Als der TSV Weißenburg einst im Fürther Ronhof spielte

16.8.2020, 10:16 Uhr
Als der TSV Weißenburg einst im Fürther Ronhof spielte

© Foto: WT-Archiv

Und zwar nicht gegen die "Zweite", sondern gegen die erste Mannschaft des Kleeblatts, das seinerzeit noch ein eigenständiger Verein war. Die Weißenburger fuhren am 15. August 1990 als krasser Außenseiter zum Titelaspiranten der Landesliga Mitte nach Fürth und waren auch ziemlich beeindruckt von der Kulisse mit über 1500 Zuschauern im Ronhof, der heuer 110 Jahre alt ist und damit als älteste deutsche Sportstätte eines Profivereins gilt.

"Sehr hohe Qualität"

"Für uns Spieler war es ein besonderes Erlebnis im Fürther Ronhof oder auch im Jahn-Stadion in Regensburg aufzulaufen", erinnert sich Harald Fuchs. Der langjährige Weißenburger Kapitän weiß auch noch genau, dass der Druck in solchen Spielen um einiges höher war als sonst schon, denn: "Diese Gegner hatten eine sehr hohe Qualität in ihren Reihen – sowohl von der Spielstärke her gesehen als auch von der körperlichen Präsenz."


Testspiel in Würzburg https://www.nordbayern.de/weissenburger-sieg-gegen-landesligist-in-wurzburg-1.10327766


Kein Wunder auch: Die Landesliga war damals noch die vierthöchste Spielklasse in Deutschland und würde damit in der heutigen Zeit der Regionalliga entsprechen, in der aktuell zum Beispiel der VfB Eichstätt spielt. Anders gesagt: Der TSV Weißenburg war damals eine echte Nummer und eine bayernweit bekannte Adresse. Zu den Gegnern zählten unter anderem die Club-Amateure, der FC Passau, die SpVgg Landshut oder zeitweise auch Jahn Regensburg.

Als der TSV Weißenburg einst im Fürther Ronhof spielte

© Repro: WT

Im Fall des Weißenburger Punktspiels gegen Fürth vor 30 Jahren war es so, dass die Spielvereinigung wenige Tage vorher die Profis von Borussia Dortmund (unter anderem mit Thomas Helmer, Michael Zorc, Michael Rummenigge und Frank Mill) mit 3:1 in der ersten Runde aus dem DFB-Pokal geworfen hatten. Landesligist schlägt Bundesligist – eine der größten Sensationen der deutschen Pokalgeschichte!

Bundesliga-Coach Beierlorzer am Ball

Achim Beierlorzer (heute Trainer des Bundesligisten Mainz) und Oliver Zettl (2) erzielten damals die Tore gegen den BVB. Beide waren auch elf Tage später gegen Weißenburg wieder im Einsatz. Zettl traf erneut, zudem waren Harald Ebner, Andreas Sendner und Uwe Auernhammer für das Kleeblatt erfolgreich. Das zwischenzeitliche 2:1 für den TSV hatte Harald Gerstner erzielt. Endstand also 4:1 für die Fürther, die damals von Günter Gerling trainiert wurden. "Für den TSV Weißenburg hingen im Fürther Ronhof die Trauben zu hoch", lautete die Überschrift im Weißenburger Tagblatt.

Die Vergleiche mit Fürth waren zwar, wie erwähnt, ein besonderes Erlebnis, rein sportlich gesehen setzte es aber für die Weißenburger stets klare Niederlagen. Die SpVgg war 1987 von der Bayernliga in die Landesliga abgestiegen. 1989 stieg der TSV Weißenburg als erster Meister der damals frisch gegründeten Bezirksoberliga in die Landesliga auf. Im ersten Jahr (Saison 1989/1990) verlor die Wilfling-Truppe zu Hause vor 700 Zuschauern mit 0:4 und in Fürth vor 1700 Besuchern mit 1:5. Franz Wokon erzielte seinerzeit im Ronhof per Elfmeter den Ehrentreffer. In der zweiten Saison gewann Fürth erneut beide Spiele. Dem 4:1 im August 1990 folgte im Rückspiel im November 1990 ein 3:0-Erfolg vor 600 Besuchern an der legendären Weißenburger Jahnstraße.

