Konzept wurde präzisiert

Architekten bessern Pläne nach: Ein einziges Gebäude soll als Konzertsaal und Opern-Interim taugen

6.11.2021, 05:55 Uhr
Eine Skizze der Neuplanung: Weniger Sitzplätze ermöglichen Raum für einen Orchestergraben, erweiterte Flächen geben Platz für eine Seiten- und Hinterbühne.

© Visualisierung: super future collective GmbH Nürnberg Eine Skizze der Neuplanung: Weniger Sitzplätze ermöglichen Raum für einen Orchestergraben, erweiterte Flächen geben Platz für eine Seiten- und Hinterbühne.

Kann man den Standort eines Operninterims doch mit einem neuen Konzertsaal verknüpfen? Nachdem selbst die Opernhauskommission Zweifel am Standort Kongresshalle für das Operninterim anmeldet und trotz Zeitdrucks eine breite öffentliche Debatte zu diesem Thema anmahnt, legen nun die beiden Architekten des im Herbst 2020 auf Eis gelegten Konzertsaals nach. Sie tun das zu einer Zeit, in der die Eignung der Meistersingerhalle als zeitgemäßer Konzertsaal selbst von den Konzertveranstaltern zunehmend in Zweifel gezogen und stattdessen immer dringlicher ein Neubau gefordert wird.

Steven Davé (super future collective, Nürnberg) und Martin Rein-Cano (topotek 1, Berlin/Zürich) haben bei der Opernhauskommission jetzt einen konkreten Planungsvorschlag eingereicht, der eine Interimsspielstätte und einen Konzertsaal verknüpfen soll. Bereits im September 2021 waren sie damit an die Öffentlichkeit gegangen, nun aber ist ihr Vorschlag bis ins Detail ausgearbeitet.

Es handle sich dabei um eine "vollwertige Opernhaus-Interimslösung", so die Architekten in einer Mitteilung. Die neuen Planungen sollen eine Optimierung der Bühnen und der Anlieferzone für die Logistik vorsehen. Zudem würde der neue Entwurf es möglich machen, möglichst viele der alten Bäume auf dem Grundstück an der Münchner Straße zu erhalten.

Deshalb sind sich Davé und Rein-Cano sicher, dass ihr neu ausgearbeiteter Vorschlag gute Chancen hat: „Unser Vorschlag für ein Opern-Interim im neuen Konzerthaus ist, sowohl was den Zeit- als auch den Kostenfaktor betrifft, mit Sicherheit die vernünftigste und am einfachsten zu realisierende Lösung, denn wir können auf die damaligen Konzerthaus-Planungen aufbauen. Immerhin wurden für das Projekt Konzerthaus Nürnberg in den letzten Jahren bereits 12 Millionen Euro für Verfahren, Vergabe etc. ausgegeben."

An der Anpassung der Pläne haben die Architekten nach eigenen Worten seit Wochen intensiv gearbeitet. "Wir sind optimistisch, dass unser neuer Vorschlag auch die Kommission überzeugt“, schreiben sie und kontern die Einwände, es sei nicht möglich, dass ein einziges Gebäude die völlig unterschiedlichen Anforderungen an einen Konzertsaal und an eine Opernbühne erfüllen könne.

„Wir denken das Thema jetzt völlig neu - nämlich umgekehrt wie bisher“, erläutern Davé und Rein-Cano. „Wir planen nicht ein Konzerthaus, das zuvor als Opern-Interim genutzt werden kann, sondern eine vollwertige Opern-Spielstätte, die später mit wenig Aufwand zum Konzerthaus wird“.

Ausgesprochen gründlich hat sich das Planungsteam nach eigenen Worten mit dem am 22. Oktober in der Sitzung der Opernhauskommission vorgestellten Anforderungskatalog des Staatstheaters beschäftigt.

Gegenüber ihren ursprünglichen Planungen von 2018 schlagen die Architekten jetzt Anpassungen in drei Bereichen vor: den Bühnen, der Anlieferzone für die Logistik und der Landschaftsgestaltung rund um den Baukörper an der Meistersingerhalle.

Die Optimierung der Bühnen erfolgt laut Vorschlag der Architekten dadurch, dass die für das Konzerthaus benötigte Orgel erst nach der Interims-Nutzung eingebaut wird. Dadurch entstehe viel zusätzlicher Raum, um die Hauptbühne in einer komfortablen Größe von 340 Quadratmetern, die Seitenbühne mit 360 Quadratmetern und die Hinterbühne mit 330 Quadratmetern einzuplanen – "mehr als genug Platz für aufwändige, glanzvolle Opernaufführungen", argumentieren sie.

