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Auf die Weltmeere: Wie eine Höchstadterin Schiffe automatisiert

14.10.2021, 14:21 Uhr
Dieses Drei-Master-Modell hat einen Ehrenplatz im Haus von Elektrotechnikerin Claudia Wanke. Freunde haben ihn zum Berufsstart geschenkt.

© Paul Neudörfer, NN Dieses Drei-Master-Modell hat einen Ehrenplatz im Haus von Elektrotechnikerin Claudia Wanke. Freunde haben ihn zum Berufsstart geschenkt.

Kapitänsmütze trägt hier keiner und das Bewerbungsgespräch fand auch nicht auf einer Brücke statt. Als Claudia Wanke sich in den 1990er Jahren - nach ihrem Studium der Elektrotechnik - bei der mittelständischen Firma "Alpha Bit" in Erlangen bewarb, war ihr zunächst gar nicht klar, dass ihr Job sie in Werften auf der ganzen Welt führen würde.

Aber von Anfang an. "Ich habe als Kind schon immer mehr mit Fischertechnik gespielt als mit dem Puppenwagen", erzählt die 52-Jährige. "Meine Erziehung war - um dieses Wort zu bemühen - genderfrei." Für Claudia Wanke war es normal, dass der Vater sich um die Verwaltung kümmerte, während die Mutter zum Schraubenzieher griff. "Und dann hatte ich Glück, dass auch später niemand meine Neugier geblockt hat." Nach dem Abitur studiert sie Elektrotechnik an der Friedrich-Alexander-Universität in Erlangen und interessiert sich nebenbei schon für Software-Entwicklung.

Das sieht der Kapitän: eine typische Darstellung einer Antriebseinheit auf dem Schiff mit Software der Erlanger Firma Alpha Bit.

Das sieht der Kapitän: eine typische Darstellung einer Antriebseinheit auf dem Schiff mit Software der Erlanger Firma Alpha Bit. © alpha bit, NN

"Heute bin ich immer mal wieder erstaunt, wo unsere Programme so überall rumfahren", sagt Claudia Wanke und das meint sie ganz wörtlich. Die Software der Alpha Bit GmbH ist unter anderem an Bord und sorgt auf Schiffen dafür, dass möglichst viel automatisch funktioniert. Das reicht vom Alarm bei der Störung einer Maschine über die Temperatur in dem Kühlraum bis hin zur Umstellung der Wanduhr in einer Passagier-Kabine, wenn das Schiff auf seiner Fahrt die Zeitzone wechselt.

Damit das alles automatisch funktioniert, führen die Software-Systeme zusammen und vernetzt sie. "Jedes Schiff ist eine Welt für sich", sagt Claudia Wanke. Damit der Kapitän auf der Brücke den Überblick behält über dieser Welt, setzt die Software das ganze dann noch um in Visualisierungen. Das heißt auf Bildschirmen ist dann zum Beispiel ein Querschnitt des Schiffes zu sehen, mit Werten und möglichen Alarmen auf den Decks.

So sind die Dimensionen: Claudia Wanke neben einer Schiffsschraube.

So sind die Dimensionen: Claudia Wanke neben einer Schiffsschraube. © privat, NN

Die Programme zur Automatisierung, Steuerung, Überwachung und Simulation werden individuell auf die Kunden angepasst. Heute funktioniert so gut wie alles per Remote-Verbindung aus dem Homeoffice. Früher war Claudia Wanke dafür in den Werfen der Welt unterwegs, von Hamburg über Kiel bis nach Indien, China oder Mexiko. "Im Ausland gab es so gut wie nie Irritationen, weil ich eine Frau bin", erzählt die Höchstadterin. In Deutschland schon. "Wirklich negative Reaktionen habe ich aber nie bekommen, eher Anerkennung." Und hin und wieder wurde sie für die Sekretärin gehalten.

Inzwischen ist die Elektrotechnikerin in der Firma mit zehn Mitarbeitern aufgestiegen zur technischen Produktmanagerin. Das heißt, sie hilft dabei, die Programme stetig weiterzuentwickeln. Wie lässt sich 3-D-Technik nutzen oder VR-Technik, also virtuelle Realität? Aktuell ist der Aufbau von Clouds das Thema der Zukunft.

Roter Alarm: ein typisches Schadensüberblicksbild der Software mit simuliertem Wassereinbruch beziehungsweise Feuerschaden.

Roter Alarm: ein typisches Schadensüberblicksbild der Software mit simuliertem Wassereinbruch beziehungsweise Feuerschaden. © alpha bit, NN

Aber wie kommt es, dass eine Firma in Erlangen sich mit Schiffen auseinandersetzt? Meer ist hier schließlich weit und breit nicht zu sehen. "Unsere Region hatte unter anderem durch Siemens schon früh kluge Köpfe in der Automatisierungstechnik", sagt Wanke. "Und die spielt auf Schiffen eben eine sehr große Rolle." Man müsse nur daran denken, wie viele Crewmitglieder zum Beispiel ein Frachter früher hatte. Inzwischen ist ein Großteil davon durch Technik ersetzt. Und die Software dazu kommt aus Erlangen.

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