Alan Turing – ein gestraftes Genie

27.10.2016, 18:00 Uhr
Benedict Cumberbatch spielt das Mathematik-Genie Alan Turing im Spielfilm „The Imitation Game“, der 2015 in die deutschen Kinos kam.

© Foto: Squareone Benedict Cumberbatch spielt das Mathematik-Genie Alan Turing im Spielfilm „The Imitation Game“, der 2015 in die deutschen Kinos kam.

Seine Mutter glaubt nicht, dass er sich umgebracht hat. Der Apfel muss aus Versehen vergiftet gewesen sein. Andere sagen, der Geheimdienst wollte Alan Turing loswerden. Fest steht, der Mathematiker wurde im Juni 1954 mit 42 Jahren tot in seiner Wohnung gefunden – neben ihm ein angebissener Apfel mit Zyanid. Es gibt Theorien, dass das sogar den Computerkonzern Apple zu seinem Logo inspiriert haben soll. Schließlich ist Turin eine der bedeutendsten Figuren in der Geschichte der Rechnerentwicklung.

„Turing war homosexuell, und das war damals in England noch ein Strafbestand“, sagt Rudolf Seising. „Er wurde dazu verurteilt, Hormone zu nehmen, die den Körper verändern und ihn depressiv gemacht haben.“ Seising ist Wissenschaftshistoriker. Er hat Mathematik, Physik und Philosophie in Bochum studiert und spricht heute Abend im Planetarium über „Alan Turing und John von Neumann – Die Entschlüsselung der Enigma und die theoretischen Grundlagen des Computers“. Sein Vortrag ist Teil der Reihe „Die Welt der Bits und Bytes“, die das Cauchy-Forum organisiert und die Nürnberger Zeitung präsentiert. Bis Ende November stellen die Referenten jeden Mittwochabend die wichtigsten Meilensteine der Computer- und Informationstechnik vor.

„Turing und Neumann – diese beiden Herren sind ungeheuer wichtig für die Entstehung des modernen Computers“, sagt Seising. John von Neumann, gebürtiger Ungar, der nach der Machtergreifung Hitlers in die USA auswanderte, gilt als einer der Väter der Informatik. Er half bei der Verbesserung des ersten amerikanischen Röhrencomputers „Eniac“ mit, während Turing in Großbritannien Ideen für den „Colossus“ lieferte. Die beiden Männer lernten sich bei einem Forschungsaufenthalt Turings an der Elite-Universität Princeton kennen. Sie tauschten sich aus, und auch einige spätere Briefe sind erhalten. „Ob sie aber ausgerechnet über ihre Ideen zu einer universellen Rechenmaschine geredet haben, ist nicht bekannt und wird es wohl auch nie werden“, sagt Seising.

Als Turing nach England zurückging, wollte er sein Land im Krieg gegen die Deutschen unterstützen. „Er hat maßgeblich dazu beigetragen, die Verschlüsselung der deutschen Funknachrichten – den Enigma-Code – zu dechiffrieren.“ Turing verstand, dass es Jahrzehnte dauern würde, bis Menschen alle möglichen Kombinationen dafür berechnen könnten und plante eine Maschine, die das übernahm. „Aus Geheimhaltungsgründen zerstörten oder versteckten die Briten nach dem Krieg allerdings die meisten Unterlagen dazu“, erzählt Seising. „Anders als die Amerikaner, die sich nicht an diese Abmachung gehalten haben und dadurch dann einen großen Vorsprung bei der Computerentwicklung hatten.“

Ergänzend zum Vortrag zeigt das Planetarium am Freitag, 28. Oktober, ab 19.30 Uhr die Filmbiografie „The Imitation Game – Ein streng geheimes Leben“ mit einer Einführung über das Leben Alan Turings. Die Reihe „Die Welt der Bits und Bytes“ geht weiter am Mittwoch, 9. November, mit „Gottfried Wilhelm Leibniz – Logik, Sprache, Denken“ von 19 bis 20.30 Uhr im Planetarium Nürnberg, Am Plärrer 41. Der Vortrag am nächsten Mittwoch, 2. November, entfällt. www.cauchy-forum-nuernberg.de

 

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