Für den wichtigen Aspekt der Anlieferung/Logistik gibt es ebenfalls einen neuen und optimierten Vorschlag von Davé und Rein-Cano: "Teile des Foyers auf der westlichen Seite (Richtung Münchner Straße) können durch Umplanung für die Anlieferung und Lagerung der Bühnenbilder mitgenutzt werden. In der bisherigen Konzert-haus-Planung ist die Anliefer- und Lagerzone mit einer Größe von rund 360 Quadratmeter vorgesehen. Sie kann für den Opernbetrieb auf 650 Quadratmeter erweitert, also fast verdoppelt und mit einer lichten Raumhöhe von acht Metern betrieben werden. Von dort ist wie gewünscht ein direkter und niveaugleicher Zu-gang auf die Seitenbühne möglich."

Was die Akustik für ein Opern-Interim im neuen Konzerthaus betrifft, arbeiten die Architekten mit dem anerkannten Experten Eckhard Kahle zusammen, der im Auftrag der Stadt Nürnberg auch für die Planung der Akustik im Konzertsaal verantwortlich ist. Durch die Abtrennung des Bühnenhauses – und den Wegfall der Plätze um die Bühne herum – reduziert sich die Zahl der Sitzplätze auf circa 1.200 und das akustische Volumen auf circa 12.000 Kubikmeter, was laut Architekten noch im optimalen Bereich liege. Sie sind überzeugt: "Mit einem Vorbühnenreflektor und im Raum abgehängten Beleuchterbrücken sowie mittels ohnehin bereits geplanter Elemente der variablen Akustik kann im Volumen des Konzertsaals ein akustisch gutes Opernhaus abgebildet werden."

Auch das Thema des Erhalts wertvoller Bäume auf dem Baugrundstück ist das Planungsteam noch einmal angegangen. Ihr Lösungsvorschlag: "Durch eine Anpassung des Windfangs, eine Vergrößerung des Patios (Innenhof) und bessere Schutzmaßnahmen nahe der Baugrube kann rund die Hälfte der erhaltenswerten Bäume stehen bleiben, die Zahl kann durch weitere bauliche Anpassungen sogar noch weiter erhöht werden. Zudem sieht das landschaftsarchitektonische Konzept insgesamt 110 Ersatzpflanzungen vor, 30 Bäume sind bereits neu gepflanzt."

Insgesamt sind Davé und Rein-Cano davon überzeugt, mit ihrer Umplanung der bisherigen Konzerthaus-Entwürfe eine nachhaltige und kosteneffiziente Lösung für ein vollwertiges Opern-Interim gefunden zu haben - mit dem nicht zu unterschätzenden zusätzlichen Vorteil, dass das dringend benötigte Konzerthaus nun doch früher als gedacht realisiert werden könnte.

Die beiden Architekten sind sich sicher, mit ihrem Vorschlag sozusagen die Quadratur des Kreises schaffen zu können: "Mit unserer optimierten Planung bekommt die Oper eine angemessene Spielstätte während der Opernhaus-Sanierung und anschließend hat Nürnberg endlich ein qualitätvolles Konzerthaus für alle Musikaufführungen von U- bis E-Musik und damit nicht nur für ein Elite-Publikum, sondern für alle Nürnberger gleichermaßen", argumentieren sie.

Auch unter finanziellen Aspekten ist dies aus Sicht von Davé und Rein-Cano die optimale Lösung. „Nach wie vor steht die großzügige Förderzusage des Freistaats Bayern für das Konzerthaus über zwei Drittel der Investitionskosten, wie die Staatskanzlei nochmals bestätigt hat - da sollte man sofort zugreifen. Zudem sind ja die Planungskosten für die ursprünglichen Entwürfe bereits bezahlt. Ebenso lässt sich der spätere Rückbau des Interims schon jetzt genau planen und mit Zahlen versehen. Hier besteht volle Kostentransparenz. Ganz im Gegensatz beispielsweise zur Kongresshalle, einem alten, baufälligen Nazi-Bau mit fragwürdiger politischer Botschaft, wo zudem große finanzielle Unwägbarkeiten bestehen.“

Mit Blick auf die Zeitfrage wünschen sich die beiden Architekten sehr, dass die Stadt Nürnberg ihrer Argumentation folgt und ihre Planungen unterstützt. Deshalb lautet das eindringliche Fazit von Steven Davé und Martin Rein-Cano: „Natürlich ist es notwendig, mithilfe der Stadt unsere Planung noch weiter zu vertiefen, wie dies auch bei anderen Objekten der Fall ist. Insofern sind wir jetzt ausgesprochen gespannt auf die Reaktion der Opernhauskommission auf unsere Vorschläge und freuen uns auf einen offenen Diskurs“.

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