz: er ist peinlich für seine Partei. Spin-Doctor Dieter schlägt vor, dass Ebba die entscheidende Rede auf der Jubiläumsfeier der Partei halten soll, um zu retten, was noch zu retten ist. Doch das lässt Meinrads Selbstbild wanken.

Die niederländische Autorin Lot Vekemans hat ein kluges Stück über Geschlechterrollen und den Druck, dem Politiker ausgeseetzt sind, geschrieben. Über das Funktionierenmüssen und die, die es im Hintergrund möglich machen, dass einer jahrelang dem immensen Druck seines Entscheider-Jobs standhält. Im Gostner Hoftheater hat Regisseurin Britta Schreiber daraus ein flottes Wechselspiel von Dialogen und Momenten des Innehaltens gemacht. Vier tolle Schauspieler bringen die Konflikte, unter denen hier jede(r) leidet, auf die mit abstrakten Papier-Wolken verkleidete Bühne (Ausstattung: Birgit Leitzinger).

Das tote Kind fragt nach

Im Zentrum steht Ebba, gespielt von Nicole Schneider mit genau der richtigen Balance aus Ehrgeiz und Selbstzweifeln. Sie ist die Frau, die Meinrads Karriere erst möglich gemacht hat. Als zur Debatte steht, dass sie die entscheidende Rede halten könnte, fängt sie an, ihre Rolle und ihre beschränkten Möglichkeiten zu hinterfragen. Und ihr vor Jahren tot geborenes Kind (gespielt von Gerd Beyer mit einer Mischung aus Witz und Penetranz) meldet sich zu Wort und erinnert sie an ein Leben, das auch anders hätte aussehen können.

Meinrad nimmt Psychopharmaka, Dieter, sein Manager (Thomas Witte), versucht nicht nur seine, sondern auch Ebbas Haut zu retten. Die stellt für sich fest: "Du stehst nur an der Seitelinie, obwohl du dachtest, du bist mit im Rennen." Sollte sie den Spieß mal umdrehen? Kandidieren und Meinrad um ebensolche Unterstützung bitten?

Im Gostner werden viele Fragen aufgeworfen, aber nicht alles ausformuliert. Da hätte es vielleicht noch mehr Ruhe, mehr Details gegeben, die es gelohnt hätten, besprochen zu werden. Am Ende wandelt sich alles sehr schnell. Dennoch: Ein lohnender Theaterabend. Und am Freitag (17. Januar) kann man das gleiche Stück in der Version des Theaters Erlangen erleben. Vergleichen lohnt sich.

Am 31. Januar findet im Gostner Hoftheater nach der Vorstelltung ein Hintergrundgespräch mit Ex-Bundestagsmitglied Günter Gloster statt. www. gostner.de

www.theater-erlangen.de

 

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