Am Ende der Spielzeit 1990/1991 kehrten die Fürther in die Bayernliga zurück, mussten zuvor allerdings in einem Entscheidungsspiel um die Landesliga-Meisterschaft gegen den punktgleichen 1. FC Nürnberg II antreten. Das Kleeblatt gewann auf neutralem Platz in Bayreuth mit 2:1 gegen die Club-Amateure. 3500 Zuschauer ließen sich das Derby damals nicht entgehen. Die Fürther setzten ihren Weg anschließend in Richtung Profifußball fort. Der TSV Weißenburg blieb noch bis 1993 in der Landesliga Mitte, musste dann allerdings absteigen (Platz 14).

Als der TSV Weißenburg einst im Fürther Ronhof spielte

© Archivfoto: Uwe Mühling

 Die insgesamt zwölf Landesligajahre von einst sind bei vielen TSVlern, aber auch bei neutralen Fußballbeobachtern noch immer sehr präsent. Von 1967 bis 1974 hatten die Weißenburger die längste Phase in dieser Liga auf Verbandsebene und standen zwischenzeitlich sogar auf den Tabellenplätzen sieben und acht. Nach dem Abstieg in die Bezirksliga gab es mehrere Anläufe zur Rückkehr: Sowohl 1978 als auch 1983 und 1984 scheiterte man jedoch in den Aufstiegsspielen.

Wahnsinnskulisse von 3000 Zuschauern

1985 durfte dann der Wiederaufstieg bejubelt werden: Der TSV Weißenburg gewann das Bezirksendspiel gegen den FV Wendelstein mit 1:0 nach Verlängerung – und das vor der Wahnsinnskulisse von 3000 Zuschauern auf dem Platz des damaligen TSV Roth. Übrigens entschied ein Eigentor das Match, denn ein Wendelsteiner fälschte einen Schuss von Reiner "Russi" Eisenberger unglücklich ab.

1986 folgte für den TSV der prompte Abstieg. 1988 scheiterte man erneut in der Aufstiegsrunde (erst im dritten Spiel!), um dann 1989 als BOL-Meister wieder nach oben zu klettern. Vier Spielzeiten hielt sich der TSV Weißenburg in der Landesliga Mitte, 1993 ging es schließlich nach unten. Mit einer Rückkehr hat es seither nicht mehr geklappt. Bis jetzt jedenfalls, denn als aktueller Spitzenreiter Süd ist der heutige TSV 1860 Weißenburg ein heißer Kandidat für den Aufstieg in die Landesliga – auch wenn diese inzwischen nur noch sechstklassig ist.

SpVgg Fürth – TSV Weißenburg 4:1 (15. August 1990, 18.45 Uhr im Ronhof)

SpVgg Fürth: Kastner, Glintschert, Lunz, Förster, Achim Beierlorzer (52. Auernhammer), Wenzl, Pieczyk, Sendner, Hermann (69. Hütter), Ebner, Zettl; Trainer: Günter Gerling.

TSV Weißenburg: Andreas Heid, Stefan Richter, Werner Buckel, Benno Schneider (61. Ernst Hlawatsch), Franz Wokon, Harald Fuchs, Franz Schärtel, Volker Rammler, Harald Gerstner, Claus Meyer (78. Thomas Schneider), Christian Berndt.

Zum Weißenburger Kader gehörten in der Saison unter anderem auch Lothar Satzinger, Peter Kindler, Rolf Kraft, Jens Lohmüller, Wolfgang Meyer sowie die Ersatzkeeper Jürgen Baumgärtner und Peter Stoll; Trainer: Manfred Wilfling (aus Kipfenberg).

Tore: 1:0 Ebner (13.), 2:0 Zettl (44.), 2:1

Gerstner (52.), 3:1 Sendner (57.), 4:1 Auernhammer (76.); Schiedsrichter: Walther (Würzburg); Zuschauer:1510 im Fürther Ronhof.

Die Landesliga-Jahre des TSV Weißenburg

Saison 1967/1968: 12. Platz

Saison 1968/1969: 12. Platz

Saison 1969/1970: 13. Platz

Saison 1970/1971: 8. Platz

Saison 1971/1972: 7. Platz

Saison 1972/1973: 8. Platz

Saison 1973/1974: (Abstieg) 17. Platz

Saison 1985/1986: (Abstieg) 17. Platz

Saison 1989/1990: 12. Platz

Saison 1990/1991: 11. Platz

Saison 1991/1992: 9. Platz

Saison 1992/1993: (Abstieg) 14. Platz

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